Olympiasiegerin Jamanka und ihre Anschieberin Annika Drazek aus Gladbeck gewinnen in Lettland mit einem Ausrufezeichen – und blauen Flecken.

Breitbeinig, mit verschränkten Armen und – soweit sich das durchs eben geöffnete Visier beurteilen ließ – entschlossenem Blick stand Annika Drazek oben am Start der Bobrennbahn in Sigulda. Dem selbstbewussten Auftritt am Start folgte ein eindrucksvoller Lauf.

Keine ganze Minute später stieg Drazek mit ihrer Pilotin Mariama Jamanka am anderen Ende Bahn aus dem Bob – als Siegerin im ersten Weltcuprennen der Saison. Jamanka und Drazek setzten ein Ausrufezeichen zum Saisonstart mit beeindruckenden Zahlen unter schwierigen Bedingungen.

Drazek: „Einige Stellen auf der Bahn sind schon krass“

Drazek erklärte nach der Goldfahrt vor dem Sportschau-Mikrofon: „Einige Stellen sind schon krass. Manche Kurven sind wie eine Schraube: Wenn vorne die nächste Kurve anfängt, bin ich mit der davor noch nicht fertig.“ Goldpilotin Jamanka: „Auch wenn man schön fährt, fühlt es sich nicht schön an.“ Dafür, dass diese „rabiate Bahn“ (Jamanka) eher zum Rodeln und nicht für Bobrennen gebaut sind machten die beiden es aber exzellent.

Im ersten Durchgang steuerte Jamanka den Bob nach einer guten Startzeit von 5,34 Sekunden zum Bahnrekord. Nachdem die beiden im zweiten Durchgang ihre Startzeit noch auf 5,30 Sekunden steigerten (die beste des Tages), musste Jamanka den Bob eigentlich „nur“ noch heile nach unten bringen, was sie souverän schaffte. 61 Hundertstel betrug der Vorsprung im Ziel auf den Silberrang, das war mehr als deutlich.

US-Amerikanerin Meyers-Taylor disqualifiziert

Annika Drazek sorgte für die beste und drittbeste Startzeit im Feld (hier links im Bild bei Olympia mit Pilotin Stephanie Schneider).
Annika Drazek sorgte für die beste und drittbeste Startzeit im Feld (hier links im Bild bei Olympia mit Pilotin Stephanie Schneider). © Tobias Hase/DPA

Die beiden profitierten dabei davon, dass die ärgste Konkurrentin, die US-Amerikanerin Elana Meyers-Taylor, nach dem ersten Lauf wegen Übergewichts disqualifiziert wurde. Sie lag nach dem ersten Lauf trotzdem schon drei Zehntel hinter Jamanka und Drazek.

„Auch wenn Meyers-Taylor nicht disqualifiziert worden wäre, hätte sie keine Chance gehabt“, sagt Heiner Preute vom TV Gladbeck, Drazeks Sprinttrainer. „Dann hätte der Vorsprung vielleicht nicht 61 Hundertstel, sondern 40 oder 45 betragen – aber gewonnen hätten Jamanka und Drazek auch so.“

Besonders mit der Leistung der ehemaligen TV-Leichtathletin sei er zufrieden, meinte Preute, der selbst auch früher Bob fuhr: „In dem Startbereich, auf den ich besonders achte, konnte ich keine Fehler erkennen, das sah schon sehr, sehr rund aus.“ Die Zahlen belegen das.

Nächstes Rennen ist ein Heimspiel

Von insgesamt 17 Startzeiten, die am Freitag gefahren wurden, gehören die beste und die drittbeste zu Jamanka und Drazek, Startrekord inklusive. Als Leistungsnachweis für Drazeks Klasse reicht das aus, Jamanka verwandelte die Vorlagen perfekt.

Sieben weitere Weltcuprennen warten noch, es kann viel passieren in dieser Saison. Die beiden sind aber aktuell der beste Schlitten im Feld, Jamanka und Drazek sind fürs Erste die, die es zu schlagen gilt. Das Duo ist mit Abstand am besten aus den Startlöchern gekommen und reist jetzt mit viel Schwung zum Heimspiel nach Winterberg am kommenden Wochenende – wenn auch nach ein paar Tagen Pause.

Denn die engen Kurven der Bahn in Lettland haben Spuren hinterlassen, wie Annika Drazek verriet: „Wir werden morgen sicherlich einige blaue Flecken spüren.“ Die Goldmedaille dürfte als Pflaster dafür reichen.