Das erste Gespräch dauert nur Sekunden. „Geht es auch in fünf Minuten?“, fragt Christian Prokop. Der Mann, der am Samstag im Spiel gegen den TBV Lemgo zum letzten Mal als verantwortlicher Trainer des Tusem Essen in der Handball-Bundesliga auf der Bank saß und der in der kommenden Saison den SC DHfK Leipzig in der 2. Bundesliga betreut, ist seit kurzem Vater. Wickeln und in der Nacht mal wach sein gehört derzeit dazu. Zehn Minuten später hat er mehr Zeit. Anna ist fertig gewickelt.

Hat alles geklappt?

Na klar. Die modernen Väter wickeln doch ganz selbstverständlich ihre Kinder. Jetzt in der Saisonpause steht Anna noch mehr im Vordergrund. Wir sind begeistert von unserer Tochter. Sie guckt und lächelt und macht auch schon mal andere Geräusche als nur zu schreien.

Was wird ihre Tochter in Zukunft an Essen erinnern?

Wir haben von der Mannschaft ein Trikot mit ihrem Namen und dem Geburtsjahr geschenkt bekommen. Das wird in ihrem Kinderzimmer aufgehängt. Ansonsten gibt es viele Eindrücke, die wir versuchen über Erzählungen zu vermitteln. Sie ist in essen geboren, wächst in Leipzig auf, sie wird wohl sächseln.

Wird sie Linkshänderin?

Nach erst sechs Wochen kann man das nicht sagen. Es ist uns auch egal. Hauptsache gesund.

Sie haben mal versucht wegen einer Knieverletzung auf Linkshänder umzuschulen. Machen sie noch viel mit links?

Das hat sich schnell relativiert. Man bleibt doch Rechtshänder und damit bleiben auch die Automatismen.

Warum haben Ihre beiden Hände nicht gereicht, um den Tusem in der 1. Bundesliga zu halten?

Uns hat eindeutig die Qualität in der Breite gefehlt. In vielen Spielen haben wir 45 Minuten kämpferisch und taktisch mitgehalten, dann kam der Einbruch, weil die Kräfte fehlten. Das Hauptziel war ja ohnehin, die junge Mannschaft zu entwickeln. Bei Lasse Seidel, Julius Kühn und Niclas Pieczkowski haben wir diese positive Entwicklung gut sehen können. Ich verstehe, dass das nicht alle so wahrgenommen haben. Der Klassenerhalt wäre fassbarer gewesen.

Jetzt geht es nach Leipzig. Wann kam die erste Anfrage? Doch nicht erst vor zwei Wochen?

Nein. Das hat sich länger hingezogen. Aber anfangs war das nicht interessant, weil ich in Essen Vertrag hatte und mit der Mannschaft auch dann in der 2. Bundesliga angreifen wollte. Es ist anders gekommen, auch, weil es beim Tusem finanzielle Engpässe gegeben hat, beziehungsweise geben wird. Der Etat wird nun einmal kleiner. In Leipzig haben wir nun einen Drei-Jahresplan mit dem Gesamtverein.

Wer steigt zuerst in die 1. Bundesliga auf?

Meinen Sie Essen oder Leipzig?

Nein, Leipzigs Fußballer oder Leipzigs Handballer.

Die Fußballer sind gerade erst aufgestiegen. Unser Ziel ist es, in den nächsten zwei Jahren aufzusteigen. Dazu haben wir noch einige Talente nachgeholt. Wir zählen aber nicht zu den Favoriten. Favorit aber war der Tusem auch nicht, als er zuletzt den Sprung in die 1. Bundesliga geschafft hat.

Das Fußballstadion von Rasenball Leipzig und die Handball-Halle liegen ja nicht so weit auseinander. Haben sie Ralf Rangnick schon kennengelernt?

Nein. Ich war aber auch erst einmal in Leipzig. Kennenlernen muss und möchte ich zunächst auch eher die Trainingshallen.

Wann geht es los?

Am 13. Juli. Bis dahin steht ein bisschen Urlaub an, Vorbereitung auf die 2. Bundesliga, ausziehen aus dem Haus in Essen, Haus anmieten in Leipzig.

Am Samstag gab es das letzte Spiel in Lemgo. Wie lief der Abschied ab?

Wir hatten einen schönen Saisonabschluss. Zunächst haben wir uns genüsslich die Verabschiedung der Lemgoer angesehen, haben über unsere Saison gesprochen. Dann haben wir in der Kabine gesessen, haben angestoßen und Sportvorstand Stefan Krebietke hat auch noch einmal die Spieler verabschiedet, die beim letzten Heimspiel nicht verabschiedet werden konnten. Nach der Ankunft in Essen sind wir aus dem Bus gestiegen, haben uns die Hände geschüttelt und gesagt: Ab jetzt Kontrahenten.