Oer-Erkenschwick. Zum Fußballspielen beim FC Schalke 04 war Thomas Domian nicht geeignet. So landete er als 13-Jähriger an der Uferstraße und 1988 auf dem Thron.

Der Draht zum Ruderverein Gelsenkirchen ist nie abgerissen. „Zuletzt habe ich noch Trainer Jochen Wittor getroffen und mit ihm über viele Dinge geplaudert“, sagt Thomas Domian, der 1988 Olympiasieger mit dem Deutschland-Achter in Seoul wurde. „Auch wenn ich später für andere Vereine gerudert bin, hier in Gelsenkirchen sind meine Wurzeln.“ Und es macht ihn auch ein bisschen stolz, dass sein Verein der ersten Stunde in diesem Jahr 100 wird.

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Von Sebastian Schneider

Als Ur-Gelsenkirchener hat ihn doch eine Sache etwas gewurmt. „Nach dem Olympiasieg bin ich zwar durch die Stadt geehrt worden, doch eine Nominierung zur Sportlerwahl gab es nicht. Das fand ich echt schade.“ Zumal er als Olympiasieger von Seoul sehr gute Chancen gehabt hätt. Heute ist das längst vergessen, und mittlerweile wohnt der 56-Jährige mit seiner Familie in Oer-Erkenschwick. Dort gibt es keinen Ruderverein, und so hält er sich fit mit Joggen und Radfahren. Richtig abschalten kann er dann beim Golfen.

Seine erste Kinder-Regatta in Waltrop gewinnt Thomas Domian

Dass er beim Rudern gelandet ist, war eigentlich eher Zufall. Nachdem man beim FC Schalke 04 schnell erkannt hatte, „dass ich es besser sein lassen sollte mit dem Fußball“, führte ihn eine Joggingeinheit am Rhein-Herne-Kanal ins Ruderboot. „Da kamen auf einmal Boote vorbei“, und neugierig lief der damals 13-Jährige bis zum Bootshaus an der Uferstraße. „Die haben mir dann einen Einer gegeben, und alle dachten, gleich falle ich rein.“ Thomas Domian blieb trocken – der Startschuss einer überaus erfolgreichen Ruder-Karriere unter Trainer Heinz Eichholz.

Thomas Domian. 
Thomas Domian.  © TD

Seine erste Kinder-Regatta gewann er im Einer in Waltrop, und fortan stellten sich immer mehr regionale Erfolge ein. Was sich auch bei anderen herumsprach. Und so landete er recht schnell einige Kanalkilometer weiter beim RV Emscher Wanne-Eickel, dessen Leistungssportabteilung größer war als die in Gelsenkirchen. Das eröffnete Möglichkeiten. So wurden die Nachwuchs-Bundestrainer auf ihn aufmerksam, wenn es auch im ersten Nationalmannschafts-Trainingslager noch nicht mit einer Nominierung klappte.

Durchbruch nach dem Wechsel zum TVK Essen

Der Durchbruch folgte nach seinem Wechsel zum TVK Essen, wo er sich mit Armin Eichholz (beide wurden auch 1988 Olympiasieger) durchsetzte und 1982 auf der Junioren-WM in Piediluco/Italien Bronze im Vierer mit Steuermann holte. Entscheidender als die Medaille war die Begegnung mit Manfred Beyer, dem Nachwuchstrainer aus dem Leistungszentrum Dortmund. „Manni hat Armin und mich letztlich nach Dortmund zum RC Hansa geholt“, erzählt er. Es folgten dreimal Gold und einmal Silber beim Match des Seniors, dem Vorläufer der heutigen U-23-Weltmeisterschaft – jeweils im Achter.

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Beste Voraussetzungen für die Eliteklasse. Thomas Domian wechselte in Dortmund zu Trainer Ralf Holtmeyer, der in dieser Phase den Grundstein zu einer mittlerweile über 30 Jahre anhaltenden Erfolgsstory des Deutschland-Achters legte. Nach dem sechsten WM-Platz in Nottingsham 1986 folgte zwar erneut WM-Rang sechs 1987 in Kopenhagen, doch 16 Sekunden hinter dem Sieger. „Gluck, gluck, weg war er“, titelte die Bild-Zeitung. „Und das ging einem ganz schön nahe“, sagt Thomas Domian. „Dann gab es schon einen Moment, an dem man übers Aufhören nachdachte.“

60. Geburtstag von Wolfgang Maennig gefeiert

Zum Glück blieb der 1,98 Meter große Gelsenkirchener an Bord und erkämpfte sich auch 1988 einen Rollsitz im Achter, „der auf einmal ein schneller Achter war“. Am Ende der Saison der Olympiasieg in Seoul, „der einfach alles überstrahlt“, sagt Thomas Domian. Ein Jahr später das Karriere-Aus – das letzte Rennen im Vierer auf der Amsterdamer Bosbaan „hat uns gezeigt, dass es Zeit wird“, sagt er. „Die anderen waren einfach schneller.“

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Fortan folgt für viele aus dem Olympia-Achter der berufliche Einstieg. Thomas Domian arbeitete zunächst als Vermögensberater und Investmentbanker, heute ist er Vertriebsleiter bei einem Unternehmen im Gesundheitswesen.

Der Kontakt zu seinen ehemaligen Team-Kameraden ist noch vorhanden. „Wir haben uns in diesem Jahr zum 60. Geburtstag von Wolfgang Maennig gesehen.“ Jetzt freut er sich schon auf das 100-Jährige beim RVG, das 2021 wegen Corona nachgeholt werden soll.