Gladbeck. . Einmal Kleeblatt, immer Kleeblatt: Ex-Torwart Manfred Reichert ist seit 70 Jahren Mitglied bei den Sportfreunden Gladbeck (heute: FC Gladbeck).

Manfred Reichert ist nach wie vor Stammgast bei den Partien des FC Gladbeck. Brav zahlt er jedes Mal an der Kasse seinen Eintritt und drückt dem A-Ligisten die Daumen. „Ich kriege dabei Herzklabastern“, bekennt der 82-Jährige und lacht. Einmal Kleeblatt, immer Kleeblatt – seit dem 1. Januar 1945, also seit 70 Jahren, ist Manfred Reichert Mitglied im FC, der seinerzeit noch Sportfreunde Gladbeck hieß.

Die Sportfreunde und mit ihnen ihr Torwart Manfred Reichert schrieben lokale Sportgeschichte. Anno 1957 stieg die Mannschaft aus Brauck in die Zweite Division West auf. Sie hielt sich bis 1963, also bis zur Gründung der Bundesliga, in dieser Spielklasse. „Das“, sagt Hans-Josef Justen, ehemaliger Sportchef der WAZ und bekennender Anhänger der Sportfreunde, „waren die goldenen Zeiten des Gladbecker Fußballs.“

Angebot aus Oberhausen

Kann man wohl so sagen. Die Sportfreunde spielten in der Zweiten Division West beispielsweise gegen Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen. Stets vor stattlicher Kulisse. „5000 Zuschauer“, sagt Manfred Reichert, „hatten wir immer.“ Und manchmal auch mehr, viel mehr. In guter Erinnerung geblieben ist dem Schlussmann die Partie beim VfB Bottrop in der ersten Zweitliga-Saison der Sportfreunde. 18000 Anhänger feuerten seinerzeit die beiden Mannschaften an.

Manfred Reichert hütete in all den Jahren den Kasten der Sportfreunde. Gab’s eigentlich keine lukrativen Angebote anderer Vereine? „Schon“, sagt er, „ich hätte nach Oberhausen gehen können.“ Er entschied sich jedoch dagegen und blieb den Gladbeckern treu – auch als diese sich schließlich anno 1966 mit SuS Rosenhügel 07 zum FC Gladbeck zusammenschlossen. Warum eigentlich? Andernorts hätte er doch sicher mehr verdienen können als das Grundgehalt von 80 Mark, das es an der Roßheidestraße gab. Reichert, der wie alle anderen Akteure der Sportfreunde Vollzeit arbeitete – als Stuckateur, um genau zu sein - verweist auf den guten Zusammenhalt im Team. „Das war eine wunderschöne Zeit, die Kameradschaft war wirklich phänomenal.“

Kaum zu glauben, aber wahr: Die Mannschaft, die anno 1957 den Sprung in die Zweite Division schaffte, bestand ausschließlich aus Gladbecker Jungs. Ältere Fußballfreunde werden die Namen noch kennen, die von Ernst Brünglinghaus, Hans Lipka, Werner Moldevan oder auch von Reichert.

Erst zu Zweitliga-Zeiten kam der eine oder andere auswärtige Kicker zu den Sportfreunden. Der bekannteste war Günter Siebert, seines Zeichens Meisterspieler des FC Schalke 04 von 1958, der in späteren Jahren als Präsident der Königsblauen noch für viele Schlagzeilen sorgen sollte.

Spieler kamen und gingen, die Sportfreunde mussten sich 1963 nach sieben Jahren von der großen Fußballbühne verabschieden. Während einige Kicker den Verein verließen – Ernst Brünglinghaus wechselte etwa zu Werder Bremen, Werner Moldevan zu Borussia Mönchengladbach oder Hans Lipka zu Alemannia Aachen – blieb Manfred Reichert „seinem“ Klub treu, bis zum heutigen Tag. Einmal Kleeblatt, immer Kleeblatt!

Manfred Reichert gehörte ohne jeden Zweifel zur Spezies des schlitzohrigen Schlussmannes. Wie der legendäre Sepp Maier vom FC Bayern München oder dessen Mönchengladbacher Kollege Wolfgang Kleff war auch der Braucker ein richtiger Typ, einer, der immer wieder mit ungewöhnlichen, spaßigen Aktionen auf sich aufmerksam machte.

Besonders gerne erinnert sich Manfred Reichert an ein Spiel der Sportfreunde gegen 48/99 Duisburg, als er einen Angreifer des Gegners verbal überlistete. „Unsere Abwehr“, erzählt der ehemalige Klasse-Keeper, „hatte sich einen bösen Schnitzer erlaubt. Ein Duisburger lief allein auf mich zu. Zum Glück blieb er dann aber plötzlich stehen.“ Daran war, wie Reichert sogleich aufklärt, er selbst nicht ganz unschuldig - um es einmal freundlich auszudrücken. Was in diesem Augenblick passiert war? „Nun“, so die Nummer eins der Sportfreunde, „ich hab ihm zugerufen, dass der Schiri gepfiffen hat.“ Der bedauernswerte Angreifer der Duisburger hatte es Manfred Reichert geglaubt. Chance vertan.

Jeder Schuss ein Treffer

Auf eine andere Partie wird Reichert hin und wieder immer noch von älteren Anhängern der Sportfreunde angesprochen. Frei nach dem Motto: „Manni, weißt Du noch, das Spiel gegen Lintfort?“ Und wie könnte der einstige Torwart diese Begegnung vergessen? Gerade einmal vier Schüsse kamen in den 90 Minuten auf das Gehäuse der Kleeblätter. Und doch musste Manfred Reichert vier Treffer hinnehmen. Der entgegnet den Fans - ganz Schlitzohr - lächelnd: „Für mich waren die alle unhaltbar.“