Gladbeck. . Ernst Brünglinghaus war Gladbecks erster Fußballprofi. Ältere Experten sagen, der Braucker, der u. a. für Bremen spielte, war auch der beste.

Ein typischer Sonntagnachmittag in den 50er oder 60er Jahren: ein langer Spaziergang zum Stadion oder zur Roßheide, Sportfreunde gucken. Besondere Attraktion: Freistöße für die Hausherren. Ernst Brünglinghaus legte sich die Kugel zurecht, nahm Anlauf und schoss - und wie.

Reaktionen auf den gut besuchten Rängen: Oftmals Torjubel kombiniert mit dem Respekt vor dem Tornetz und dessen Haltbarkeit und manchmal schieres Mitleid mit der menschlichen Mauer, die sich dem Einschlag in den Weg stellen musste.

Berglehrling auf Moltke 1/2und 3/4

Gefragter Gesprächspartner: Ernst Brünglinghaus (2. v. li.), hier mit Erwin Mecking und Manfred Reichert im Interview mit Sportamtsleiter Dieter Bugdoll. left Ernst Brünglinghaus, eine jetzt hochbetagte Fußball-Legende mit einer Biographie, der man als Kompliment das Etikett „Kohlenpott pur“ anheften kann. Etwas fällt allerdings - als exklusives Merkmal - aus dem Rahmen: Der Mann aus Brauck war Gladbecks erster Fußballprofi und in den Augen vieler Kenner der Sportszene der allerbeste überhaupt.

Im schicksalträchtigen Januar 1933 erblickte Brünglinghaus das Licht der Welt. Nach der durch Weltkriegswirren beeinträchtigten Schulzeit nahm beruflich alles seinen gewohnten Gang: „Ich wurde Berglehrling auf Moltke 1/2 und 3/4.“ Mit dem Kicken ging´s fast gleichzeitig los - beim FC Gladbeck. „Unser Platz lag in der Nähe des Stadions. Eigentlich wollten wir uns 1.FC nennen, aber Preußen und Wacker waren vorher schon da und untersagten diese Namensgebung“, erinnert sich Brünglinghaus. Dem Verein FC war kein langes Leben beschieden.

Sportfreunde wurden von Eppenhoff und Klodt trainiert

Daher schloss sich der Gladbecker den Emscher Husaren an: „Der STV war zu einem Turnier in Mailand eingeladen, und obwohl ich als A-Jugendlicher die meisten Tore geschossen habe, durfte ich nicht mit.“ Das Kapitel Horst war damit rasch beendet, er ging zu den Sportfreunden, die seinerzeit einen ähnlich guten Ruf genossen. „Meine Trainer waren Hermann Eppenhoff, Berni Klodt und Heinz Flotho, allesamt Fußballgrößen, die jedes Kind in Deutschland kannte.“

In der Saison 1957/58 ereilte dem mittlerweile zum Vorstopper umgeschulten Gladbecker den Ruf an die Weser. Bei Werder Bremen wurde er Lizenzspieler, wie Profis korrekt bezeichnet wurden. Drei Jahre lang schnürte er für Werder die Fußballstiefel.

Brünglinghaus drückt Bremen immer noch die Daumen

Eine Gladbecker Fußball-Ikone: Ernst Brünglinghaus.
Eine Gladbecker Fußball-Ikone: Ernst Brünglinghaus. © Ulla Michels

Noch heute leuchten seine Augen, wenn die Rede auf Bremen kommt: „Ich war Stammspieler. Als ich mir das Bein brach, haben sich die Bremer rührend um mich und meine Familie gekümmert. Die Hanseaten haben sich korrekt und zuvorkommend mir und den anderen Spielern gegenüber verhalten. Ein toller Verein, dem ich heute noch die Daumen drücke.“

Als Brünglinghaus ein Vertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren zur Unterschrift vorgelegt wurde, zögerte er und entschied sich aus familiären Gründen für die Rückkehr an die Ruhr. „Rot-Weiß Oberhausen konnte mir keine Wohnung besorgen, also ging ich zu den Sportfreunden zurück“, so Brünglinghaus. Und: „Bezahlt haben die genauso gut.“

Auf Siebert ist der Gladbecker nicht gut zu sprechen

Gekickt wurde in der Regionalliga. Als es zur Gründung von 1. und 2. Bundesliga kam, gehörten die Sportfreunde zu den Härtefällen, die zurückstehen mussten. In den Folgejahren ging es mit den „Kleeblättern“ stetig bergab. Auch die Fusion mit SuS Rosenhügel - dann nannte man sich FC Gladbeck - verschlimmbesserte alles nur noch.

Um den Niedergang mit Macht aufzuhalten, verpflichtete man sogar Schalkes Meisterkicker Günter „Oskar“ Siebert, ein Name, der Brünglinghaus heute noch die Zornesröte ins Gesicht treibt. „Ein richtiger Schmierlapp. Der hat nur gespielt, wenn das Wetter gut war und genügend Zuschauer im Stadion waren.“ Hauptgrund für den Niedergang war seiner Ansicht nach die „miese Arbeit der jeweiligen Vorstände“. Resultat: „Seinen“ FC gibt es mittlerweile gar nicht mehr.

Brünglinghaus geht manchmal noch zur Roßheide

„Hin und wieder gehe ich noch zur Roßheidestraße, aber da fliegen pro Spiel wenigstens ein, zwei Spieler vom Platz“, regt sich Gladbecks Fußball-Ikone auf.

Ernst Brünglinghaus weiter: „Direkt vor dem Training schiebt sich der eine oder andere Spieler noch einen Burger zwischen die Zähne. Unter Disziplin verstehe ich etwas anderes.“ Sein Eindruck: „Es wird mit dem heimischen Fußball weiter bergab gehen.“ Als Hauptgrund nennt er den Vers, den jeder Fußballer fehlerfrei zitieren kann: „Ohne Moos nix los!“

Spaß am Fußball war für Brünglinghaus immer wichtig

Ein guter Freund sagte ihm einmal vor einiger Zeit: „Ernst, Du bist zu früh geboren.“ In puncto Verdienstmöglichkeit eine ohne Zweifel zutreffende Feststellung. Den Spaß am Fußball, für ihn immer das Wichtigste, hat das nicht beeinträchtigen können: „Ich habe mit 45 Jahren noch in der Ersten ausgeholfen, mit 47 Jahren noch eine Halbzeit bei den Altherren gespielt.“

Diese Fußball-Leidenschaft des heute 84-Jährigen sähe man bei manchen aktuellen Kickern gern auf dem Rasen oder auf roter Asche . . .