Scholven. Die benachbarten Sportvereine kritisieren die Pläne der Städte Gelsenkirchen und Gladbeck scharf. Hansa Scholven will lieber mit Bülse teilen.
Barbara Kochmann ist immer noch sauer. Als in der vergangenen Woche Vertreter der Städte Gelsenkirchen und Gladbeck auf der Sportanlage des SV Hansa Scholven erschienen und über die Pläne einer gemeinsamen Nutzung mit dem SV Zweckel informierten, erfuhr die Vorsitzende erst am Tag selbst vom Platzwart davon. Später forderte sie im Gespräch mit der WAZ: „Wenn es da konkrete Überlegungen gibt, dann möchten wir gerne mit einbezogen werden. Schließlich geht es um die Heimatplatzanlage unseres Vereins.“ Bevor die Sportausschüsse beider Städte am Mittwoch über die Pläne rund um die Situation der mit zwei Ascheplätzen und einem Naturrasen ausgestatteten Spielstätte an der Baulandstraße beraten, macht Barbara Kochmann ihrem Ärger nun in einer weiteren Stellungnahme Luft. Und sie wird dabei von Anton Roth unterstützt, dem Klubchef des nur anderthalb Kilometer entfernten Lokalrivalen SV Schwarz-Weiß Bülse.
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„Es ist doch skandalös, wenn zwei Jahre lang eine interkommunale Lösung für Gladbecks Probleme gesucht wird und dabei Zeit und Geld verbraucht werden, ohne dass die Stadt Gelsenkirchen jemanden hinzuzieht, der vor Ort involviert ist. Es wurde auch nicht geprüft, ob es einen ortsnahen Gelsenkirchener Verein gibt, der gerne an der Baulandstraße spielen möchte. Im Gegenteil, uns gegenüber wurde auf Nachfrage stets bestritten, dass ein solches Projekt existiert“, kritisiert die langjährige Vorsitzende und weist darauf hin, dass „vor nicht allzu langer Zeit zu lesen war, dass die Bülser gerne nach Scholven kommen würden“. Sie bezieht sich dabei auf einen Artikel dieser Zeitung vom 10. März, in dem Bülses damaliger Trainer Rejhan Nailovic eine Fusion mit dem Scholvener Nachbarn ins Gespräch brachte. „Ich habe unsere Vorstandsmitglieder mal auf eine mögliche Fusion angesprochen. Sie haben signalisiert, dass sie sich das durchaus vorstellen könnten und gesprächsbereit wären“, sagte Rejhan Nailovic damals.
Schlechte Bedingungen in Bülse
Auch wenn Schwarz-Weiß-Vorsitzender Anton Roth Rejhan Nailovics Vorstoß nicht vollständig bestätigen kann, sei der Kern der Bemühungen dennoch richtig: „Rejhan hat das damals insofern missverstanden, als dass wir keine Fusion mit Hansa Scholven anstreben, sondern nur eine gemeinsame Nutzung der Platzanlage an der Baulandstraße“, stellt der 35-Jährige klar. Die Bemühungen begründet Anton Roth mit den schlechten Platzverhältnissen auf dem heimischen Sportplatz an der Honigmannstraße: „Wir müssen immer wieder Spieler überzeugen, dass sie auf unserer Anlage mit der grobkörnigen grauen Asche kicken. In diesem Jahr müssen wir sogar auf den Aufstieg unserer ersten Mannschaft in die Kreisliga A verzichten, weil es wieder viele Spieler zu anderen Klubs zieht, wo sie erheblich bessere Bedingungen wie Kunst- und Naturrasenplätze vorfinden“, erklärt er.
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Erste Gespräche mit den Scholvenern seien positiv verlaufen. „Sie waren offen für weitere Planungen“, berichtet Anton Roth. „Wegen der Corona-Krise konnten wir diese aber zunächst nicht fortsetzen.“ Dass er und seine Hansa-Mitstreiter nun von den Städten Gelsenkirchen und Gladbeck rechts überholt wurden, ärgert ihn und Barbara Kochmann gewaltig.
Uni Wuppertal kritisierte Gladbecker Platzsituation schon 2012
Letztere regt sich vor allem über den Umgang der Stadt Gladbeck mit deren Sportanlagen in den vergangenen Jahren auf. Bereits im Jahr 2012 hatte die Forschungsstelle für Kommunale Sportentwicklung der Bergischen Universität Wuppertal in einer Studie darauf hingewiesen, dass es an vielen der elf damals existierenden Gladbecker Fußballstandorte „deutliche Überkapazitäten beziehungsweise Unterauslastung“ gebe, und demzufolge eine „Zusammenführung mehrerer Fußballvereine auf wenige, dafür aber qualitativ hochwertige Anlagen“ empfohlen.
Zudem schlugen die Forscher vor, „über eine Aufgabe beziehungsweise finanziell reduzierte Förderung von schwach ausgelasteten Plätzen“ nachzudenken. In den Folgejahren baute die Stadt Gladbeck die vier Anlagen mit der geringsten Auslastung an der Enfieldstraße, am Dahlmannsweg, Krusenkamp und Kortenkamp zurück. Während am Kortenkamp eine Schulsportanlage errichtet wurde, ist dies auch an der Enfieldstraße geplant. Am Dahlmannsweg und Krusenkamp wird es dagegen keinen Sport mehr geben: Hier soll der Platz für ein Neubaugebiet (Dahlmannsweg) beziehungsweise die Erweiterung des benachbarten Baumarktes genutzt werden (Krusenkamp).
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Eine Entwicklung, die Barbara Kochmann nicht nachvollziehen kann. „Es ist beschämend, dass die Stadt Gladbeck viele Anlagen plattgemacht oder kommerziell vermarktet hat, obwohl der SV Zweckel schon jahrelang eine neue Spielstätte sucht“, kritisiert sie. Den Austausch mit ihrem Bülser Amtskollegen Anton Roth will sie deshalb trotz der Pläne der beiden Kommunen fortsetzen. Auch für Gespräche mit der Stadt Gelsenkirchen sei sie grundsätzlich offen. „Dabei darf es aber allein um die Gelsenkirchener Lösung gehen“, betont Barbara Kochmann. „Diese sollte nämlich vorab geprüft werden, bevor es um andere Städte wie Gladbeck geht.“
Stellungnahme von Gelsensport-Geschäftsführer Marco Baron:
„Wir haben die Vereine zunächst noch nicht informiert, weil die Pläne lange Zeit nicht konkret genug waren. Beide Städte hatten deshalb Stillschweigen vereinbart. Die Überlegungen sind erst in diesem Jahr konkreter geworden, so dass wir vor zwei Wochen von der Verwaltung gebeten wurden, Hansa Scholven zu informieren und die Überlegungen mit den Vereinen zu prüfen.
Die Geschichte mit Bülse ist dagegen ein anderer Aspekt. Es gab zwar Gerüchte rund um eine gemeinsame Nutzung der Sportanlage an der Baulandstraße, aber dieser Wunsch wurde bisher nicht offiziell an uns herangetragen. Dennoch: Wir als Gelsensport vertreten die Interessen des Sports und setzen uns für eine positive Entwicklung des Sports ein. Wir wollen den Vereinen deshalb helfen, ihre Rahmenbedingungen zu verbessern. Dementsprechend stehen wir der Möglichkeit offen gegenüber, Bülse in das Projekt einzubeziehen, falls der Wunsch besteht. Wir müssen dann natürlich prüfen, ob die Kapazitäten dafür ausreichen. Das ist einer von vielen Aspekten, über den wir in den nächsten Wochen mit den Vereinen beraten werden.“