Gelsenkirchen. . Die Handballer des PSV Gelsenkirchen spielen jedes Jahr zu Weihnachten gegen Inhaftierte. Diesmal gab es die 40. Auflage.

„Alle Jahre wieder“ ist eines der bekanntesten Weihnachtslieder. Sein Text stammt aus dem Jahr 1837. Bei weitem noch nicht so alt, aber passend zu diesen drei ersten Worten des Liedes, ist eine Tradition, die die Handballer des Polizeisportvereins Gelsenkirchen jedes Jahr weiterleben lassen. Zum 40. Mal jährte sich an Heiligabend ein Termin, an dem der PSV gegen die Inhaftierten der Sozialtherapeutischen Anstalt Gelsenkirchen ein Handballspiel bestreitet.

40 Jahre – für die meisten Teilnehmer schon eine Ewigkeit. Daher ist keiner der Handballer seit Anbeginn dabei. Jürgen Kretschmann hat erst 1977 mit dem Handball angefangen, beim TV Hessler, bei dem die Idee mit dem Handballspiel gegen die Anstalt an Heiligabend entstanden ist. Viele Heßleraner wechselten später zum PSV Gelsenkirchen. Und dort lebte die Tradition weiter.

Für Jürgen Kretschmann gehört dieses Spiel zu seinem Leben. „Das gehört zu Weihnachten, seit ich 18 bin“, sagt der mittlerweile 57-Jährige. „Erst Handball, dann Geschenke und Kirche mit der Familie.“ Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit, diesen Termin wahrzunehmen. „Sport ist eine Sache, das gemütliche Beisammensein hinterher eine andere“, sagt er. Auch sein Sohn ist an Heiligabend dabei, wenn es hinter hohen Mauern zur Sache geht.

Gespielt wird übrigens unter freiem Himmel, eine Sporthalle hat die kleine Anstalt in der Gelsenkirchener Innenstadt, gegenüber den Evangelischen Kliniken, nicht. Das Feld ist auch ein wenig schmaler als ein normales Handballfeld. Daher zählt man auch nur fünf Feldspieler. In diesem Jahr sind 13 Spieler vom PSV dabei. Alte Spieler, Gastspieler – die Mischung macht’s, und alle haben ihren Spaß an dem Spiel.

Jürgen Kretschmann ist abseits des Feldes gut zu erkennen. Denn er trägt eine Kapuzenjacke vom TV Hessler. „Die ist 40 Jahre alt. So alt, wie es dieses Spiel schon gibt“, sagt er. Und daher trägt er sie natürlich jedes Jahr. Erst einmal in den ganzen Jahren ist das Spiel ausgefallen. Da war es nicht möglich, den Platz von einer großen Menge Schnee zu befreien. „Da ging es dann gleich zum gemütlichen Teil über“, sagt Hans-Jürgen Mühlenbrock, der seit 40 Jahren Geschäftsführer der Handball-Abteilung des PSV Gelsenkirchen ist und nur „Spüli“ genannt wird. Doch selbst bei Regen lassen es sich die PSVler nicht nehmen zu spielen. „Auch wenn die nassen Bälle auf dem Körper dann sehr weh tun.“

Am Ende siegt der PSV mit 41:31

Diesmal aber ist es schön und mild. Und daher macht es natürlich besonders viel Spaß, auch den Inhaftierten der Anstalt. Selbst wenn nach dem Abpfiff der Schiedsrichter einen 41:31-Sieg des PSV verkündet. Die neun Spieler der Anstalt haben sich wacker geschlagen. Vor allem der Torwart, der eine sehr gute Figur machte. Doch das ist nur nebensächlich. „Wenn das Ergebnis wichtig wäre, wäre es traurig“, sagt auch Alwin Molitor, der Leiter der Sozialtherapeutischen Anstalt.

Die Inhaftierten spielen regelmäßig Handball, verstärkt natürlich vor diesem Spiel gegen den PSV. „Auch wenn sie lieber Fußball spielen“, sagt Tanja Blasko, Justizvollzugsbeamtin und Mitorganisatorin. „In Freistunden haben sie sich auf die Partie vorbereitet.“ Die Stimmung ist gut während des Spiels, es wird viel gelacht, auch bei den Inhaftierten. Beim Schlusspfiff gab es Applaus für alle. Verletzt hat sich keiner, auch das ist wichtig. Im vergangenen Jahr hatte der PSV einen Verletzten zu beklagen.

Nach einer kleinen Duschpause ging es dann zum gemütlichen Teil über. An den geschmückten Tischen nahmen die Spieler und Begleiter des PSV Gelsenkirchen Platz, die Inhaftierten, aber auch die Justizvollzugsbeamten, die für die Sicherheit zuständig sind. Alwin Molitor ergriff zu Beginn das Wort. „Viele sind drei bis fünf Jahre hier, höchstens sieben. Sie sind das einzige Projekt, das 40 Jahre hier ist“, sagte der 66-Jährige und übergab dem PSV ein Andenken zu diesem 40. Handballspiel.

„Es gehört für uns dazu wie die Stille Nacht“, sagte auch Jürgen Kretschmann, ohne aber den Hinweis zu geben: „Wir haben hier schon gute Talente entdeckt. Der PSV ist für jedes Talent dankbar. Denn jedes Talent steigert unsere Qualität.“

Anschließend wurden Geschenke ausgetauscht, der PSV hatte voll gepackte Weihnachtstüten dabei, von den Inhaftierten gab es einen in der Werkstatt selbst hergestellten Schlüsselanhänger in Form eines Handballers, der aber gleichzeitig auch ein Flaschenöffner ist. Dieser kam aber noch nicht in Gebrauch, denn am Tisch gab es leckeres Weihnachtsgebäck, Kaffee und alkoholfreie Getränke. Doch der guten Laune tat das keinen Abbruch.