Gelsenkirchen. . Der Post SV Buer fährt mit 33 Sportlern nach Frankreich. Dort startet am Samstag das 24-Stunden-Rennen von Le Mans, aber nicht für Autos.

Mit einem leisen Surren nähern sie sich an, die Inline-Speedskater der Post SV Buer. Den Oberkörper leicht nach vorne gebeugt, die Hände hinter dem Rücken verschränkt fahren sie im Windschatten hintereinander her. Elegant sieht das aus. Und anstrengend. Gekonnt verlangsamen die Sportler die Geschwindigkeit und halten für ein Päuschen an. Die engen blau-weiß-roten Wettkampf-Outfits ähneln denen von Rad-Profis. Und fast professionell ist auch das, was sie sich für das Wochenende vom 30. Juni bis zum 1. Juli vorgenommen haben: „Die 24 Stunden von Le Mans“, sagt Tina Jerzynka, löst die Klettverschlüsse ihrer Handschoner und setzt den Helm ab. Was die 27-Jährige und ihre 32 Teamkollegen da in Angriff nehmen, klingt so verrückt wie abenteuerlich: „Wir werden 24 Stunden abwechselnd über die Rennstrecke fahren, auf der normalerweise die Rennwagen an den Start gehen“, erklärt die Tochter des Abteilungsleiters Karl-Heinz, genannt Kalle, Jerzynka, der die Inline-Abteilung beim Post SV Buer vor 19 Jahren aus der Taufe gehoben hat.

Zum elften Mal in Le Mans

© Olaf Ziegler

„Das war eine lustige Gegebenheit. Wir waren früher im Volleyball-Verein und haben Joggen gehasst“, erzählt er. „Dann haben wir nach einem alternativen Ausdauertraining geschaut, haben die Inline-Skates entdeckt und damit hat es sich irgendwie verselbstständigt.“ Kalle Jerzynka lacht. „Jetzt fahren wir eben in Le Mans mit. Zum elften Mal.“

Noch früher auf die schnellen Rollen gekommen ist Peter Baumeister. Angefangen hat es bei ihm mir einer Fernsehsendung und einer Schauspielerin. „Das war 1996. Ich habe die Harald-Schmidt-Show geschaut und Jenny Elvers hat erzählt, dass sie beim Inline-Skating-Marathon mitfährt. Ich hab mir dann gedacht, das probierst du jetzt auch aus.“ Ob Elvers oder der damalige Inline-Skate-Boom der Grund für den ersten Selbstversuch waren? Er lacht. „Ich sag mal, eine Mischung aus beidem.“

Heute sehen die Sportgeräte noch futuristischer aus und die vier Rollen pro Schuh sind auch kein Muss mehr. Kalle Jerzynka schwingt das rechte Bein samt Skates auf einen Hocker und zeigt seine Version der Schuhe, an denen sich nur drei große Rollen drehen. „Das ist jetzt die neueste Entwicklung. Ob das wirklich was bringt, wer weiß.“ Er zuck mit den Schultern und entfernt von der vordersten Rolle ein kleines Steinchen.

Radlager im Backofen trocknen

© Olaf Ziegler

Apropos Rolle: Nicht nur Muckis in den Beinen benötigen die Ausdauersportler des Post SV Buer. Fingerspitzengefühl gehört auch dazu. Schließlich müssen die Radlager nach einer Fahrt im Regen komplett ausgebaut und getrocknet werden. „Am besten im Backofen“, erklärt Tochter Jerzynka. Auseinander- und Zusammenschrauben würden dann schon mal gut eineinhalb Stunden in Anspruch nehmen. Eine stolze Zeit für einen Hobbyfahrer, der völlig durchnässt von der Strecke kommt. Trotzdem: „In die Ecke stellen ist nicht!“ Die 27-Jährige berichtet von kollektivem Schuhgeschraube nach Regen-Rennen. „Nach ein paar Stunden könnten die Radlager sonst schon angerostet sein.“ Die Skate-Pflege gehöre eben dazu, sagt Tina Jerzynka. Und gerät ins Schwärmen: vom Inline-Skaten allgemein, natürlich von Le Mans und den Stars der Szene, die sich ohne Allüren in den gleichen engen Rennboxen tummelten wie die Hobby-Fahrer.

„Es ist ganz klar das Highlight der Saison“, bestätigt ihr Vater. Peter Baumeister nickt. „Das ganze Drumherum ist schon unglaublich“, sagt er. „Wir fahren mit rund 25 Kubikmetern Material nach Frankreich. Zwei Tonnen Equipment: hunderte Liter Getränke, zentnerweise Obst, Gemüse, Pasta“, berichtet der 49-Jährige, der zusammen mit Kalle Jerzynka in einem der zwei Sechser-Teams der Bueraner startet. Tina Jerzynka geht in dem zweiten Sechser-Team ins Rennen. Außerdem treten noch zwei Mannschaften mit je zehn Fahrern an. „Und Bernd Wegener geht als Solo-Starter auf die Strecke“, sagt Kalle Jerzynka und schnallt sich die Schoner an. Die letzten Trainingsrunden müssen noch gedreht werden, in Gelsenkirchen und Umgebung, ehe es endlich los geht nach Le Mans.

Indoor-Training der Speedskater des Post SV Buer in der Turnhalle der Gesamtschule Berger Feld. Wer gut im Windschatten fährt, spart viel Kraft.
Indoor-Training der Speedskater des Post SV Buer in der Turnhalle der Gesamtschule Berger Feld. Wer gut im Windschatten fährt, spart viel Kraft. © Olaf Ziegler

>> Ziel ist ein Platz auf dem Siegertreppchen

Ein Post-SV-Buer-Team wird das Podest in Le Mans in Angriff nehmen. Nach Platz fünf im Jahr 2016 und Platz vier 2017 soll es 2018 am Ende der dritte Rang werden.

  • Ein Unterfangen, das sich nicht so einfach gestalten wird. Schließlich sind auch Skate-Profis wie der Belgier Bart Swings, der als Eisschnellläufer bei den diesjährigen Olympischen Spielen in Pyeongchang eine Silbermedaille gewann.