Es ist ein „gutes Signal“, findet der DOSB-Vizepräsident Michael Vesper, andere finden den Schritt mutig und wegweisend, zollen Ex-Profi Thomas Hitzlsperger (31) größten Respekt für seine Entscheidung, sich als Homosexueller zu bekennen. Ein Gespräch über den Alltag mit dem Essener Fan-Projekt.
Es ist ein „gutes Signal“, findet der DOSB-Vizepräsident Michael Vesper, andere nennen den Schritt mutig und wegweisend, zollen dem ehemaligen Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger (31) größten Respekt für seine Entscheidung, sich als Homosexueller zu bekennen. Aber wie sieht es im Alltag aus? Ist Homosexualität im Fußball ein Problem. Wir fragten bei Roland Sauskat nach, der als Leiter des AWO-Fanprojekts einen engen Kontakt zur Basis der Rot-Weißen pflegt.
Ist schwul sein im Fußball auch ein Thema an der Hafenstraße?
Sauskat: Natürlich ist es ein Thema. Auch in dem Theaterstück „Balls – Fußball ist unser Leben“, das vor zwei Jahren im Schauspiel Essen aufgeführt wurde, wird Homophobie und Ausgrenzung angesprochen. In diesem Stück heißt es sinngemäß, dass die Person, die sich outet, schon so ein Typ wie Olli Kahn sein müsste.
Schwul-lesbische Fanclubs im Fußball
Queer Football Fanclubs (QFF) ist eine Vereinigung europäischer schwul-lesbischer Fußball-Fanorganisationen, die zur WM 2006 gegründet wurde.
Toleranz für gesellschaftliche Minderheiten im Fußball steht bei der QFF an oberster Stelle. Gegen jegliche Diskriminierung.
Deutsche Queer-Fanclubs: Andersherum auf Schalke (seit 2010), MonacoQueers (Bayern München/2012), Queerpass Bochum (VfL Bochum/Sept. 2011), Rainbow Borussen (Bor. Dortmund/ 2004), Rainbow Duisburg (MSV /2009), RuhrZebras (MSV/2013), Warm Up 95 (Fort. Düsseldorf/2010).
Wie haben Sie auf die Nachricht von Hitzlspergers Outing reagiert? Ich bin ja viel bei Facebook unterwegs. Wir haben als Fanprojekt einen kurzen Eintrag eingestellt (auf dieser Seite). Aber ich habe mich über viele Kommentare geärgert. Einige schreiben „Schwuchtel!“, andere fordern, dass sich endlich auch andere prominente Fußballer, die vermeintlich schwul sind, outen sollten. Das ist schon unterirdisch.
Welche Erfahrungen haben Sie im Umfeld von Rot-Weiss Essen? Der Verein engagiert sich ja seit Jahren intensiv gegen Rassismus und Ausgrenzung.
Auf der Tribüne hat es schon immer Gesänge zum Thema gegeben. Haben wir gegen Osnabrück gespielt, hieß es „lila-weiß ist schwul“. Oder bei einem Aufstiegsspiel gegen Eintracht Trier, damals noch mit Frank Kurth im Tor, trugen die Trierer, glaube ich, rosa Stutzen. Da haben die RWE-Fans „Schwule, Schwule“ geschrien. Das muss man sich auch auf anderen Plätzen anhören. Aber diese Reaktionen sind auf 90 Minuten Fußball bezogen. Danach ist es wieder vergessen. Und dann überhört man schon mal Dinge, sofern sie nicht allzu verletzend sind. Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass im Umfeld der Essener Ultras das Thema eher positiv behaftet ist und nicht mit Ausgrenzungen einhergeht.
Bisher hat sich noch kein aktiver Fußballer zu seiner Homosexualität bekannt. Wie schätzen Sie die Gefahr ein, danach beschimpft oder provoziert zu werden?
Einiges müssen die Spieler schon aushalten. Aber wenn es zu viel wird, sind auch die Mitspieler gefordert, die betreffenden Leute zur Räson zu rufen. Der Trainer müsste ebenfalls klären: Bis dahin geht es und nicht weiter. So etwas kann man sogar vor einem Spiel regeln.
Was glauben Sie würde passieren, wenn sich ein RWE-Spieler als Homosexueller outen würde?
Ich bin davon überzeugt, dass es eine große Zahl von Unterstützern bei uns geben würde. Aber man weiß natürlich nie, wer so alles auf der Tribüne steht. Alle kann man halt nicht erreichen.
Würde das Problem Homophobie auch in den Aufgabenbereich des Fan-Projektes fallen?
Natürlich würden wir auch da versuchen zu helfen. Es gibt ja auch schon im Fußball Schwulen- und Lesben-Fanclubs (siehe Kasten). Man versteht manchmal nicht, warum so ein Aufsehen gemacht wird. Wir hatten bis vor kurzem einen schwulen Außenminister, seit Jahren hat Berlin einen schwulen Oberbürgermeister. Das ist doch alles menschlich. Man verliebt sich halt in Menschen – egal ob Mann oder Frau.