Horst. . WAZ-Interview mit Jörg Krempicki, dem Trainer des Tabellenführers SV Horst 08. „Die Mannschaft ist jung und fit. Eigentlich spricht vieles für sie“, sagt der 49-Jährige.

Randolf Rimböck, der Vorsitzende des SV Horst 08, sprach nach dem radikalen personellen Umbruch, der am Schollbruch nach der Trennung von Trainer Klaus Schmidtchen stattgefunden hat, von einem Erdbeben. Jetzt, nur drei Monate danach, bleibt festzustellen, dass dort, wo Ödnis vermutet wurde, eine neue blühende Landschaft entstanden ist. Mit einer völlig neu formierten Mannschaft, die sich hauptsächlich aus Eigengewächsen zusammensetzt, führen die Schwarz-Weißen die Tabelle der Staffel 10 der Fußball-Bezirksliga überraschend an. Die WAZ unterhielt sich mit Jörg Krempicki, der als neuer Trainer maßgeblichen Anteil am Horster Fußball-Märchen hat.

WAZ: Sind Sie mutig?

Jörg Krempicki: Das denke ich schon. Aber warum wollen Sie das wissen?

Weil Sie vor dieser Saison in einer schwierigen Situation das Trainer-Amt beim SV Horst 08 übernommen haben.

Mut ist in diesem Zusammenhang der falsche Ausdruck. Ich möchte eher von Selbstbewusstsein sprechen. Ich wusste, dass die Mannschaft über Qualität verfügt und dass da was zusammenwachsen kann.

Hatten Sie nie die Befürchtung, mit dieser jungen Mannschaft und als Trainer-Neuling im überkreislichen Fußball sang- und klanglos unterzugehen?

Nein. Als Trainer ist es grundsätzlich einfacher, mit einer jungen Truppe als mit lauter gestandenen Spielern zu arbeiten. Pierre Nowitzki und mein Sohn Gero haben bereits in der vergangenen Saison in der ersten Mannschaft mitgewirkt und waren dort Leistungsträger, obwohl sie vom Alter her noch für die A-Junioren spielen durften. Von daher war mir klar, dass wir auch mit unseren jungen Leuten in der Bezirksliga mithalten würden, dass wir nicht unten reinrutschen würden.

Was war Ihre größte Sorge?

Die mangelnde Erfahrung, was sich auch bei unserer einzigen Niederlage in Günnigfeld bestätigt hat. Die Jungs lassen sich noch zu sehr von Äußerlichkeiten beeinflussen. In Günnigfeld durften wir uns auf dem Rasenplatz warm machen, mussten danach aber bei herrlichem Herbst-Wetter auf Asche spielen.

Wie überraschend kommt für Sie die momentane Erfolgswelle?

Dass wir nach neun Spieltagen vier Punkte vor dem Tabellenzweiten liegen würden, damit hat sicherlich niemand gerechnet.

Wie erklären Sie sich diesen sensationellen Saisonstart?

Es passt einfach alles zusammen. Wir hatten bislang kaum Verletzungspech. Ich kann mit den Jungs viermal in der Woche trainieren, und trotz dieses für Bezirksliga-Verhältnisse hohen Pensums haben wir eine Trainingsbeteiligung von etwa 95 Prozent. Der Charakter der Mannschaft ist ein anderer als in der vergangenen Saison. Wir gehen in jedes Spiel, um zu gewinnen, auf Unentschieden spielen wir nicht.

Wie reagiert das Umfeld auf die bisherigen Erfolge?

Es herrscht eine Euphorie, was durchaus auch sein darf. Es macht einfach Spaß, als Trainer für Horst 08 tätig zu sein, zumal der Vorstand keinerlei Druck ausübt.

Kann Ihre Mannschaft auf Dauer oben bleiben?

Wir weigern uns nicht, weitere Erfolgserlebnisse anzunehmen. Die Mannschaft ist jung und fit. Eigentlich spricht vieles für sie, zumal sie im Gegensatz zu einigen anderen, deutlich älteren Teams in unserer Staffel noch entwicklungsfähig ist.

Wie schwierig wird es sein, Ihre talentierten Spieler in Horst zu halten?

Wenn es weiterhin so positiv laufen sollte, bin ich davon überzeugt, dass sie bleiben werden. Wenn nicht, werden wir Schwierigkeiten bekommen. Es gibt bereits jetzt Anfragen von Vereinen aus der Oberliga und der Westfalenliga. Die Jungs merken, was für sie alles möglich ist. Sie können höherklassig spielen. Nichts ist für junge Spieler schlimmer als Stagnation. Wir müssen Anreize schaffen, sie zum Bleiben zu bewegen – beispielsweise durch Unterstützung im beruflichen Bereich.

Ihr Sohn Gero hat in vier Heimspielen dreimal die Gelb-Rote Karte gesehen. Muss da der Vater noch einmal erzieherisch nachhelfen?

Ich bin nicht mehr in der Juniorenabteilung tätig, und ich habe vom Verein auch keinen Erziehungsauftrag erhalten. Ich möchte das alles nicht schön reden, es belastet mich auch als Vater, aber ich muss festhalten, dass bei keiner Aktion von Gero böse Absicht im Spiel war und dass er noch keine knallrote Karte gesehen hat. Zumindest die letzte Gelb-Rote Karte war nicht berechtigt. Gero ist vom Charakter ein guter Junge, aber auf dem Platz muss er seine Emotionen noch besser unter Kontrolle kriegen.

Sie beobachten regelmäßig die Partien der Schalker A-Junioren, weil Ihr jüngerer Sohn Connor dort mitspielt. Können die Blauen ihren Deutschen Meistertitel verteidigen?

Bei diesem Trainer ist alles möglich. Das sage ich nicht, um ihm als Connors Vater Honig um den Bart schmieren zu wollen. Was Norbert Elgert im Laufe einer Saison aus seinen Mannschaften und den einzelnen Spielern macht, ist einfach klasse. Aber Deutscher Meister wird nicht immer unbedingt der Beste, sondern derjenige, der über das nötige Glück verfügt. Die Fähigkeiten, den Erfolg der vergangenen Saison zu wiederholen, hat die Schalker Mannschaft auf jeden Fall.