Gladbeck. Badminton- und Tennisspieler aus der englischen Partnerstadt besuchen zurzeit Gladbeck.

Freundschaft riecht nach heißen Waffeln. Der Duft wabert wohlig durch den Flur der Sporthalle an der Söllerstraße, wo nur das Netz die Sportler aus Enfield und Gladbeck trennt – notgedrungen, da sie hier Badminton spielen. „Ich bin viel in der Welt herum gekommen, aber nirgendwo haben mir Menschen so ein Gefühl von Willkommen-Sein gegeben wie in Gladbeck”, schwärmt John Howley. Leonard „Pip” Fortune, der Vater der internationalen Sportbegegnungen, hatte vor 55 Jahren noch Morddrohungen erhalten, als er erstmals nach Unterkünften für Sportler aus Gladbeck suchte.

John Howley aus Enfield fühlt sich in Gladbeck pudelwohl. Foto: bbv, Verena Hülssiep
John Howley aus Enfield fühlt sich in Gladbeck pudelwohl. Foto: bbv, Verena Hülssiep © WAZ

Aus den Feinden und Fremden sind Freunde geworden. Einige quirlen durch die Halle, spielen hier ein paar Ballwechsel, bedienen sich dort am Frühstücksbuffet oder klönen draußen in der Sonne. 17 Engländer sind zu Gast in Gladbeck, zwölf Badminton-Sportler, der Rest spielt Tennis. Yes, lang sei es am Abend zuvor gewesen, und es gab das leckere deutsche Bier. „Das können die Deutschen besser”, bescheinigt John Howley. Und von so einer Vereinsstruktur und einer Förderung durch die Kommune könnten sie in England bloß träumen. Aber der Globetrotter, der in jungen Jahren einige Monate in Malaysia trainierte und quer durch Europa reiste, hält nicht viel von Vergleichen: „Wir fragen nicht: Was machen wir besser? Sondern was können wir anders machen, wenn die Freunde zu Besuch sind?”

Völlig anders als auf dem Planeten London

Dieses Andere genießt er jedes Mal in Gladbeck – die ruhige, friedliche Atmosphäre, die Ruhrgebietsarchitektur, die Stimmung zur Weihnachtszeit, denn einige kommen mittlerweile regelmäßig im Dezember. James Craig, der bei Michael Hübner übernachtet, denkt ähnlich: ruhig, grün, offener Menschenschlag. So völlig anders als auf dem Planeten London, wo alles hektisch zugehe und die Menschen wie mit Scheuklappen aneinander vorbei lebten. Es scheint, als hätten die Engländer im Ruhrpott die Leichtigkeit des Seins entdeckt.

John Howley macht seit zehn Jahren beim Austausch mit, gehört bei Silvia und Christian Burmester vom Gladbecker FC zur Familie wie Badminton zum festen Inventar der Sportbegegnungen. „Das war anfangs komisch. Man hat seine Wohnung eine Woche lang mit Fremden geteilt”, erzählt die Kassenwartin des GFC. „Heute sind wir wirklich Freunde”, bekräftigt der 51-jährige Howley.

Immer gewinnt der Gastgeber

Zur Formvollendung der Völkerverständigung fehlen allerdings jüngere Sportler. Die Förderer des Austauschs haben permanent gemahnt, vor allem junge Menschen in die Austauschgruppe zu integrieren, weil gerade sie zukünftige Träger freundschaftlicher Beziehungen seien. Damit hat die ANSCA (All Nations Sports and Cultural Association), sozusagen der Sportverband Enfields, zu kämpfen. Weil dort keine mit Gladbecker Verhältnissen vergleichbare Sport(selbst)verwaltung existiert, ist die Koordination zwischen ANSCA und potenziellen Austauschteilnehmern schwierig. Außerdem gibt es in England wenige öffentliche Sportanlagen, die unentgeltlich genutzt werden können. Die Folge: In Sportarten wie Badminton fehlt es an Jugendlichen, die sich eine Hallenmiete von 60 oder mehr Pfund leisten können oder wollen. Viele Sportarten werden an den Schulen betrieben, nicht in Vereinen. Zum Vergleich: Der Gladbecker FC hat 300 Mitglieder, fast die Hälfte sind Kinder und Jugendliche. „Wir kommen mit anderen Clubs in der Umgebung nicht einmal auf 50”, erklärt Howley, der seit mehr als 30 Jahren als Badminton-Trainer arbeitet.

Der sportliche Vergleich der Partnerstädte ist übrigens ebenso konstant wie die Freundschaft: Die jeweiligen Gastgeber gewinnen prinzipiell den Stadtpokal. Das sind die inoffiziellen Regeln der Völkerverständigung.