Gelsenkirchen. Volker Abramczik trat mit Schalke als Zweitligist im DFB-Pokal an und weiß: Der Wiederaufstieg und eine starke Pokal-Saison sind vereinbar.
„Für einen Zweitligisten birgt der Pokal immer die Möglichkeit zu träumen“, sagt Volker Abramczik (60 Pflichtspiele/13 Tore für Schalke). „Es ist ein völlig anderer Wettbewerb, in dem du dich später mit absoluten Topteams messen kannst.“ Dass S04 am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) zunächst mal beim fünftklassigen FC 08 Villingen einsteigt, „ist ein echter Glücksfall“, erklärt Volker Abramczik vor dem Duell mit dem baden-württembergischen Oberligisten: „Auf Schalke sind ja zuletzt einige Spieler kurzfristig hinzugekommen, und der Trainer sucht immer noch seine Mannschaft. Nun hat man in Villingen die Gelegenheit, was auszuprobieren und an den Automatismen zu feilen. Das scheint mir auch nötig zu sein.“
Die Profi-Karriere des Volker A-bramczik begann, man ahnt es, mit einem Pokal-Spiel: „Abi II“ war gerade 17 Jahre, als er in der Saison 1981/82 mit zur Erstrunden-Partie beim damaligen Zweitliga-Konkurrenten Hessen Kassel reisten durfte. „Dort kam ich für Norbert Elgert in die Partie, beim Stand von 0:4 aus Schalker Sicht“, erinnert sich der gebürtige Gelsenkirchener. „Der erste Kontakt mit einem Gegenspieler war gleich knallhart. Ich blickte zum Schiri und fragte: ,Kein Foul?’ Darauf sagte er: ,Du bist nicht mehr in der A-Jugend.’“ Das Spiel endete 1:4. Bundesliga-Absteiger Schalke hatte sich kräftig blamiert. „Vielleicht war das auch ein wichtiger Weckruf für uns, anschließend sind wir ja relativ souverän in die Bundesliga zurückgekehrt.“
Dass Schalke den Pokal in jenem Sommer 1981 „abgeschenkt“ hätte, um sich voll auf die Mission Wiederaufstieg zu konzentrieren, verweist Volker Abramczik jedoch energisch ins Reich der Fabel: „Im Pokal scheidet niemand freiwillig aus. Zumal es dort um zusätzliche Prämien geht.“ Wie man auch als Zweitligist im DFB-Pokal mächtig abräumen kann, demonstrierten Abramczik & Co. dann in der Saison 1983/84: Schalke, im Sommer zuvor abermals abgestiegen, bezwang im K.o.-Wettbewerb zunächst Fortuna Düsseldorf (3:0), den SC Charlottenburg (3:0) und den Karlsruher SC (2:1). Im Viertelfinale beim damaligen Liga-Rivalen Hertha erkämpften sich die Knappen ein 3:3. Das fällige Wiederholungsspiel gewann man daheim mit 2:0.
„Natürlich haben wir fürs Halbfinale alle auf ein richtig dickes Los gehofft“, erinnert sich „Abi II“. Dabei ging es auch um finanzielle Aspekte: „Unser Kapitän Manni Drexler hatte mit dem Verein abgemacht, dass wir in den ersten Runden auf Prämien verzichten, dafür aber später – falls wir weit kommen – an den Zuschauereinnahmen beteiligt werden.“ Das Schicksal meinte es gut mit Schalkes Profis: Am 2. Mai 1984 empfing der Zweitligist im restlos ausverkauften Parkstadion den FC Bayern. Der Rest ist Geschichte: Als Volker Abramczik in der 73. Minute für Hubert Clute-Simon ausgewechselt wurde, stand es 4:3 für Schalke. Doch Kalle Rummenigge erzielte das späte 4:4, am Ende der Verlängerung hieß es dann 6:6. Erst im Wiederholungsspiel in München unterlag Königsblau denkbar knapp mit 2:3.
Trotz der aufreibenden Pokal-Saison mit zwei Wiederholungsspielen stieg S04 am Ende als Tabellenzweiter wieder auf. „Ich glaube nicht, dass der DFB-Pokal uns damals allzu viele Körner gekostet hat“, blickt Volker Abramczik selig zurück. „Im Gegenteil: Wir haben viel lieber gespielt als trainiert. Und solche Partien wie das 6:6 gegen Bayern sind natürlich absolute Sternstunden für jeden Profi“, erzählt er mit leuchtenden Augen. „Ganz Deutschland hat damals zugeschaut. Dieses Jahrhundertspiel wird für alle Zeiten einen Platz in den Fußball-Annalen haben.“
Auch ein Sieg in Villingen wäre gut fürs Selbstvertrauen
Die aktuelle Schalker Truppe um Top-Torjäger Simon Terodde ist derweil noch etwas schwierig einzuschätzen, findet „Abi II“: „Wenn du in der 2. Liga oben mitspielen willst, musst du Initiative zeigen. Bei Schalke fehlt mir bislang ein Mann, der im Mittelfeld das Kommando übernimmt.“ Umso bitterer sei die frühe Verletzung von Mainz-Rückkehrer Danny Latza im ersten Ligaspiel gegen den Hamburger SV (1:3) gewesen. „Nach seinem Ausscheiden ist Schalke allmählich wieder zu passiv geworden, so wie man das in den letzten Jahren häufig erlebt hat“, bemängelt Abramczik. „Dass das Auftaktspiel nach der neu entfachten Euphorie im Umfeld verloren wurde, war natürlich ein herber Rückschlag.“
Doch nach dem 3:0-Auswärtserfolg in Kiel hat sich der Wind wieder etwas gedreht auf Schalke: „Jeder Sieg verbessert die Stimmungslage in Mannschaft und Verein“, erklärt Abramczik. „Wenn du jetzt im Pokal in Villingen nachlegst und dabei offensiv wie defensiv überzeugend auftrittst, wäre das ein weiterer Schub fürs Selbstvertrauen. Diesen Faktor darf man nicht unterschätzen, selbst wenn du ,nur’ gegen einen Oberligisten antrittst.“