Buer. Bei den Fußball-Frauen der SSV Buer gibt es Novum: Zum ersten Mal spielt eine ausländische Verpflichtung bei den Rothosen.

Als Marcel Dietzek den Fußball Richtung Torwinkel wirft, hebt Myrthe Roest ab. Die Torhüterin hechtet in das bedrohte Eck, packt einmal kräftig zu und landet auf dem vom Regen aufgeweichten Rasen der Sportanlage Löchterheide. Einige Male wiederholen die beiden dieses Spielchen, dann ist das Foto im Kasten. Die Flugeinlage war schließlich nur eine Probe, um die 17-Jährige bei dem abzulichten, was sie am liebsten macht und wofür sie gerade sogar ihre Heimat in den Niederlanden verlassen hat: Bälle halten. Seit Kurzem spielt Myrthe Roest (gesprochen „Mürte Röst“) nämlich für die Damenmannschaft der SSV Buer.

SSV Buer: Erst Schalke 04, dann Löchterheide

Marcel Dietzek ist dort ihr neuer Trainer. Vor einem Monat haben er und seine SSV-Mitstreiter die fliegende Holländerin von den VV Kolping Boys verpflichtet. Aber Moment, fliegender Holländer? Da war doch etwas. Diesen Namen verdiente sich Myrthe Roests Landsmann Robin van Persie bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, als er mit einem wunderschönen Flugkopfball für die Niederlande gegen Spanien traf. Auch wenn Myrthe Roest natürlich nicht so prominent wie der Stürmerstar ist und im Gegensatz zu ihm durch den eigenen und nicht den gegnerischen Strafraum fliegt, ist der elfte Sommer-Neuzugang der SSV Buer doch ein ganz besonderer.

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Bei der Sichtung auf Schalke dabei

Für die ambitionierten Bueraner war Myrthe Roest schließlich der erste Auslandstransfer ihrer Geschichte. Zu verdanken haben sie dies aber einem anderen Verein: dem großen FC Schalke 04. Dorthin wollte die junge Torhüterin aus Alkmaar nämlich ursprünglich wechseln. „Myrthe ist ein großer Schalke-Fan und war beim Sichtungstraining für die neuen Schalker Frauenmannschaften dabei“, verrät Marcel Dietzek. „Weil die Schalker aber nur Spielerinnen aus einem bestimmten Umkreis aufnehmen konnten und von Myrthes Potenzial überzeugt waren, haben sie sie an uns vermittelt.“

Myrthe Roest, die niederländische Torhüterin bei der SSV Buer, posiert stolz vor ihrer neuen sportlichen Heimat in Gelsenkirchen Buer.
Myrthe Roest, die niederländische Torhüterin bei der SSV Buer, posiert stolz vor ihrer neuen sportlichen Heimat in Gelsenkirchen Buer. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Ein Telefonat und wenige Tage später kam die Niederländerin zum Probetraining vorbei. „Wir haben direkt gesehen, dass Myrthe Talent hat und wir sie gerne fördern möchten“, erzählt Marcel Dietzek, der der jungen Torfrau prompt einen Platz in seinem Landesliga-Kader anbot. Myrthe Roest sagte zu und fühlt sich nach dem ersten Monat bei der SSV bereits pudelwohl: „Die Mannschaft hat mich super aufgenommen, ich hatte direkt das Gefühl, Teil des Teams zu sein“, berichtet die 17-Jährige, die inzwischen auch mit ihrer Mutter in Buer wohnt.

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Die Bundesliga ist ein Traum

Warum sie für die SSV sogar ihre Heimat verlassen hat? Myrthe Roest klärt mit einer für ihr Alter beeindruckenden Reflexionsfähigkeit auf: „In den Niederlanden hatte ich das Gefühl, dass ich stagniere und mich nicht mehr weiterentwickele. Ich habe deshalb nach einer neuen Herausforderung gesucht und das Angebot der SSV Buer hat mir gefallen“, sagt sie und fügt hinzu: „Außerdem ist Deutschland für seine guten Torhüter bekannt. Ich möchte das einfach ausprobieren und in einem tollen Land viele neue Erfahrungen sammeln.“

Auf dem Platz ist Myrthe Roests Ziel klar: „Ich möchte die Nummer eins werden.“ Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, weiß die junge Niederländerin aber ebenfalls. Schließlich hat sie seit 2019 kein Pflichtspiel mehr absolviert und in Enya Dominiak und Chantalle Blanke zwei starke Konkurrentinnen um den Platz zwischen den Pfosten. „Die anderen beiden Torhüterinnen sind sehr gut, wir können viel voneinander lernen. Ich bin schon glücklich, wenn ich einfach spiele, denn so kann ich mich verbessern“, meint Myrthe Roest.

Dass die 17-Jährige Spielpraxis braucht, ist auch Trainer Marcel Dietzek bewusst. Der 36-Jährige will seine neue Torhüterin deshalb vorerst in der zweiten Mannschaft einsetzen. Mittelfristig traut er ihr aber mehr zu: „Myrthe“, betont er, „ist sehr ehrgeizig. Das zeigt ja auch ihr Wille, nach Deutschland zu kommen und hier Fuß zu fassen. Wenn ein Mensch in diesem Alter einen solchen Schritt geht, denke ich, dass sie auch bei uns den Kampf mit den anderen beiden Torhüterinnen annehmen wird. Das Potenzial, unsere Nummer eins zu werden, hat sie auf jeden Fall.“

Und langfristig? Da träumt Myrthe Roest von ganz oben: „Ich würde gerne mal in der Bundesliga spielen“, verrät sie. Das gleiche Ziel hat übrigens auch die SSV Buer, die im Rahmen ihrer „Vision Bundesliga“ innerhalb der nächsten neun Jahre den Sprung in die deutsche Eliteklasse schaffen will. Wer dabei mithelfen soll? Na, klar: Myrthe Roest, die fliegende Holländerin.