Gelsenkirchen. . An diesem Samstag wird Schalkes Torjäger-Legende Klaus Fischer 65 Jahre alt. Seinen legendären Falllrückzieher kann er heute noch vorführen.

Wann er ihn zum letzten Mal gezeigt hat, weiß er gar nicht mehr so genau. Aber es war noch in diesem Jahr in seiner Fußballschule. Dort wird Klaus Fischer auch heute noch immer wieder drauf angesprochen, ob er seinen legendären Fallrückzieher vormachen kann. Und dann macht Klaus Fischer: Er lässt sich den Ball zuwerfen, legt sich quer in die Luft – und trifft die Kugel dann so, wie es kaum ein anderer kann. Gelernt ist eben gelernt. „Aber wenn es nicht unbedingt sein muss, dann lass ich es heutzutage lieber“, lacht Klaus Fischer: „Man wird ja nicht jünger.“ An diesem Samstag wird er 65. Klaus Fischer, der Mann mit dem Fallrückzieher.

Von manchen Menschen hat man ein Bild vor Augen, wenn man an sie denkt: Klaus Fischer liegt permanent in der Luft. Dabei will er als Fußballer eigentlich gar nicht auf diesen Fallrückzieher reduziert werden, den kein anderer so perfekt drauf hatte wie die Schalke-Legende. „Ich habe doch noch so viele andere schöne Tore gemacht“, sagt er. Insgesamt 268 in 535 Bundesliga-Spielen – die meisten für Schalke.

Bei seinem Comeback haben die Menschen vor Freude geweint

Das allerschönste aber für die Nationalmannschaft: Am 16. November 1977 traf er im Länderspiel gegen die Schweiz (4:1) – natürlich per Fallrückzieher, nach einer Flanke seines Kumpels Rüdiger Abramczik. Der Treffer wurde nacheinander zum Tor des Monats, des Jahres, des Jahrzehnts und des Vierteljahrhunderts gewählt. Nur bei der Wahl zum Tor des Jahrhunderts kam er nicht an Helmut Rahn und dessen Treffer im WM-Finale 1954 vorbei. Zurecht, wie Fischer sagt, „wegen der Bedeutung dieses Tores.“

Man könnte hundert Anekdoten erzählen über diesen Mann, der 1970 als schüchterner Bursche aus dem bayerischen Zwiesel nach Schalke kam und im Ruhrgebiet heimisch geworden ist. Damals, als er mit dem Auto vorfuhr und Schalke zuerst gar nicht finden konnte, weil der Gelsenkirchener Ortsteil nicht an der Autobahn ausgeschildert war – Fischer landete wider Willen in Essen; Navigationsgeräte gab es ja noch nicht... Später, als er 1971 mit der Schalker Mannschaft für 2300 Mark das Heimspiel gegen Bielefeld verkaufte und für ein Jahr gesperrt wurde – „die größte Dummheit meines Lebens“. Aber auch, wie er im Oktober 1973 bei seinem Comeback gegen Wuppertal gleich drei Tore schoss. „Da gab es Leute auf der Tribüne, die haben vor Freude geweint. So etwas vergisst man nie.“

Fischer hat auf Schalke alles mitgemacht

Fischer – er ist auf Schalke eine Legende. Er hat alles mitgemacht: Vom Bundesliga-Skandal über die beiden Vize-Meisterschaften 1972 und 1977 bis zum ersten Abstieg 1981. Schalke war ohne seinen Torjäger, der sich das Bein gebrochen hatte, in Not geraten. Musste Spieler verkaufen, und als auch Klaus Fischer zum 1. FC Köln ging, weil er nicht in der 2. Liga spielen wollte, wurde er mit „Judas“-Rufen verabschiedet. Auch das hat er nicht vergessen, aber es war nur eine Momentaufnahme. Als er drei Jahre darauf mit dem VfL Bochum, wo er seine Karriere ausklingen ließ, nach Schalke zurückkehrte, feierten ihn die Menschen.

Jahre später wurde Fischer Co- und Amateurtrainer auf Schalke, hatte für die Saison 1992/93 sogar schon einen Vertrag als Cheftrainer unterschrieben, doch dann setzte ihm Präsident Günter Eichberg Udo Lattek vor die Nase. Lattek wollte Fischer als Co-Trainer behalten, der lehnte ab und sagt heute: „Das war mein größter Fehler.“ Denn so blieb der Traum von der Trainer-Karriere unerfüllt.

Ansonsten hat er jedoch alles gehabt: Klaus Fischer vermisst nichts – auch nicht das große Geld, das einer wie er heute als Fußballer verdienen würde. „Ich gönne es den Jungs.“ Was aus seiner Karriere geworden wäre, wenn er 30 Jahre später geboren wäre? Fischer schmunzelt: „Ich wüsste schon, wo ich heute spielen würde“, sagt er: „Wer heute regelmäßig um die 20 Tore schießt, der spielt irgendwann in England, Spanien oder Italien. Aber kein Problem, ich habe gerne in der Bundesliga gespielt.“

Die Zeiten waren anders damals: Italien hatte die Grenzen für Ausländer geschlossen, England war noch nicht das Fußball-Paradies – es blieb nur Spanien. Einmal hatte er eine Anfrage, die ihn gereizt hätte: 1978 vom FC Barcelona. Doch dann kam die WM, bei der Deutschland die Schmach von Cordoba erlebte. „Bei mir lief nichts“, erinnert sich Fischer, „und dann haben die den Krankl genommen, weil er zwei Tore gegen uns geschossen hat.“ So einfach.

Gefeiert wird nur im kleinen Kreis

Doch so ist Klaus Fischer mit seiner Ehefrau Margit im Revier heimisch geworden. Hier in Gelsenkirchen kennt ihn jeder, „hier sagt kaum einer Herr Fischer zu mir, hier bin ich für fast alle der Klaus.“ Nur über Weihnachten ist er wie jedes Jahr zu Hause in Zwiesel, und dort feiert er an diesem Samstag auch seinen 65. Aber nur im kleinen Kreis mit 30 Leuten. Keine Lust auf eine große Feier? „Um Gottes Willen“, sagt er.

Klaus Fischer ist keiner, der sich gerne in den Vordergrund drängt, das hat er noch nie getan. Vor fünf Jahren, vor seinem 60. Geburtstag, hatte ihn noch ein Kamerateam des WDR besucht und einen Film über ihn gedreht. Natürlich wollten die Fernsehleute ihn beim Fallrückzieher filmen, und Fischer tat ihnen den Gefallen: Damals sogar im Smoking auf dem Arena-Rasen.