Gladbeck. Die WAZ sprach mit Andreas Knittel über Fußball, Corona und die Folgen. Der Leiter der Fachschaft Gladbecker Fußball äußert sich skeptisch.
In Gladbeck wird nach mehrmonatiger Corona-Zwangspause wieder Fußball gespielt. Aus diesem Anlass sprach WAZ-Redakteur Thomas Dieckhoff mit Andreas Knittel, Leiter der Fachschaft Fußball, über Fußball, Corona und die Folgen.
WAZ: Ab Sonntag wird in Gladbeck wieder Fußball gespielt. Freuen Sie sich darüber oder blicken Sie, weil das Coronavirus ja noch immer da ist, den nun folgenden Spielen und irgendwann auch der neuen Saison mit Skepsis entgegen?
Knittel: Es ist natürlich schön, dass in Gladbeck wieder Fußball gespielt werden kann. Die großen Zuschauerzahlen haben wir ja nicht mehr, so dass der Sicherheitsabstand im Zuschauerbereich gewährleistet werden kann. Trotzdem ist ja ein Hygienekonzept erforderlich und das muss seitens der Vereine auch umgesetzt werden.
Knittel hält Absage der Feldstadtmeisterschaft für sinnvoll
Eine unmittelbare Folge der Coronakrise war die Absage der Feldstadtmeisterschaften. Die Fachschaft hat so entschieden, weil zu diesem Zeitpunkt nur 100 Leute auf einer Anlage erlaubt gewesen wären. Mittlerweile sind 300 Zuschauer zugelassen. War die Fachschaft vielleicht ein bisschen zu vorschnell?
Auch wenn nun 300 Zuschauer möglich sind, wären mit den teilnehmenden Vereinen und Mannschaften doch einige Personen mehr auf dem Fußballplatz anwesend. Darüber hinaus muss ein Hygienekonzept erstellt und alle Zuschauer müssen namentlich in einer Liste eingetragen werden. Das ist ein zusätzlicher enormer Aufwand, der so einfach nicht zu leisten ist. Persönlich halte ich die Absage außerdem für sinnvoll, weil wir ja alle nicht wollen, dass sich das Virus ausbreiten kann und die Feldstadtmeisterschaften sind hier eher zweitrangig zu betrachten, auch wenn sie in diesem Jahr sicher für alle Mannschaften aufgrund der langen Pause interessant gewesen wäre.
Wie sieht es mit der Hallenstadtmeisterschaft aus? Aktuell kann man sich ja nicht vorstellen, dass so ein Hallenturnier im Januar mit mehreren hundert Zuschauern stattfinden kann, oder?
Sollte es kein wirksames Medikament oder eine Impfung gegen Covid-19 bis Ende des Jahres geben, sehe ich Schwierigkeiten, die Hallenstadtmeisterschaften mit 550 Zuschauern in der Halle auf engem Raum ohne Sicherheitsabstände durchzuführen. Wir sind natürlich im engen Kontakt mit der Stadt Gladbeck und werden über aktuelle Maßnahmen auch immer informiert, aber keiner weiß, was in den nächsten Monaten passiert. Sollte es eine zweite Welle geben, was ich natürlich nicht hoffe, wird es sehr schwierig für Veranstaltungen und Events.
Knittel hofft, dass sich die wirtschaftliche Lage schnell erholt
Dank der Aktion von Julian Draxler sollten die Gladbecker Fußballvereine finanziell ja nicht unmittelbar unter der Corona-Krise gelitten haben. Mit ein klein wenig Abstand betrachtet: Wie froh sind Sie über die Initiative unseres Weltmeisters?
Hier kann ich nur das wiederholen, was ich schon einmal gesagt habe. Julian Draxler hat mit seiner Spende einen wesentlichen Beitrag für das Überleben der Vereine in Gladbeck beigetragen. Das sollten wir alle nie vergessen. Eine tolle Aktion von ihm, sie zeigt, wie verbunden er und seine Familie dem Gladbecker Fußball sind. Also nochmals tausendmal Dankeschön an Julian.
Und doch drohen mittelbar natürlich negative Folgen. Die Vereine werden schließlich allesamt gesponsert von kleinen oder bestenfalls mittelgroßen Unternehmen, die ja fast alle auch negativ von der Krise betroffen sind. Sehen Sie eventuell Klubs sogar in ihrer Existenz gefährdet?
Ich glaube, dass sehr viele kleinere und mittlere Unternehmen echte Schwierigkeiten bekommen werden. Das wird einen sehr großen Einfluss auf viele Dinge in unserem zukünftigen Leben haben. Covid-19 wird noch extreme Auswirkungen auf viele alltägliche Dinge in unserem Leben mit sich bringen. Auch die Fußballvereine in Gladbeck, die von Sponsoren abhängig sind, werden sicher spätestens in 2021 die Auswirkungen spüren. Wir wollen alle hoffen, dass sich die wirtschaftliche Lage schnell erholt und das die Auswirkungen nicht zu groß werden.
Ziel: Kunstrasenplätze für alle Gladbecker Vereine
Im Herbst wird eine neue Bürgermeisterin oder ein neuer Bürgermeister gewählt. Die WAZ wird in Kürze sämtliche Kandidaten befragen, wie sie es mit dem Sport in Gladbeck halten, gerade auch unter dem Eindruck von Corona. Meine Frage an Sie: Was würden Sie sich für den Fußball wünschen, wo ist die Politik gefordert, zu handeln oder ein besonderes Projekt zu unterstützen?
Ich sehe weiterhin Kunstrasenplätze für alle Gladbecker Vereine als ein wichtiges Ziel an. Wenn man mal die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Ascheplätze hinsichtlich der Feinstaubbelastung sieht, sind solche Plätze heute doch eigentlich gar nicht mehr tragfähig. Das Klima ändert sich, es gibt zukünftig sicher immer weniger Regen. Und viele trockene Phasen häufen sich. Jeder, der mal an trockenen Tagen einen Ascheplatz besucht hat, der bespielt wurde, ob im Training oder während eines Spiels, kann das sicher nur bestätigen.
Darüber hinaus ist der Fußball in den jeweiligen Stadtteilen nur zukunftsfähig, wenn ein Kunstrasenplatz vorhanden ist. Wer bringt denn schon seine Kinder zu einem Verein mit Ascheplatz? Alle Vereine mit Kunstrasenplätzen haben einen enormen Zuwachs an Kindern und Jugendlichen, die durch die ganze Stadt fahren. Die Vereine mit Ascheplätzen verlieren ihre Kinder und Jugendlichen und zumindest auch den Unterbau in den jeweiligen Vereinen. Hier kann man auch über Fusionen von Vereinen nachdenken. Für den Fußball in Gladbeck benötigen wir zukünftige Perspektiven und ich würde mich freuen, wenn unsere Bürgermeisterkandidaten sich auch mal zu dem Fußball in Gladbeck äußern würden und sagen, welche Konzepte und Ziele Sie für den Gladbecker Fußball haben.
Erlauben Sie noch einen persönlichen Hinweis zu der Platzsituation beim SV Zweckel. Ich finde es schade, dass man schon in der Öffentlichkeit über die neue Nutzung der eventuell freiwerdenden Flächen diskutiert. Wir sollten erst einmal die Zukunftslösung für den SV Zweckel in trockenen Tücher haben, damit man solche Dinge weiter forciert. Das ist unfair gegenüber dem kompletten Verein SV Zweckel, dessen Vorstand und Mitgliedern.