Neustadt. Schimmel, bröckelnder Putz und Löcher in der Wand: Die Kabinen des Kreisligisten SV Union Neustadt sind in einem desolaten Zustand.
Als die Tür des Vereinsheims aufgeht, duftet es schon nach frischen Plätzchen. Drinnen hinter der Theke steht Marita Grasberger und holt ein großzügig bestücktes Backblech aus dem kleinen Ofen. „Hier vorne sind Rum-Kugeln. Die müssten auch schon abgekühlt sein“, sagt sie und zeigt auf die Schale, die auf der Theke steht. „Und da drüben sind auch noch Schoko-Crossies.“ Frank Freudenstein bedient sich. Das Vorstandsmitglied des Fußball-A-Kreisligisten SV Union Neustadt liebt Grasbergers Kekse. „Am besten ist es im Winter: Da kommst du nach dem Training total durchgefroren hier ins Vereinsheim, hast schon diesen Plätzchen-Geruch in der Nase und stärkst dich dann mit frischen Keksen oder einer leckeren Frikadelle. Das ist super“, schwärmt der 44-Jährige.
Für Freudenstein ist der Keks-Genuss im gemütlichen Vereinsheim das, was für andere die warme Dusche nach dem Training ist. Warum er die nicht erwähnt? Mit Genuss hat das Duschen auf der Neustädter Sportanlage wenig zu tun, wie Freudenstein und Unions erster Vorsitzender Wolfgang Jeske bei einem Rundgang über die Sportanlage zeigen. „Unsere Kabinen sind eine Zumutung“, schimpft Jeske, als er vor dem blau-grauen Gebäude steht. Dass dieses seine besten Jahre hinter sich hat, zeigt sich schon von außen. Der Putz bröckelt, an einigen Stellen hat sich die graue Farbe bereits ganz verabschiedet.
Heimkabine selbst gestaltet
Schlimmer wird’s jedoch, als Jeske die Tür zur Heimkabine öffnet und hineinbittet. Im Duschraum bröckelt nicht nur der Putz, darunter macht sich auch schon Schimmel breit. „1998 habe ich die Anlage in diesem Zustand übernommen“, erzählt der 68-Jährige. „Seitdem kommt alle zwei, drei Jahre jemand von der Stadt vorbei, kratzt das ab und streicht wieder drüber. Aber die Feuchtigkeit kommt immer wieder durch.“ Das gleiche Bild zeigt sich in der benachbarten Gästekabine.
Einziger Lichtblick ist der von den Unionern selbst gestaltete Umkleideraum in der Heimkabine. „Neustädter Jungs“ steht es groß an der Wand geschrieben, auf der anderen Seite prangt ein großes Vereinslogo. „Das haben wir vor fünf Jahren alles selbst gemacht“, wirft Freudenstein stolz ein.
Alles andere als stolz sind die Unioner auf die nächste Station ihres Rundgangs. Die führt nämlich in die Schiedsrichter-Kabine. Haben die Unparteiischen die schwere Holztür erst einmal geöffnet, bekommen sie bei einem Loch in der Wand tiefe Einblicke in das Innere des Gebäudes. Jeske schlägt die Hände über dem Kopf zusammen: „Seit 1998 bemängeln wir das. Immer wird gesagt, dass da was gemacht werden muss. Aber das Loch ist immer noch da.“
Regenrohr ist mit Regen überfordert
Von der Schiedsrichter-Kabine geht es dann zur Rückseite des Kabinen-Gebäudes. Mit Regen ist das hier platzierte Regenrohr nämlich gerne mal überfordert. „Das Regenrohr“, erzählt Freudenstein, „läuft jedes Mal über. Das liegt auch nicht daran, dass Blätter das Rohr verstopfen. Die holen wir nämlich regelmäßig heraus. Das Wasser läuft trotzdem über und staut sich dann am Boden. Einige Bodenplatten um das Gebäude herum haben sich deshalb schon verschoben.“
Auf WAZ-Anfrage äußert sich Stadt-Sprecher Martin Schulmann wie folgt: „In den vergangenen zehn Jahren sind beim Referat Hochbau und Liegenschaften rund 50 Meldungen über Schäden an der Sportanlage eingegangen, z.B. verstopfte Toiletten, Reinigung von Dachrinnen und Rückschnitt von Grün. Die Meldungen wurden und werden alle zeitnah abgearbeitet“, teilt er mit. „Generelle Meldungen, dass das Gebäude in einem schlechten Zustand ist, sind weder bei Gelsensport noch bei der Stadt Gelsenkirchen eingegangen. Gelsensport und Stadt Gelsenkirchen nehmen die Anfrage aber gerne zum Anlass, sich mit dem Verein direkt auszutauschen.“
Eine zarte Aussicht auf Besserung gibt es also. Als Frank Freudenstein und Wolfgang Jeske am Ende des Rundgangs wieder vor dem Vereinsheim stehen, weiß Letzterer auch schon, was er in dem Gespräch mit den Stadt-Verantwortlichen am liebsten vereinbaren würde: „Ich möchte, dass hier eine Bombe reingejagt wird, das Gebäude dann weg ist und vernünftig neu gemacht wird“, lacht Jeske und schiebt hinterher: „Aber dann bitte mit vier statt zwei Kabinen, damit sich die vier Mannschaften, die an Spieltagen hier auf der Anlage sind, auch in Ruhe umziehen können.“ Das Vereinsheim müsste bei der Explosion aber natürlich stehen bleiben. Sonst könnte es ja erstmal keine Kekse mehr geben.