Gelsenkirchen.. Hubert Rosiejak sagt: „Das war für mich unvorstellbar.“ Er hat das Attentat auf die israelische Mannschaft 1972 bei Olympia in München miterlebt.
Hubert Rosiejak hat noch den grünen Hut von seiner Dienstkleidung, die er bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München getragen hat. Damals war der Gelsenkirchener 36 Jahre alt und Sprecher bei den Radwettbewerben. Der mittlerweile 81-Jährige hat lange nicht mehr an München gedacht. Erst jetzt, als sich das Attentat auf die Sportler Israels zum 45. Mal jährte, kamen die Erinnerungen wieder hoch. „Eine schlimme Erfahrung“, sagt Hubert Rosiejak.
Zumal er vor der Eröffnung der Spiele noch genau in den Wohnungen des Olympischen Dorfes gewohnt hat, in denen die israelische Mannschaft am 5. September 1972 von der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September überfallen wurde. Am Ende verloren elf israelische Sportler ihr Leben. Ein Polizist starb beim Befreiungsversuch.
„Die Wohnungen lagen in der Connolly-Straße“, so Hubert Rosiejak. „Die Straßen des Dorfes wurden nach früheren Olympia-Sportlern benannt.“ James Brendan Connolly aus den USA hatte 1896 bei den Spielen in Athen Gold im Weitsprung gewonnen.
Aber wie kam der Gelsenkirchener Rosiejak in die Wohnungen des späteren Olympischen Dorfes? „Die damaligen Sprecher in den Stadien und Sporthallen mussten Probe-Veranstaltungen absolvieren“, erinnert sich Hubert Rosiejak. „Der Bund Deutscher Radfahrer hatte mich dazu eingeladen, weil ich Erfahrungen als Sprecher bei Radrennen hatte.“ Also flog er mehrfach nach München. „Während dieser Tests waren wir in den Wohnungen des späteren Olympischen Dorfes untergebracht“, so Hubert Rosiejak.
Informationen aus dem Radio
Der Gelsenkirchener bestand die Tests, und damit gehörte er zum Olympia-Personal, das eine Dienstkleidung in Grün bekam. Beige Hose, grünes Jackett, grüner Hut, alles hängt noch bei Rosiejak im Kleiderschrank. Manche Dinge haben zu viel Emotionen an sich, um sich von ihnen zu trennen.
Alles sah nach fröhlichen Spielen aus, selten zuvor hatte die Jugend der Welt so farbenfroh und unbeschwert gefeiert. Die Leichtathletik begann, Ulrike Meyfarth verzauberte das Publikum als 16-Jährige mit ihrem Hochsprung-Gold. Sie ging als Olympiasiegerin ins Bett, und am nächsten Morgen war alles anders.
„Im Radio hörte ich, dass etwas Schlimmes passiert war“, sagt Rosiejak über den Tag des Anschlags. Terroristen waren an der Connolly-Straße in die Wohnungen des Teams aus Israel eingedrungen und hatten die Sportler als Geiseln genommen.
Hubert Rosiejak wusste nicht, was er machen sollte. Die Informationen sickerten nur langsam durch, also fuhr er zur Radsporthalle. Doch dort war alles abgeriegelt. „Alle Wettkämpfe des Tages waren abgesagt“, beschreibt er die Situation. „Überall war Polizei, alles wurde untersucht. Es waren Hunde im Einsatz, die vermutlich nach Sprengstoff gesucht haben.“
Am Radsport-Zentrum konnte der Gelsenkirchener nichts machen. Er fuhr mit einem der offiziellen Busse zurück ins Hotel, in dem die Sprecher während der Spiele untergebracht waren.
Informationen gab es kaum. „Wir haben vor dem Fernseher gesessen und wussten nicht mehr, als andere im Land“, so Rosiejak. Ab und zu kam jemand vorbei, der von dem oder von dem etwas gehört hatte. Aber alles war wie betäubt, eine tiefschwarze Wolke hatte sich über die frohen Spiele gelegt. „Es war unvorstellbar“, sagt Rosiejak.