Gelsenkirchen. WAZ-Interview mit Jannick Theißen, dem Torwart der Schalker U 23. Der 22-Jährige kehrt am Sonntag an seine ehemalige Wirkungsstätte zurück.
Die U 23 des
FC Schalke 04
tritt am Sonntag (15 Uhr) im Paul-Janes-Stadion bei der U 23 von Fortuna Düsseldorf an. Für Torwart Jannick Theißen wird dieses Regionalliga-Spiel ein besonderes, eine Reise in die Vergangenheit. Wir haben mit dem 22-jährigen Schlussmann gesprochen.
Sie sind erst im September zur Schalker U 23 gewechselt. Wie schnell hat die Eingewöhnung geklappt?
Jannick Theißen
Das ging ganz schnell. Die Mannschaft hat mich sofort gut aufgenommen. Wir sind eine großartige Truppe, und da wir alle in etwa im selben Alter sind, lief alles sehr harmonisch ab. Außerdem stand ein paar Tage nach meiner Ankunft schon direkt das erste Punktspiel an, da mussten wir alle gleich voll da sein.
Erst 1. FC Köln, danach Fortuna Düsseldorf, jetzt Schalke 04 – was haben Sie bisher an wertvollen Erfahrungswerten bei den drei Klubs gesammelt?
Ich konnte verschiedene Erfahrungen sammeln. Beim 1. FC Köln habe ich in diversen Jugendmannschaften gespielt und in den insgesamt sieben Jahren dort sehr viel gelernt. In Düsseldorf durfte ich dann das erste Mal Bundesligaluft schnuppern. Dabei stand ich 23-mal im Kader der ersten Mannschaft. Von der Zeit hier auf Schalke erhoffe ich mir, viel Spielpraxis zu bekommen und mit der Mannschaft gemeinsam erfolgreich zu sein. Ich kann hier unter Top-Bedingungen trainieren und habe mit Christian Wetklo einen super Torwarttrainer.
Wo sehen Sie Unterschiede bei Arbeitsbedingungen, Talentförderung und Perspektiven?
Die Knappenschmiede hat in Sachen Spielerausbildung einen der besten, wenn nicht sogar den besten Ruf in Deutschland. Hier wurden viele internationale Top-Spieler ausgebildet. Natürlich waren die Bedingungen in Köln in der Geißbockakademie auch sehr gut. Dadurch, dass ich im Internat gewohnt habe, ließen sich Schule und Leistungssport optimal verbinden. Auch in Düsseldorf ist die Durchlässigkeit von der Jugend in den Profibereich in den vergangenen Jahren besser geworden, und man setzt verstärkt auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs.
Kann man die DNA eines Vereins binnen weniger Wochen lernen, oder dauert das seine Zeit, bis man königsblau denkt?
Es wäre sicherlich gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich schon als kleines Kind Schalke-Fan gewesen wäre. Aber wenn ich mich zwischen Schalke und Dortmund hätte entscheiden müssen, hätte ich mich schon als kleiner Junge für Schalke entschieden – keine Frage! Ich kann nur für mich sprechen, aber ich denke, dass man auf jeden Fall auch nach wenigen Wochen die DNA von Schalke 04 annehmen kann.
Sind Sie bisher zufrieden mit Ihren ersten Wochen auf Schalke?
Grundsätzlich bin ich zufrieden. Ich konnte bisher schon neun Spiele machen, und die Partie gegen Düsseldorf am Sonntag wäre meine zehnte. Mein Ziel ist es, hier so viel Spielpraxis wie möglich zu sammeln. Natürlich hätten die Ergebnisse in der einen oder anderen Begegnung etwas positiver sein können. In einigen Spielen haben wir Punkte unnötig verschenkt. Ich denke, es ist normal, dass man nie zu 100 Prozent zufrieden ist. Für die nächsten zehn Partien nehme ich mir persönlich vor, weniger Gegentore zu bekommen.
Ist es ein seltsames Gefühl, am Sonntag nicht für Fortuna, sondern gegen Fortuna aufzulaufen?
Es ist schon so, dass mich mit der Fortuna einiges verbindet und ich dem Verein auch sehr dankbar für zwei lehrreiche und ereignisreiche Jahre bin. Deswegen gönne ich es den Jungs, sowohl den Profis als auch der Zweiten, wenn sie gewinnen – aber natürlich nur, wenn wir nicht gegen sie spielen. Am Sonntag gibt es keine Sonderbehandlung. Das Spiel ist für mich besonders wichtig, und ich werde alles geben, damit wir gegen meine ehemalige Mannschaft erfolgreich sein werden.
Düsseldorfs U 23 gilt als eine der spielstärksten Mannschaften in der Regionalliga und wird oft vom Gegner mit Lob überhäuft. Was macht diese Mannschaft so besonders?
Ich denke, die Mannschaft hat einen guten Mix aus erfahrenen und jungen Spielern. Mit Oliver Fink hat Düsseldorf einen Mittelfeld-Akteur dazubekommen, den man auf jeden Fall hervorheben muss. Als Führungsspieler kann er den Unterschied machen. Aber auch sonst hat die Fortuna sich gut verstärkt und konnte auf der anderen Seite einige wichtige Spieler halten. Dadurch ist ein Team entstanden, das man in dieser Saison auf keinen Fall unterschätzen darf.
Sie haben bei Fortuna mehr als 20-mal bei den Profis als Ersatzkeeper auf der Bank gesessen. Wie stark ist der Wunsch, irgendwann selbst einmal als Torwart in der Bundesliga aufzulaufen?
Klar ist es das große Ziel, irgendwann mal in der Bundesliga zu spielen. Ich war schon einige Male nah dran, aber leider hat es dann nicht zu einem Einsatz gereicht. Im Moment konzentriere ich mich aber erst mal auf meine Aufgabe hier in der U 23 und werde alles dafür geben, mit meiner Mannschaft in der Regionalliga erfolgreich zu sein.
Hat es ein Torwart grundsätzlich schwerer als ein Feldspieler, seinen Profi-Traum zu verwirklichen? Schließlich ist ein Keeper auf eine Position festgelegt...
Nein, das glaube ich nicht. Natürlich braucht man als Torhüter vielleicht öfter mal das Quäntchen Glück, um zwischen die Pfosten zu kommen. Als junger Torwart hat man es manchmal etwas schwerer. Dafür hat man gegen Ende der Karriere oft ein paar Jahre länger Zeit als als Feldspieler, um aktiv Fußball zu spielen. Aber im Großen und Ganzen denke ich, dass es auf jeder Position ähnlich schwierig ist, einen Platz in einem der Bundesliga-Klubs zu bekommen.
Was ist an dem alten Fußball-Spruch dran, dass Torhüter und Linksaußen etwas bekloppt sind?
Das kann ich so unterschreiben (lacht). Als Torhüter muss man schon ab und zu etwas verrückt sein. Wenn ein Spieler beispielsweise aus drei Metern Entfernung abzieht, du dich dazwischenwirfst und dich dann am Ende noch darüber freust, abgeschossen worden zu sein, das erfordert schon ein gewisses Maß an – sagen wir Verrücktheit (grinst).
Wollten Sie als Kind schon Torwart werden, und ist Ihre Laufbahn aus dem Klassiker entstanden, dass in der Jugend niemand ins Tor wollte und der Trainer sagte: Jannick, geh Du mal rein?
Wie so viele Torhütern bin auch ich durch Zufall zu dieser Position gekommen. Unser Torwart damals hatte sich verletzt, und da kein anderer da war, bin ich ins Tor, habe mich ganz gut angestellt, und schon war ich Torhüter.
Haben Sie ein Torwart-Vorbild, an dem Sie sich orientieren?
Ein bestimmtes Vorbild habe ich nicht. Klar gucke ich mir bei den Weltklasse-Torhütern vieles ab, und auch in der Bundesliga versuche ich, mir einige Kniffe der Torwarte anzueignen.
Ihr Vertrag bei Schalkes U 23 läuft zunächst bis Juni 2021. Steigt angesichts der kurzen Laufzeit der Druck, es besonders gut machen zu müssen, oder gehen Sie ganz locker damit um?
Bisher mache ich mir da nicht allzu viel Druck. Denn auch bei einem längeren Vertrag hat man nicht mehr zwingend die Sicherheit, bleiben zu können. Ich gebe in jedem Training mein Bestes und versuche, mich in jeder Partie aufs Neue zu beweisen. An dieser Einstellung ändert die Vertragslaufzeit nichts.
Am Sonntag wird die zweite Adventskerze angezündet. Sind Sie mit Ihrer Familie schon in vorweihnachtlicher Stimmung, oder ist dieses Jahr wegen der Corona-Beschränkungen alles irgendwie anders und weniger festlich?
Vorweihnachtliche Stimmung kommt aktuell nur bedingt auf, da wir ja immer noch jeden Tag trainieren und am Wochenende Spiele haben. Wir haben aber beispielsweise schon mit der Mannschaft Plätzchen für „Schalke hilft“ gebacken. Da wurden dann auch Weihnachtslieder angehört, was uns dann schon etwas in Weihnachtsstimmung gebracht hat. Ich freue mich, wenn es in einigen Wochen nach Hause zur Familie geht und ich meine Eltern wiedersehe. Corona-bedingt wird das Weihnachtsfest dieses Jahr etwas anders ausfallen als sonst. Ich denke aber, dass dies den besinnlichen und entspannten Feiertagen keinen Abbruch tun wird.