Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen wird nur noch in fünf Vereinen Handball gespielt. Ein Traditionssport kämpft ums Überleben. Die Probleme sind vielschichtig.

  • In der Großstadt Gelsenkirchen wird nur noch in fünf Vereinen Handball gespielt
  • Bis auf den Verbandsligisten FC Schalke 04 spielen dabei alle nur noch auf Kreisebene
  • Die Ursachen für sdie Probleme der Traditions-Sportart sind dabei vielschichtig

Gelsenkirchen ist mit rund 258 000 Einwohnern eine der größeren deutschen Städte. Nur: Wo ist der Handball? Das Team des FC Schalke 04 spielt in der Verbandsliga, doch dann? Dann kommt wenig. Die HSG Gelsenkirchen, ein Zusammenschluss aus der DJK Schwarz-Weiß Gelsenkirchen-Süd und der DJK TuS Rotthausen, hat zuletzt in der Bezirksliga gespielt. Aber das Team ist verschwunden. TB Beckhausen steht im unteren Drittel der Kreisliga. Die anderen Gelsenkirchener Mannschaften spielen nur Kreisklasse.

Warum ist das so? Zeit für eine Spurensuche.

Ausgerechnet Uli Hoeneß, als Präsident des FC Bayern München nicht unbedingt ein Kandidat auf die Ehrenbürgerschaft in Gelsenkirchen, hat den Handball-Sport zuletzt heftig kritisiert. „Handball ist international wirtschaftlich nichts wert“, hat er in einem Interview mit der Süddeutschen gesagt. Mittlerweile ist Hoeneß zurück gerudert. Aber die Handballer in Gelsenkirchen ärgern sich noch über die Aussagen. Stefan Paetz, Abteilungsleiter vom CVJM Gelsenkirchen, findet: „Klar, Hoeneß will mehr Basketball, der FC Bayern investiert doch kaum in seine Handballer“.

Michael Knäuper, Geschäftsführer vom DJK SW Gelsenkirchen-Süd, findet ein weiteres Argument pro Handball: „Die Handball--Bundesliga läuft mittlerweile bei Sky. Bestimmt nicht, weil der Pay-TV-Sender mit einer langweiligen Sportart Geld verdienen möchte.“

Trotzdem: Die außer den Schalkern übrig gebliebenen restlichen vier Handballvereine in Gelsenkirchen spielen lediglich noch auf Kreisebene und haben kaum bis gar keine Jugendarbeit. „Für den Handballsport in Gelsenkirchen sieht es schlecht aus, früher gab es viele Handballvereine in der Stadt, heute nur noch fünf“, sagt Hans-Jürgen Mühlenbrock Abteilungsleiter des PSV Gelsenkirchen. Und er fürchtet, dass es noch schlimmer kommt: „Vielleicht bleibt bald nur noch ein einziger Verein übrig.“ Harte Sätze, aus denen sich Fragen ergeben.

Aus der Sicht von Hans-Jürgen Mühlenbrock: Ja. Es fehlt seiner Meinung nach an Nachwuchs, die Handballfreunde werden immer älter. Um das zu ändern, müsste wieder mehr Handball in den Schulen gespielt werden, so Mühlenbrock.

Stefan Paetz vom CVJM hat eine weitere Ursache erkannt: „Viele Vereine gehen nicht mit der Zeit, sie benutzen keine Sozialen Medien. Wir machen es anders und haben bereits vier bis fünf neuen Spieler über Facebook gewonnen“.

Zumindest international, zum Beispiel in der Türkei. Und das schlägt durch. Paetz sagt: „Gelsenkirchener mit türkischen Wurzeln kennen den Sport oft überhaupt nicht.“ Das wiederum ist ein Nachteil in der Nachwuchsarbeit.

Sicherlich beim Thema Vereinsleben, denn die Vereinskultur ist generell auf dem Rückzug. Mühlenbrock erinnert sich: „Früher sind wir nach Spielen noch mit der ganzen Mannschaft in die Kneipe gegangen. Genau das gibt es in Kleinstädten wie Westerholt oder Haltern noch, dort läuft es auch mit dem Handball besser.“

Vielleicht ist der Handball eher in kleineren Gemeinden zuhause. Zahlreiche Vereine aus kleinen Städten oder Dörfern spielen in hohen Ligen. In den Bundesligen sind Traditionsvereine aus Gummersbach, Nettelstedt, Minden, Lemgo oder Wetzlar nicht wegzudenken. In Hamburg haben sie versucht, einen Bundesligisten zu etablieren: Das Projekt ist gescheitert.

Michael Knäuper glaubt jedoch nicht, dass Gelsenkirchen für eine Handballstadt zu groß ist: „In Großstädten wie Magdeburg, Berlin oder Mannheim funktioniert Handball auch gut. In Gelsenkirchen fehlt es einfach an Handball-Tradition.“

Knäuper findet beim Thema Personal die nächste Baustelle: „Die Vereine brauchen mehr ehrenamtliche Trainern, um mehr Handball anbieten zu können.“ Ein Problem, dass der Handball mit vielen anderen Sportarten teilt.

Gelsenkirchen gilt als Fußballstadt, darin sieht Knäuper das größte Problem für seinen Sport: „In Bundesliga-Städten bleibt kein Platz für Handball.“ Auch Stefan Paetz hält den Erfolg des Fußballs für die Hauptursache des Handballniedergangs in der Stadt. „Fußball steht über allem. Bei manchen Handball-Spielen fehlt die Hälfte der Mannschaft, weil sie lieber die Schalker Fußballer im Fernsehen verfolgt.“