Das Coming Out des ehemaligen Fußball-Profis Thomas Hitzlsperger hat für ein gewaltiges Echo in der Medienlandschaft gesorgt. Wie sieht es woanders aus? Wir haben im Frauenfußball und in drei anderen Disziplinen an der Oberfläche gekratzt. Und die jeweiligen Einschätzungen protokolliert.
Das Coming Out des ehemaligen Fußball-Profis Thomas Hitzlsperger hat für ein gewaltiges Echo in der Medienlandschaft gesorgt. Das Lob war groß, verbunden mit der Hoffnung, homophobe Strömungen mögen sich so doch weiter eindämmen lassen – weitere Outings von vielleicht sogar noch aktiven Sportlern einen positiven Trend verstärken. Doch eines haben die vergangenen Tage und Wochen auch ganz deutlich gezeigt: Homosexualität im Männer-Fußball ist offensichtlich weiter ein schwieriges Thema, fernab von Normalität. Aber wie sieht es überhaupt in anderen Sportarten aus?
Wir haben einmal im Frauenfußball und in drei anderen Disziplinen an der Oberfläche gekratzt. Und die jeweiligen Einschätzungen protokolliert.
Frauenfußball
Den Frauenfußball hat Hitzlspergers Outing nicht erschüttert. Als „peinlich“ beschreibt eine Spielerin (Name der Redaktion bekannt) die öffentliche Diskussion darüber gegenüber dieser Zeitung. „Dass dieses Thema in der Presse so breitgetreten wird, zeigt doch nur, dass Homosexualität für viele doch irgendwie komisch ist“, sagt sie. Im Frauenfußball sei es dagegen ganz normal, dass der Partner – egal ob männlich oder weiblich – die Spiele aus nächster Nähe mitverfolgt. „Wir gehen damit viel lockerer um.“ Als Beispiel kann da die ehemalige Torfrau der SGS Essen herhalten: Ursula Holl machte überhaupt kein Geheimnis daraus, dass sie eine Frau liebt. Bei der Hochzeit ließ sie sich von einem Fernsehteam begleiten. „Wir sind eben bunt gemischt. Und für mich persönlich ist es auch gar nicht so interessant, ob jemand lesbisch ist oder nicht.“ Womöglich seien Fußballerinnen im Hinblick auf Sexualität einfach toleranter.
Basketball
Marco Buljevic, Spieler beim Basketball-Zweitligisten ETB Baskets, hat mit Interesse die Berichterstattung rund um Thomas Hitzlsperger verfolgt. Er wundert sich: „Eigentlich sollte die Sexualität eines Sportlers ja keine Neuigkeit sein, erst recht keine Sensation.“ Er selbst kenne keine homosexuellen Basketball-Spieler, mit einer Ausnahme: Im April des vergangenen Jahres machte Jason Collins, aktiver Basketballer in der nordamerikanschen Profiliga NBA, seine Homosexualität öffentlich. Auch in seinem Fall war die Resonanz auf das Outing positiv, gleichwohl ist Collins seit Juli 2013 ohne Vertrag. „Ich weiß nicht, ob es da einen Zusammenhang gibt, das wäre schlimm“, findet Marco Buljevic.
Vorlieben kein Thema
Innerhalb der Mannschaft seien die sexuellen Vorlieben der Mitspieler gar kein Thema und auch die Fans auf den Rängen hält Buljevic für „pflegeleicht“. Pflegeleichter als beispielsweise beim Fußball. „Für Fußball interessiert sich einfach jeder, entsprechend steigt die Gefahr, dass es irgendwelche homophoben Sprüche gibt.“ Doch rein waschen will er den Basketball nicht. Äußerungen wie den von Thomas Hitzlsperger zitierten „schwulen Pass“ – als Synonym für weich – gebe es auch in seinem Sport. „Man macht sich vielleicht gar keine Gedanken darüber, was dahinter steckt. Man verletzt Menschen, ohne es zu wissen.“ Er hofft: „Weitere Outings würden die Gesellschaft vielleicht noch stärker für dieses Thema sensibilisieren. Dann würden auch solche Aussagen bald verschwinden.“
Eishockey
Er gilt wohl als der Männersport schlechthin – Eishockey. Checks, Jungs, die sich in Schüsse werfen und keinem Zweikampf aus dem Wege gehen. Da fliegen auch mal die Fäuste. „Aber natürlich wird es im Eishockey auch homosexuelle Spieler geben“, vermutet Leonhardt „Hardi“ Wild, Ex-Eishockey-Torhüter, lange Zeit auch beim ESC Moskitos unter Vertrag. Rein statistisch sei das ja schon so.
Er selbst habe während seiner aktiven Zeit keine Gerüchte über Spieler gehört, geschweige denn jemanden kennengelernt, der sich als schwul zu erkennen gegeben hätte. Ein Thema offensichtlich, das im Eishockey kaum existiert. Ein Tabuthema. „Spieler, die sich outen, bieten wohl leider eine Angriffsfläche. Aber ich bin davon überzeugt, dass das bald ein ganz normales Thema sein wird. Mir ist es jedenfalls total egal, welche sexuellen Neigungen jemand hat. Und ich möchte ja schließlich auch in Ruhe gelassen werden.“
Handball
„Unter uns Spielern war das Outing von Thomas Hitzlsperger eigentlich kein Thema“, sagt André Kropp, Kapitän des Handball-Zweiligisten Tusem. „Mir ist es auch völlig egal, ob jemand hetero- oder homosexuell ist“, sagt der 29-Jährige. Bei einem seiner Kollegen in einer Amateur-Handballmannschaft spiele ein Homosexueller. „Da wissen alle Bescheid. Es gab noch nie Ärger oder Probleme.“ (Profi-)Fußball nehme aber wohl eine Sonderstellung ein. „Fußball trifft halt die breite Masse. Da ist der prozentuale Anteil an Chaoten, die blöde Bemerkungen machen, größer als zum Beispiel beim Handball. Das ist leider so.“ Außerdem könne man sich in der Masse verstecken. Beim Handball würde man da eher auffallen. „Für mich sind diejenigen, die die Homosexualität anderer anprangern, jene, welche meist mehr Probleme haben.“