Gelsenkirchen. Kleinere Teams, keine Ligaspiele und vier statt zwei Tore: Der DFB führt 2024/25 neue Spielformen ein. Gelsenkirchener Jugendleiter üben Kritik.
Im Kinderfußball wird ab der Saison 2024/25 nichts mehr so sein, wie es einmal war: Der Deutsche Fußball-Bund führt dann in der G-, F- und E-Jugend verbindlich neue Spielformen ein.
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Gespielt wird in deutlich kleineren Teams, also etwa zwei gegen zwei oder drei gegen drei. Torhüter soll es nicht mehr geben, die Mannschaften spielen größtenteils auf vier Mini-Tore. Auch Einwürfe sind tabu, stattdessen schießen die Spieler den Ball ins Feld oder dribbeln hinein. Um Punkte kämpfen die Teams nicht mehr. Offene Spielenachmittage mit mehreren Vereinen und Spielfeldern ersetzen die klassischen Meisterschaftspartien. Hier können die Teams von Spielfeld zu Spielfeld aufrücken.
Der DFB will damit den Leistungsdruck minimieren, Kindern häufiger die Chance geben, selbst am Ball zu sein und Tore zu schießen, und damit insgesamt die Begeisterung für den Fußball fördern. Doch was halten die Vereine davon, die die neuen Spielformen bald umsetzen müssen? Die WAZ hat am Dienstagabend am Rande des Kreisjugendtags des Fußballkreises Gelsenkirchen bei verschiedenen Jugendleitern nachgefragt. Sie kritisieren die Reform. Scharf.
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Andreas Happel, Jugendleiter SuS Beckhausen 05:
„Ich finde es nicht gut, wahlweise scheiße, wenn die Kinder im Fernsehen oder an der Playstation den normalen Fußball mit elf gegen elf sehen, sie selbst aber auf diesen Kleinfeldern spielen. Damit fördern wir nur einen Spielertypen: solche wie Kai Havertz vom FC Chelsea, die viel dribbeln und viele Ballkontakte haben. Wir entfernen uns von der Realität. Es fehlt ein geschmeidiger Übergang von diesem Fußball in den normalen, der in der D-Jugend gespielt wird. Hinzu kommt, dass so ein Mini-Tor pro Stück rund 1000 Euro kostet. Davon braucht man auch noch mehrere, wenn auf vielen Spielfeldern gleichzeitig gespielt wird. Da geraten kleine Vereine schnell in finanzielle Probleme. Ich würde lieber beide Spielformen parallel laufen lassen: Dreimal im Monat spielen wir mit der alten, einmal im Monat mit der neuen.“
Patrick Witzgall, Jugendleiter Viktoria Resse:
„Im Bereich G- und F-Jugend sind die neuen Spielformen okay. Spieler haben mehr Ballkontakte, und es gibt schnelleres Passspiel. Aber in der E-Jugend sollte es lieber normal laufen, sonst ist der Sprung von der E- zur D-Jugend zu groß. In der D-Jugend wird ja direkt auf großem Feld gespielt. So müssten wir in der E-Jugend eigentlich beide Spielformen trainieren, damit die Kinder gut auf die nächsten Altersklassen vorbereitet sind. Generell müsste der DFB die Vereine mehr schulen und finanziell unterstützen. Die Mini-Tore sind ein immenser finanzieller Posten. Gerade in der Coronazeit ist es für viele Vereine gar nicht möglich, so hohe Kosten zu tragen.“
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Thorsten Schnürpel, Sportlicher Leiter SG Eintracht 07/12:
„Das ist eine Voll-Katastrophe. Als Trainingsform ist das gut, aber nicht als Spielform. Die Kinder tun sich jetzt schon mit dem Übergang von der E- in die D-Jugend schwer. Und bald muss ich dann auch noch einen Torwart finden und den Kindern Einwürfe beibringen. Außerdem: Wer bezahlt die kleinen Tore, und wer betreut die vielen Teams? Wenn’s vier Spielfelder gibt und ich es vernünftig machen will, muss ich an jeden Platz jemanden hinstellen, der ein Auge darauf hat. Dabei haben wir sowieso schon wenig Ehrenamtliche. Das ist aufgezwungener Blödsinn, die machen den Sport kaputt.“
Carsten Weber, Jugendleiter SSV Buer:
„Es ist schön, dass man neue Ideen entwickelt, aber diese Reform ist schwer umzusetzen. Der Aufwand ist viel größer: Ich brauche mehr Tore, mehr Trainer. Dabei haben alle jetzt schon Probleme, Ehrenamtliche zu finden. Ob die Spielformen für die Entwicklung der Kinder besser sind, muss man ausprobieren.“