Hattingen. . Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Günther Risse hat die Pannen am ersten Spieltag registriert und ist dennoch vom Videobeweis überzeugt.

Über viele Jahre hinweg immer wieder vehement gefordert und nach der Einführung doch gleich wieder heftig umstritten: Über den Videobeweis diskutieren die Fußball-Fans zurzeit sehr intensiv. Auch eine Aussetzung des Videobeweises scheint wegen der technischen Probleme möglich. Wir sprachen über dieses Thema mit dem Hattinger Günther Risse (80), der zu seiner aktiven Zeit einer der besten deutschen Schiedsrichter war und der sich gegenüber der Hattinger Zeitung auch schon einmal für die Einführung des Video-Beweises ausgesprochen hat.

Herr Risse, die Bundesliga hat den ersten Spieltag mit Video-Beweis hinter sich. . .

Risse: Ja, und da ist dann auch schon einiges total daneben gegangen.

Sind Sie jetzt also doch nicht mehr für den Video-Beweis, haben Sie Ihre Meinung angesichts der technischen Probleme geändert?

Nein. Überhaupt nicht. Dass Fehler passieren werden, war ja klar. Das sind aber Kinderkrankheiten. Fehler hat es ja auch schon beim Confed-Cup gegeben, und die wird es auch weiter geben. Aber diese Fehler werden weniger, da bin ich mir ganz sicher.

Aber es hat jetzt schon erschreckend viele technische Fehler gegeben. Hatten Sie denn damit gerechnet?

Nein, ehrlich gesagt nicht. Das hat mich auch überrascht. Aber das wird besser. Wie sagt man doch immer: Gut Ding will Weile haben.

Zu beobachten war auch schon, dass Spieler auf dem Platz den Schiedsrichter bedrängen und massiv den Videobeweis fordern. Haben Sie die Befürchtung, dass diese Unsitte zunimmt?

Nein, es gibt ja da diese vier Kriterien, die klar umrissen sind (Entstehung eines Tores, Strafstoß, Rote Karte, Verwechslung eines Spielers bei Roter oder Gelber Karte, d. Red.). Darauf muss man sich dann schon einstellen, und auch das wird sich einspielen.

Eine ganz umstrittene Szene gab es im deutschen Supercup-Spiel zwischen Dortmund und München, als es darum ging, ob Bayern-Spieler Joshua Kimmich vor einem Tor von München im Abseits stand.

Genau. Da sind die Linien, an dennen man sich orientieren kann, nicht eingespielt worden. Auch das war ein technischer Fehler.

Aber als es später dann die entsprechenden Szenen zu sehen gab, haben einige Dortmunder Fans die Entscheidung, dass Kimmich nicht im Abseits stand, immer noch nicht akzeptiert.

Zunächst nicht, das stimmt. Aber ich finde es ja auch nicht schlimm, wenn diskutiert wird. Das ist normal, und das gehört im Fußball doch dazu. Aber eine solche Situation, wie die gerade angesprochene, kann man mit bloßem Auge nicht erkennen. Da ist der Videobeweis schon hilfreich. Es wäre schön gewesen, wenn ich zu meiner aktiven Zeit auch eine solche Hilfe gehabt hätte. Doch die gab es damals leider nicht, da musste man sich auf sein Auge verlassen.