Ennepetal. Vor 75 Jahren fand das wohl größte Spiel im Ennepetaler Fußball statt: Meister Schalke 04 traf in der höchsten Spielklasse auf den TuS Milspe.

Eine andere Zeit war das, keine Frage. Tore wurden noch getreten und nicht geschossen. Der gefährlichste Spielzug des Gegners hieß noch Kreisel. Eine Tribüne im Bremenstadion? Gab es nicht. Und dennoch fanden am 23. März 1947 12.000 Zuschauer dort Platz, wo heute nur selten mehr als 100 Zuschauer den Spielen des TuS Ennepetal beiwohnen. Vor 75 Jahren sorgte der FC Schalke 04 für die bis heute größte Kulisse eines Fußballspiels in Ennepetal – und sahen, wie der TuS Milspe dem großen Favoriten einen Punkt abnehmen konnte.

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Einer, der damals als kleines Kind vor Ort war, ist Gerd Dal-Pos. „Das war ein riesiges Ereignis. Ich frage mich bis heute, wie die ganzen Menschen Platz gefunden haben“, erinnert sich der heute 83-Jährige. Damals, kurz nach dem zweiten Weltkrieg, waren die Ennepetaler in der höchsten deutschen Spielklasse, der Verbandsliga aktiv. Eine Oberliga gab es in der britischen Besatzungszone noch nicht wie in anderen Teilen Deutschlands.

Ein Schalker wurde später Weltmeister

Der TuS Milspe, Vorgängerverein des heutigen TuS Ennepetal, spielte in der Verbandsliga gut mit, als Südwestfalenmeister hatten die Milsper ein Jahr zuvor den Sprung in die Liga mit dem damaligen Rekordmeister FC Schalke 04 geschafft. Bei den Gästen aus Gelsenkirchen spielten damals Größen wie die beiden Brüder Hans und Berni Klodt oder Fritz Szepan. Berni Klodt sollte wenige Jahre später Teil der Nationalmannschaft sein, die 1954 bei der Weltmeisterschaft Fußball-Geschichte schrieb.

Eine Schautafel im Archiv der Stadt Ennepetal erinnert an die große Partie vor 75 Jahren.
Eine Schautafel im Archiv der Stadt Ennepetal erinnert an die große Partie vor 75 Jahren. © Unbekannt | Stadtarchiv Ennepetal /Repro Hartmut Breyer

16 Siege und zwei Unentschieden fuhr der FC Schalke 04 in der damaligen Verbandsliga Westfalen ein. Nur selten war dieses übermächtige Team von den Kontrahenten zu bändigen – ein Team, dem das gelang, war der TuS Milspe. In einem rassigen Spiel auf einem regendurchtränkten Platz verlangte das Team um Trainer „Schevy“ Levringhaus dem Favoriten alles ab – und gingen durch einen Treffer von Frohsinn nach unbekümmertem Start in die Begegnung in Führung.

In der Folge sorgten die Schalker mit ihrem berühmt-berüchtigten Kreisel für große Probleme in der Milsper Hintermannschaft, wie dem Spielbericht der damaligen Sportzeitschrift „Sport am Sonntag“ zu entnehmen ist. Doch die Milsper warfen sich mit allem, was sie hielten, so den Angriffswellen der Schalker stand. Bis ein erneuter Wolkenbruch den gerade getrockneten Platz wieder flutete und für einen Patzer des Milsper Schlussmanns Hermes sorgte. Einen „Drehball“ des Schalker Hinz konnte der TuS-Torwart nicht festhalten und S04 konnte den Ausgleich kurz vor der Halbzeit bejubeln. Die Platzverhältnisse hatten sich auch kurz nach der Pause nicht gebessert, in der damaligen Berichterstattung wurde von einem „Wasser- und Schlammboden“ geschrieben. Dieser sorgte zumindest dafür, dass die technisch versierten Schalker ihre Klasse nicht so ausspielen konnten, wie unter anderem beim 6:0-Sieg über den TuS Milspe im Hinspiel.

Frohsinn bricht sich das Schienbein

Die Gastgeber hingegen kamen besser mit den Verhältnissen zurecht und gingen durch einen Schuss von August Frohsinn erneut in Führung. Der damals 22-jährige Milsper Torjäger knallte dabei allerdings mit Schalkes Schlussmann Hans Klodt zusammen und verletzte sich folgenschwer. Mit einem Schienbeinbruch war an eine Spielfortsetzung für den zweimaligen Torschützen nicht zu denken – und weil es damals noch keine Auswechslungen im Fußball gab, mussten die Milsper die Begegnung fortan in Unterzahl bestreiten.

Am 23. März 1947 fand auf dem Bremenplatz vor 12.000 Zuschauern das Meisterschaftsspiel in der Verbandsliga zwischen TuS Milspe und FC Schalke 04 statt. Endstand 2:2. Es war das wohl größte Spiel in der Geschichte des Vereins TuS Milspe, heute TuS Ennepetal. Beim Gast aus Schalke spielten Größen mit wie Fritz Szepan, Hans und Berni Klodt, Ötte Tibulsky, Herbert Burdenski, Georg Gawliczek und Otto Schweißfurth. Hier der Flyer zum Spiel. Bild: Stadtarchiv Ennepetal/Repro: Hartmut Breyer
Am 23. März 1947 fand auf dem Bremenplatz vor 12.000 Zuschauern das Meisterschaftsspiel in der Verbandsliga zwischen TuS Milspe und FC Schalke 04 statt. Endstand 2:2. Es war das wohl größte Spiel in der Geschichte des Vereins TuS Milspe, heute TuS Ennepetal. Beim Gast aus Schalke spielten Größen mit wie Fritz Szepan, Hans und Berni Klodt, Ötte Tibulsky, Herbert Burdenski, Georg Gawliczek und Otto Schweißfurth. Hier der Flyer zum Spiel. Bild: Stadtarchiv Ennepetal/Repro: Hartmut Breyer © WP | Stadtarchiv Ennepetal /Repro Hartmut Breyer

19 Minuten vor dem Ende besorgte der Gelsenkirchener Gawliczek den 2:2-Ausgleich, in der Folge kamen aber kaum noch gute Gelegenheiten für beide Teams zustande. Und so endete das Spiel unentschieden, ein Ergebnis, an dass sich die Menschen auch Jahrzehnte später noch erinnerten. Denn die Milsper Helden von damals hinterließen bei den tausenden Zuschauern einen positiven Eindruck, während sich auch die Berichterstatter von damals durchaus mehr vom amtierenden Meister aus Schalke erhofft hatten. Die Gelsenkirchener qualifizierten sich in der Folge für die eine Saison später eingeführten Oberliga, schieden aber im Viertelfinale der deutschen Meisterschaft gegen den späteren Meister Hamburger SV nach Wiederholungsspiel aus.