Gelsenkirchen. Die DJK würde bald den 100. Geburtstag feiern, ist aber heute nicht mehr existent. Ex-Vizepräsident Peter Herz blickt zurück.
Vereinsjubiläen sind in der Regel stets ein triftiger Grund, um zu feiern und um auf eine lange Geschichte zurückzublicken. In Zeiten der Corona-Pandemie ist das zwar nur eingeschränkt möglich, aber noch schlechter dran sind jene Klubs, die kurz vor einem runden Geburtstag von der Bildfläche verschwinden mussten. Ein ziemlich aktuelles Beispiel in Gelsenkirchen ist die DJK Grün-Weiß Heßler 1921, die in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag begangen hätte, wenn sie nicht im Oktober 2019 aus dem Vereinsregister gelöscht worden wäre. Seitdem existiert der Verein nicht mehr.
Herz: "Zum Schluss war es sinnlos"
Peter Herz, dem langjährigen 2. Vorsitzenden des Klubs, fällt es nicht leicht, über das Ende seines Vereins zu sprechen. „Zum Schluss machte es einfach keinen Sinn mehr“, sagt der 78-Jährige. „Ich will niemanden anklagen und auch nicht nachtreten, aber man es hat es uns schwer gemacht. Wir hatten große Probleme mit Gelsensport und mit unserem Nachbarverein. Die Schwierigkeiten, die uns bereitet wurden, waren zu groß, um die ehrenamtliche Arbeit fortsetzen zu können.“
Peter Herz nennt keinen Namen, aber mit dem Nachbarverein meint er natürlich den SV Hessler 06, der 15 Jahre vor seinem Klub gegründet wurde und stets die Nummer eins im Stadtteil war. Grün-Weiß stand stets im Schatten. „Die Null-Sechser waren der Prominentenverein, wir waren in deren Augen nichts wert“, sagt der ehemalige Funktion verbittert.
Die Grün-Weißen waren sportlich stets der kleine Nachbar. In ihrer besten Zeit, in den 1970er und 1980er Jahren, spielten sie eine Zeitlang in der Kreisliga A mit, einmal klopften sie sogar an das Tor zur Bezirksliga, aber meistens fristete der Klub sein Dasein in der Kreisliga B und in der Kreisliga C.
Grün-Weiß war zu klein
„Vor vielen Jahren hatten wir auch Jugendfußballmannschaften, eine Damen-Gymnastik-Gruppe und eine Handball-Mannschaft, die sogar in der Verbandsliga gespielt hat“, erinnert sich Peter Herz. Die ganz großen sportlichen Erfolge blieben aber aus. „Dafür war der Verein einfach zu klein“, fügt das ehemalige Vorstandsmitglied hinzu. „Außerdem gehörten wir dem DJK-Verband an. Früher durften nur Katholiken für Grün-Weiß spielen. Das schränkte den Kreis der Mitglieder ein.“
Für Peter Herz war Grün-Weiß im wahrsten Sinne eine Herzensangelegenheit. Mit 17 Jahren trat er dem Verein bei, seit 1974 stellte er sich zudem als Schiedsrichter zur Verfügung. In seiner besten Zeit hatten die Grün-Weißen etwa 150 bis 160 Mitglieder. Die Zahl sank kontinuierlich. Zum Schluss, als über einen Notar die Liquidation des Vereins in die Wege geleitet wurde, waren es nur noch etwa 20.
Die Grün-Weißen teilten sich mit dem SV Hessler 06 das Jahnstadion an der Kanzlerstraße. Von einem freundschaftlichen Miteinander konnte selten die Rede sein, aber Peter Herz möchte nicht ins Detail gehen. Es würde ihn auch nach Jahren immer noch zu sehr aufwühlen. „Wir haben auch von Gelsensport keinerlei Unterstützung bekommen“, erzählt er. „Die Sache ist für mich abgehakt. Ich will sie nicht mehr weiter thematisieren.“
2017/2018: Die DJK am Tiefpunkt
Ihren Tiefpunkt erlebten die Fußballer von Grün-Weiß in der Saison 2017/18, als sie sich gezwungen sahen, erst die zweite Mannschaft aus der Kreisliga C und dann auch die erste Mannschaft aus der Kreisliga B abzumelden. „Die Spieler sind uns nach und nach weggelaufen“, sagt Peter Herz rückblickend. Das Heimspiel gegen den SSV/FCA Rotthausen II am 12. November 2017 ist deshalb das letzte in der 98 Jahre langen Geschichte der DJK Grün-Weiß Heßler 1921.
„Es ist zwar schade und bitter, dass wir den Verein so kurz vor seinem 100-jährigen Jubiläum auflösen mussten, aber es ging leider nicht mehr weiter“, räumt Peter Herz traurig ein. „Am Ende war leider niemand mehr bereit, die ehrenamtliche Arbeit im Vorstand zu übernehmen und gegen alle Widerstände zu kämpfen.“
Prominenz auf dem Grün-Weiß-Präsidentenstuhl
Der letzte und gleichzeitig bekannteste Vorsitzende von Grün-Weiß Heßler vor der Vereinsauflösung war kein Geringerer als WM-Boxer Francesco Pianeta. Mit seinem Namen und mit der Unterstützung von Andreas Blaumann als Spielertrainer wollte er den Verein zu neuen Höhen führen und zur fußballerischen Nummer eins im Stadtteil machen. Der Klub sorgte unter seiner Regie zwar für Furore bei der Hallen-Stadtmeisterschaft, aber der angestrebte Aufstieg von der Kreisliga B in die Kreisliga A blieb ihm verwehrt.
„Der Verein hat durch die Wahl von Francesco Pianeta zum 1. Vorsitzenden leider keinen Aufschwung genommen“, sagt sein damaliger Stellvertreter Peter Herz. „Er musste sich zu sehr um sein Boxen kümmern.“ Die Ankündigungen, den Nachbarn SV Hessler 06, überflügeln zu wollen, wertet Peter Herz im Nachhinein als lauen Wind. „Wenn man die Nummer eins werden will, dann muss man auch etwas dafür tun“, betont er. „Erzählen kann man viel, man muss es auch umsetzen - was leider nicht geschehen ist. Es fehlte ganz einfach das Fundament.“
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