Ende des Monats treffen sich die weltbesten Kanuten in Duisburg auf der Wedau zu deen Weltmeisterschaften. Mit dabei ist auch der 19-jährige Max Rendschmidt. Das KGE-Ass sitzt mit dem Berliner Marcus Groß (24) im Kajak-Zweier. Die Beiden gehen die Aufgabe sehr engagiert an.

Höflich öffnet der junge Mann die Eingangstür des Sport- und Tanzinternats. Und was fällt einem sofort auf: Der Max ist aber dunkel geworden. „Och“, schmunzelt Max Rendschmidt, der normalerweise strohblond daher kommt, und fährt sich durch das raspelkurze Haar: „Die sind nur ein bisschen gefärbt.“ Auch die Nationalmannschaft der Kanuten pflegt eine Tradition, dass die Frischlinge in ihren Reihen „getauft“ werden. Ein deftiger Spaß – zumindest für die Crew, die dem für den Betroffenen nicht immer ganz so angenehmen Ritual beiwohnt. Egal, der 19-Jährige gehört nun dazu. Der kleine Max, ist man versucht zu sagen, kämpft ab sofort gegen die Großen – und mit Groß. Denn bei den Kanu-Weltmeisterschaft, die in drei Wochen auf der Regattabahn in Duisburg-Wedau ausgetragen wird, startet er mit seinem Berliner Partner Marcus Groß (24) im Zweierkajak über 500 Meter und 1000 Meter. Und das jeweils als Europameister wohlgemerkt.

WM-Endlauf ist Pflicht

Als hätte ein Außenborder geholfen, so flott ist Max Rendschmidt in die internationale Spitze gepaddelt. „Der Endlauf bei der WM ist Pflicht“, sagt der Kanute nach seinem Doppel-Coup selbstbewusst. Dabei war zunächst die U23 als Zwischenstation vorgesehen. Doch bei der EM im portugiesischen Montemor-o-Velho hat das Duo vorgelegt und mehr als nur eine Duftmarke gesetzt. Dabei sitzen die Beiden erst seit einem Jahr gemeinsam in einem Boot. „Ein glücklicher Zufall“, sagt Rendschmidt heute. Der Vierer sei nicht so gelaufen, also wurde die beiden Kanuten in den Zweier abkommandiert. Und da ging die Post ab. Es lief. Beim Weltcup in Racice haben Rendschmidt/Groß auf Anhieb über 1000 Meter gewonnen. Und danach zweimal Gold geholt beim kontinentalen Entscheid. „Die WM in Duisburg ist erst unser vierter Wettkampf überhaupt.“

Nervosität legt sich mit der Fahrt in den Startschuh

Bis zu seinem beruflichen Einstieg steigt Max Rendschmidt aber vor allem in den Kajak. Und zeigt nicht nur Leistung, sondern auch eine für sein Alter erstaunliche Abgeklärtheit. „Da macht sich mein Partner vor den Rennen mehr Sorgen“, sagt Rendschmidt. „Ich gehe da meistens ziemlich locker rein.“ Mit der Gewissheit, dass er ohnehin immer am Limit fahren muss, weil die starke Konkurrenz kaum Spielraum lässt zum Taktieren. Und dennoch traktiert auch ihn die Nervosität, wie er einräumt. „Dann werde ich immer ruhiger. Aber sobald ich in den Startschuh gefahren bin, ist das alles vorbei.“ Als Mitglied der Nationalmannschaft ist er ständig unterwegs, Regatten und Trainingslager. Doch weilt er mal in Essen, wohnt er natürlich im Internat. „Ich bin der letzte von damals, der noch da ist“, sagt der junge Mann. Besser gesagt, sporadisch noch da ist. Aber der Kanute genießt die Vorzüge, sich dann beispielsweise nicht um das Essen kümmern zu müssen. Und er ist natürlich stets willkommen. „Man hat mir gesagt, ich könnte bis zu den Olympischen Spielen 2016 hier bleiben, wenn ich wollte.“ Die Chancen stehen gut.

So schnell kann das gehen. Vor sechs Jahren ist Rendschmidt aus Bonn nach Essen gekommen, weil sein Heimatverein Blau-Weiß Rheidt („bei Bonn am Rhein ein paar Meter um die Kurve“) den sportlichen Ambitionen des ehrgeizigen Talents in der Förderung nicht mehr gerecht werden konnte. Die Titel im Nachwuchsbereich holte Rendschmidt noch im Rheidter Trikot, erst 2012 schloss sich der Junioren-Weltmeister der KGE an. Der junge Bursche trainierte am Bundesstützpunkt am Baldeneysee und fand ein Quartier im Sportinternat in Rüttenscheid, das damals gerade eingeweiht worden war. Die Familie sah er nur noch an den Wochenenden.

Horst Melzer erinnert sich an die Anfänge

Internat-Geschäftsführer Horst Melzer kann sich noch gut an die Anfänge erinnern. „Max war damals mit Abstand der jüngste Bewohner. Ein sehr angenehmer Mensch, kollegial und zuvorkommend.“ Dreier- oder Zweierzimmer? Kein Problem. Essen aus der Großküche? Kein Problem. Der Junge ist unkompliziert und war schon in jungen Jahren erstaunlich selbstständig. Melzer erzählt, dass sein „Mieter“ eine weitere, außerordentliche Fertigkeit besitzt: Er kann bügeln. „Das kam natürlich besonders gut bei den Mädchen an“, sagt der „Herbergsvater“ mit breitem Grinsen. Rendschmidt fügte sich bestens ein und zeigt noch heute Respekt vor der Hausordnung. Als er im Foyer des Internats nur so fürs Foto mal die Füße entspannt auf den Tisch legen sollte, ziert er sich ein wenig. Das sei hier nicht erwünscht.

Max Rendschmidt hat sich in diesem Haus der Talente stets wohl gefühlt. „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, hierher zu kommen. Ich bin von allen Seiten immer und sehr gut unterstützt worden.“ Natürlich auch von der Elsa-Brändström-Realschule, die er besucht hat. Fürs Abi fehlte ihm irgendwann die Motivation. „Schule und Sport“, sagt er, „das hatte irgendwann nicht mehr funktioniert. Vom Kopf her.“ Gerade in den Wintermonaten hatte er kaum noch Lust, nach dem harten Training noch die Nase in die Bücher zu stecken und zu lernen.

Rio 2016 ist das große Ziel

Seit knapp einem Jahr hat der KGE-Athlet eine Ausbildung im mittleren Dienst bei der Bundespolizei begonnen, wie so viele seiner Kanu-Kollegen zuvor. Über vier Jahre lang von September bis Dezember wird er in Kienbaum bei Berlin im Dienst sein. Dort, wo auch das Bundesleistungszentrum steht. Das trifft sich gut, in den anderen Monaten widmet er sich dem Leistungssport. Die Olympischen Spiele 2016 in Rio sind das große Ziel. „Irgendwann danach will ich aber studieren und bei der Bundespolizei in den gehoben Dienst aufsteigen“, betont der 19-Jährige.