Gelsenkirchen. . Der einstige Spargel-Tarzan kostete vor seinem Wechsel von Wattenscheid 09 den Schalke-Heimbesucher einen Top-Zuschlag

„Wenn ich heute durch Gelsenkirchen laufe, sprechen mich vor allem Ältere an und sagen mir, dass sie von mir noch zwei Mark bekommen“, erzählt ein Ex-Königsblauer, der einst in Schalke für erhebliche Aufregung sorgte: Hannes Bongartz. Weil die Knappen-Kasse mal wieder leer war, hatte der damalige S04-Präsident Günter „Oskar“ Siebert eine gute Idee: Bei einem Heimspiel sollten die Fans einen Bongartz-Zuschlag zahlen, damit der Blondschopf 1974 von der Wattenscheider Lohrheide ins Parkstadion wechseln konnte.

So kam es dann auch. Hannes Bongartz, der damalige Star der SG 09, wurde ein Königsblauer. Zum ersten Training reiste der neue Mittelfeldmann mit Pudel und Bottroper Freundin an. Die Anreise erfolgte jedoch nicht wie zunächst erwartet in einer Nobelkarosse, sondern in einem alten, verbeulten Käfer. Die Fans, die den ersten Auftritt ihres neuen Stars kritisch beobachteten, freuten sich. „Der weiß unser Geld noch zu schätzen.“ Sie wurden vom Spargeltarzan, wie der schlak­sige Bonner auch gerufen wurde, nicht enttäuscht.

Elfmeter-Schütze im EM-Finale 1976

Der gelernte Industriekaufmann begann seine Fußballerlaufbahn bei Preußen Duisdorf. Über den Bonner SC ging er 1971 zur SG Wattenscheid 09 in die Regionalliga West, ein Schritt, den der blonde Fußballer nie bereut hat. Denn hier wurde er zum Vertrauten des 2009 verstorbenen SG-09-Mäzen und Fabrikanten („Boss“) Klaus Steilmann. Aber der große Nachbar Schalke 04 lockte.

In Schalke wurde der 1951 geborene Fußballer sofort Stammspieler, der alle Spiele seiner ersten Saison in der höchsten deutschen Spielklasse absolvierte. Der königsblaue Bongartz gehörte danach auch zum Kader der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft 1976 in Jugoslawien. Er wurde sogar im Finale gegen die Tschechoslowakei eingewechselt und erzielte einen Treffer im Elfmeterschießen. In der Nationalmannschaft konnte sich Bongartz allerdings nie richtig durchsetzen und brachte es daher nur auf vier Länderspiele.

Nachdem er noch 1977 mit Schalke deutscher Vize-Meister geworden war, wechselte er 1978 zum 1. FC Kaiserslautern, wo er 1984 seine Karriere beendete. Hannes Bongartz spielte 298-mal in der Bundesliga und erzielte 39 Tore. Für die Schalker Kappen lief er in vier Jahren 131-mal auf und schoss 24 Tore.

Nach Abschluss seiner aktiven Laufbahn wurde der ehemalige Profi Trainer und übernahm so 1985 den 1. FC Kaiserslautern. In der 1. Liga trainierte Bongartz außerdem Wattenscheid 09, den MSV Duisburg und Borussia Mönchengladbach.

In Gelsenkirchen ist er oft anzutreffen, denn seine große (zweite) sportliche Leidenschaft ist der Trabrennsport. Auf der Bahn am Nienhausen Busch, gegenüber des Revierparks, wo er einst unter den Augen von S04-Trainer Ivica Horvat Bleiweste tragend, die Hügel hinauf und herunterlief, lässt er heute Vierbeiner, die ihm gehören, trainieren und fahren.

„Während meiner aktiven Schalker Zeit gingen wir oft nach den Spielen in eine Disco. Und wenn wir verloren hatten, gab es von den dortigen S04-Gästen dort auch mal Zunder. So ist das Revier: hart, aber sehr herzlich,“ erzählt der Ex-Bundesligaprofi, der längst im Ruhrgebiet, in Bottrop, heimisch geworden ist.