Berlin. Im Becken schließt die Essenerin über 1500 Meter Freistil zur europäischen Spitze auf. Brandt und Feldwehr sind enttäuscht.

Mark Warnecke schüttelte auf der Tribüne des Berliner Velodroms den Kopf. Das hatte sich der Silbermedaillengewinner von Atlanta 1996 über 100 Meter Brust ein wenig anders vorgestellt. Dorothea Brandt, die von ihm gemeinsam mit Mitja Zastrow trainiert wird, hatte gerade über 50 Meter Brust als Fünfte in 30,82 Sekunden angeschlagen. Die 30-Jährige verpasste damit ihren deutschen Rekord nur um fünf Hundertstelsekunden, doch genau diesen wollte sie verbessern und so eine Medaille gewinnen. „Ich dachte, ich hätte es drauf gehabt”, sagte die ein wenig enttäuschte Essenerin. „Aber ich bin jetzt dreimal fast die gleiche Zeit geschwommen. Anscheinend bin ich doch nicht schneller.”

Bis kurz vor dem Ziel sah sie noch wie die Vize-Europameisterin aus. „Mein Anschlag war in keinem Rennen optimal”, ärgerte sie sich. „Das ist ein Riesenproblem. Da muss sich etwas tun.”

Doro Brandt hatte sich eigentlich für zwei Finals qualifiziert. Aber nach Beratung mit Chef-Bundestrainer Henning Lambertz sagte sie für den Endlauf über 50 Meter Freistil ab, weil sie sonst nur sechs Minuten Erholung bis zum Start über 50 Meter Brust gehabt hätte. „Es war trotzdem die richtige Entscheidung”, sagte Brandt. „Es war die letzte Chance für mich, über 50 Meter Brust etwas zu gewinnen. Im nächsten Jahr werde ich mich ganz auf die 50 Meter Freistil konzentrieren.“ Der Hintergrund: Nur die 50-Meter-Freistildistanz ist olympisch. Und in Rio 2016 will Doro Brandt unbedingt dabei sein.

Für Isabelle Härle war die Heim-EM ein großes Freudenfest. Erst krönte sie sich in Grünau, draußen vor den Toren von Berlin, zur Europameisterin über fünf Kilometer, dann holte sie Bronze mit dem deutschen Team und schließlich bewies sie, dass sie auch im Becken zur europäischen Spitze aufgeschlossen hat. Die 26-jährige Essenerin erreichte nicht nur als einzige von drei deutschen Teilnehmerinnen den Endlauf über 1500 Meter, sondern sie steigerte sich noch einmal. Platz sechs in neuer Bestzeit von 16:17,55 Minuten: Ein perfekter EM-Abschluss.

Härles Programm war immens. Doch Isi fühlte sich trotz der etlichen Wettkampf-Kilometer gar nicht so kaputt. „Wenn man Erfolgserlebnisse feiern darf, dann spürt man die Müdigkeit gar nicht so sehr”, sagt die Studentin. Aber jetzt ist sie urlaubsreif.: „Endlich Feierabend.” Mit ihrem Lebenspartner Hendrik Feldwehr fliegt sie in die Ferien. Vorher drückte sie ihm allerdings in Berlin noch vergeblich die Daumen.

Als Hendrik Feldwehr am Samstag nach dem Finale über 50 Meter Brust auf die große Videowand schaute und sein Ergebnis erkannte, verzog er wie schon nach dem achten Platz über 100 Meter Brust das Gesicht zu einer frustrierten Miene. Wieder Rang acht in 27,72 Sekunden. Statt sich zu steigern, baute er gegenüber dem Vorlauf (27,66) und Halbfinale (27,70) weiter ab. „Bei mir steckt irgendwie der Wurm drin”, stellte der 28-Jährige in der Mixed Zone des Velodroms eine bittere Selbstdiagnose. „Ich habe hier sieben Rennen bestritten und keines war gut. Wir müssen irgendwelche Fehler in der Vorbereitung gemacht haben.” Vor allem mit seiner Vorstellung über 100 Meter Brust haderte Feldwehr auch noch drei Tage später. „Ich bin über eine Sekunde hinter meiner Zeit von den Deutschen Meisterschaften geblieben. Und über 50 Meter habe ich Schwein gehabt, dass ich überhaupt ins Finale gekommen bin.”

Ebenso enttäuschend und noch viel kürzer dauerte der EM-Auftritt von Caroline Ruhnau. Sie kam im Vorlauf über 50 Meter Brust gerade noch als 16. in 31,85 Sekunden in die beiden Halbfinals. Hier steigerte sich die 29-Jährige um sechs Hundertstelsekunden auf 31,79 Sekunden, doch mehr als Platz 14 war für die Kurzbahn-Europameisterin von 2009 diesmal in Berlin nicht drin. Vor zwei Jahren hatte die Diplom-Sportwissenschaftlerin im ungarischen Debrecen über diese Strecke noch als Dritte auf dem EM-Podium gestanden.