Zu alt? Gibt’s nicht. Das Masters -Schwimmen wird immer beliebter. Der ehemalige Essener Weltklasse-Brustschwimmer Mark Warnecke (43) startete aber bei der DM in der offenen Klasse ud wurd eim Vorlauf Sechster. Ein Selbstversuch.
Zu alt? Gibt’s nicht. Das Masters -Schwimmen wird immer beliebter. Zur Kurzbahn-DM im Hauptbad waren über 1200 Athleten angereist, beinahe doppelt so viele wie zu den Titelkämpfen in der offenen Klasse in Wuppertal. Dort aber startete Mark Warnecke, der mit 43 Jahren durchaus zur Masters-Zunft passen würde. Er hätte im Hauptbad groß rauskommen können. Möchte er aber gar nicht. Keinen Bock auf „Oldie“ Klasse. Der ehemalige Weltklasseschwimmer will es noch einmal wissen und probiert, was noch so geht.
Dabei sei Sport für ihn immer Quälerei gewesen und nur Mittel zum Zweck, sagt Mark Warnecke. Die Selbstdisziplin wurde oft auf eine harte Probe gestellte. „Auf der Coach mit Chips und Bier, damit komme ich super klar.“ Aber Warnecke wollte auch erfolgreich sein. Nein, er wollte der Beste sein. War er dann auch 2005 bei der WM in Montreal, als er Gold über die 50 Meter Brust gewann - mit 35 der älteste Weltmeister aller Zeiten.
„Heute brauche das nicht mehr. Meine Frau Elena liebt das Schwimmen. Dieses Gefühl hatte ich nie.“ Der studierte Mediziner mag zwar in manchen Dingen bequem sein, aber er ist auch ein ausgesprochen neugieriger Mensch, einer, der einen Spleen mit Lust und Spaß in der Brust auslebt. Und dabei stets für Überraschungen gut ist. Wie in Wuppertal, als er bei der Kurzbahn-DM in der offenen Klasse über 50 Meter Brust antrat und sich als Sechstschnellster (28,22 Sek.) fürs Finale qualifizierte. Darauf verzichtete er. Keine Zeit. Der BVB spielte abends gegen Bayern München „Da musste ich hin.“ Schließlich versorgt Warnecke die Dortmunder Fußball-Profis mit dem von ihm ausgetüftelten Nahrungsergänzungsprodukt, das er seit Jahren erfolgreich vertreibt.
Nein, Wehmut kam deshalb nicht auf. „Das war ja nur ein Test für mich. Und aus der kalten Hose heraus und unrasiert war das auch nicht schlecht. Unvorbereitet war ich früher nicht schneller. Aber es geht noch mehr, das war noch nicht das Limit.“ Der Zahn der Zeit beißt bei ihm offenbar auf Granit.
Oder doch nicht? „Ich habe kein Gefühl mehr für die Geschwindigkeit. Früher spürte ich sofort, ob es ne Scheißzeit wird oder nicht.“ Dabei kann sich der Brustschwimmer gut selbst einschätzen: „Die anderen sind heute schneller als ich früher war, gewinnen kann ich nicht mehr. Da müssen die anderen schon vom Block fallen. Aber ich möchte so nah wie möglich an die alten Zeiten heranschwimmen.“
Sechs SGE-Athleten bei Kurzbahn-EM
Bei der Kurzbahn-EM, die an diesem Donnerstag in Dänemark beginnt, schickt die SGE sechs Athleten an den Start: Dorothea Brandt, Hendrik Feldwehr, Caroline Ruhnau, Kathrin Demler sowie die Talente aus dem DSV-Perspektivteam für Rio 2016 Lisa Höpink und Damian Wierling.
Außerdem ist die Essener Trainerin Nicole Endruschat dabei.
Seine Bestzeit (25-m Bahn) von 26,7 Sekunden schwamm er 1998, 1995 reichten 27,0 zum Weltrekord. Heute steht die Bestmarke bei 25,25 Sekunden. Deshalb hat Warnecke auch nie ein Comeback angestrebt. Es ist ein Experiment, ein Selbstversuch. „Weil es mein Metier ist und ich viele Leute berate.“ Auch SGE-Sprinterin Dorothea Brandt, die zur Zeit bei der Kurzbahn-EM in Herning/Dänemark weilt. Es werde oft und viel geschwätzt, sagt Warnecke, es gebe kaum Literatur über Sport im Alter. Wo liegt die Belastungsgrenze? Wie steht es Mitte 40 mit der Regenerationszeit? Oder wie entwickelt sich die Sprintfähigkeit im Alter? „Viele meinen, die Reaktionszeit nimmt ab. Ich war aber bei der DM am schnellsten weg vom Block.“ Natürlich ist das auch Veranlagung. „Hat man die Gene, ist nicht gleich alles weg. Aber mit der Zeit gibt es genug Baustellen.“
Eine Wette mit Bundestrainer Henning Lambertz hat damals alles in Gang gesetzt. „Er hat behauptet, dass ich so schnell wie früher sein werde, wenn ich regelmäßig trainiere.“ Warnecke hat eine Nacht darüber geschlafen, von der Zeit her passte es. Also los. Zuvor hatte Warnecke seinen Zwillingen Tristan und Collin oft zeigen wollen, dass der Papa sich fit hält. Die beiden saßen spielend am Beckenrand, während Warnecke das Wasser durchpflügte. Nun ist das Training strukturiert, Wasser- und Krafttraining koordiniert. Und der Ehrgeiz blitzt auch auf. „Wenn es mal nicht so läuft, ärgere ich mich: Das Alter ist doch ein Arschloch.“
Mark Warnecke will herausholen, was möglich ist. „Aber ich habe keinen Siegeswillen mehr“, behauptet er. Da sei er ganz entspannt: „Wenn ich heute neben einem Top-Schwimmer stehe, sag ich mir, ist doch ein netter Junge. Früher hätte ich es nach Schwächen gesucht und reingehauen.“
Dass er trotzdem noch verdammt schnell ist, findet Warnecke natürlich interessant. Aber was sollen nur die Konkurrenten denken? „Die in Wuppertal vor mit gelegen haben, für die ist es ja kein Problem. Alle denen, die hinter mehr angeschlagen haben, müsste es zu denken geben.“ Und so lebt Warnecke im Zwiespalt mit sich und Neugierde. Nur eines, das weiß er sicher: „Ich will auf keinen Fall Masters-Weltmeister werden.