Gelsenkirchen. Ein Flüchtlingskind aus der Ukraine hat beim SV Horst 08 Anschluss gefunden. Wir erzählen hier die Geschichte des Achtjährigen und seiner Familie.

Der SV Horst-Emscher 08 ist ein Verein, in dem schon immer Menschen aus vielen verschiedenen Nationen Fußball gespielt haben. Ob Türken, Polen, Italiener, Griechen, Libanesen, Ghanaer oder Deutsche: Was im Pass steht, ist egal, und zwar nicht nur, wenn der Ball auf dem Platz rollt.

Die Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine zieht sich durch den ganzen Verein.
Die Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine zieht sich durch den ganzen Verein. © SV Horst-Emscher 08

Kein Wunder, dass die Gelsenkirchener die Tore zur Sportanlage auf dem Schollbruch auch für diejenigen weit öffnen, die jetzt neuen Anschluss suchen, weil in ihrer Heimat ein Krieg tobt. „Vorletzte Woche kam eine Mutter mit ihrem Kind zu uns, das gerne bei uns mittrainieren wollte. Wir haben erst einmal nachgefragt, wo sie denn herkommen würden. Die Antwort war: ‚Aus der Ukraine‘, Da war natürlich sofort klar, dass wir den Jungen bei uns aufnehmen würden“, berichtet Thomas Steinberg. Jugendleiter bei den 08ern.

„Die Kinder können jederzeit bei uns trainieren – und wenn sie keine Sportklamotten haben, dann kriegen wir das schon zusammen.“

Noch ist der achtjährige Junge, der jetzt beim Kicken mit den Gleichaltrigen in der Horster F2-Jugend wenigstens ein bisschen Ablenkung finden soll, das einzige Kind aus der Ukraine bei den 08ern. Es dürften in den nächsten Tagen aber mehr werden, denn die Tore zur Sportanlage Auf dem Schollbruch sind für sie offen. „Ab 16.30 Uhr ist jeden Tag jemand da. Dann fängt bei uns das Training für unsere Nachwuchsmannschaften an“, nickt Thomas Steinberg und fügt an: „Wir haben auch schon bei der Stadt angerufen, dass sie die Kinder aus der Ukraine zu uns schicken können. Sie können jederzeit bei uns trainieren – und wenn sie keine Sportklamotten haben, dann kriegen wir das schon zusammen.“

VOR 30 JAHREN AUS DER UKRAINE NACH DEUTSCHLAND GEKOMMEN

Ein wichtiger Ansprechpartner im Verein ist Roman Choutsberg. Der 41-Jährige ist 1992 aus der Ukraine nach Deutschland gekommen und hat früher unter anderem bei der STV Horst-Emscher, dem ersten Verein von 1990-Weltmeister Olaf Thon, gekickt. Vor einem Jahr ist er als Jugendcoach von der SSV Buer nach Horst gewechselt, bei den 08ern trainiert er zusammen mit Haydan Önder die E1/D4, in der auch sein zehnjähriger Sohn Mattheo spielt.

Thomas Steinberg, Jugendleiter des SV Horst-Emscher 08, mit dem jungen aus der Ukraine.
Thomas Steinberg, Jugendleiter des SV Horst-Emscher 08, mit dem jungen aus der Ukraine. © SV Horst-Emscher 08

Der Kontakt zu den Neuankömmlingen aus der Ukraine lief über Sinan Özcan, den Betreuer der E1. Er sagte dem Jungen, der mit seiner Mutter und seiner Schwester bei ihm nebenan nun vorübergehend ein neues Zuhause gefunden hat, er solle einfach mal mit zum Training kommen. „Der Junge spricht zwar kein Deutsch, aber auf dem Platz kann man sich ja immer irgendwie verständigen“, erzählt Roman Choutsberg, der selbst besser Russisch als Ukrainisch spricht. „Der Junge hatte auf jeden Fall sehr viel Spaß, und wir würden uns wünschen, dass weitere Kinder, die jetzt so überstürzt ihre Heimat verlassen mussten, zu uns kommen.“

Er selbst stammt ursprünglich aus Chernowicz im Westen des Landes und hat noch etliche Verwandte, zum Beispiel Cousinen und Cousins die im Kriegsgebiet ausharren. „Dort ist es nicht so umkämpft wie in anderen Teilen der Ukraine, sodass sie bisher relativ in Sicherheit sind“, berichtet Roman Choutsberg. „Aber dort sind auch sehr viele Flüchtlinge angekommen, die das Land noch nicht verlassen haben und hoffen, dass der Krieg schnell zu Ende ist.“

INTERNATIONALE FREUNDSCHAFTSSPIELE GEGEN TEXAS-BOYS

Anderen aus der Ukraine geflohenen Kindern, die gerne Fußball spielen möchten, will der SV Horst-Emscher 08 weiterhin seine Hilfe anbieten. Noch letzte Woche durfte der Verein internationale Gäste aus einer ganz anderen Ecke der Erde bei sich begrüßen. Auf Vermittlung einer im österreichischen Salzburg ansässigen Agentur waren mehrere Jugendteams der Texas Boys aus den USA für eine Woche in Deutschland.

Bei den Spielen gegen die Texas-Boys aus den USA wurde für die Ukraine gesammelt.
Bei den Spielen gegen die Texas-Boys aus den USA wurde für die Ukraine gesammelt. © SV Horst-Emscher 08

Freundschaftsspiele führten die zwölf- bis 17-jährigen US-Boys nach Witten, Bocholt – und eben Gelsenkirchen-Horst. Die insgesamt fünf internationalen Vergleiche fanden nicht nur unter dem Motto „Pink gegen Rassismus“ statt, sondern alle Einnahmen durch den Verkauf von Getränken, Kuchen und Bratwürstchen wurden für die Ukraine gespendet. „Wir haben dabei 500 Euro eingenommen und anschließend die Summe verdoppelt“, freut sich Jugendleiter Thomas Steinberg.

Das Engagement der Horster für die Menschen aus dem Kriegsgebiet geht in der Zwischenzeit weiter. „Ein Koch aus Buer will einen Bus mit Hilfsgütern zusammenstellen und damit an die polnisch-ukrainisch Grenze fahren. Diesen Transport wollen wir gerne unterstützen und sammeln dafür weitere Sachspenden“, kündigt Thomas Steinberg an. „Wenn der Bus auf dem Rückweg Kriegsflüchtlinge mitnehmen kann, dann würden wir uns hier um deren Unterbringung kümmern. Wir hätten mindestens eine Wohnung zur Verfügung.“

„Er hat gesagt, dass er bei uns sehr viel Spaß hatte und auf jeden Fall zum nächsten Training wiederkommen will.“

Bis es so weit ist, wird der achtjährige Junge, der vorübergehend in Gelsenkirchen eine sichere Bleibe gefunden hat, beim SV Horst 08 neue Freunde beim Fußball finden. „Er hat gesagt, dass er bei uns sehr viel Spaß hatte und auf jeden Fall zum nächsten Training wiederkommen will“, nickt Roman Choutsberg.