Mit 21 hat man noch Träume. Natürlich. Die Olympischen Sommerspiele in London sind so ein Traum. Für jeden Athleten, und für die meisten wird er sich nie erfüllen. Lisa Vitting ist Anfang Juli 21 geworden. Doch in London wird die Freistil-Schwimmerin der SG Essen bereits ihre zweiten Sommerspiele erleben.

Mit 21 hat man noch Träume. Natürlich. Die Olympischen Sommerspiele in London sind so ein Traum. Für jeden Athleten, und für die meisten wird er sich nie erfüllen. Lisa Vitting ist Anfang Juli 21 geworden. Doch in London wird die Freistil-Schwimmerin der SG Essen bereits ihre zweiten Sommerspiele erleben.

Als Ersatzfrau für die Staffel war sie mit nach Peking geflogen, durfte das DSV-Team aber nur von der Tribüne aus unterstützen. Diesmal hat die junge Frau ihren Platz in der 4x100-m-Freistil-Staffel sicher. Und darüber hinaus sogar Medaillenchancen. Das deutsche Quartett gewann mit Vitting bei den Europameisterschaften 2010 (Budapest) und 2012 (Debrecen) jeweils Gold, dazwischen gab es bei der WM in Shanghai noch Bronze. Die Mädels können also in der Welt der Elite durchaus mithalten.

Schon im Junioren-Alter zeigte Lisa Vitting ihr außergewöhnliches Talent. Bei den deutschen Jahrgangsmeisterschaften 2004 in Leipzig holte sie mit Rang drei über 50-m-Freistil ihre erste nationale Medaille. Ein Jahr später war sie auf dieser Distanz die Schnellste im Land und reifte zu einer der besten deutschen Kraulschwimmerinnen.

„2008 wurde ich mit der Olympia-Nominierung aber ins kalte Wasser geworfen“, erinnert sich die blonde, groß gewachsene Schwimmerin. Das Erlebnis an sich hat sie begeistert. „Danach habe ich mir vorgenommen, in vier Jahren wieder dabei zu sein.“ Ein hehrer Vorsatz, verbunden mit viel Arbeit und Disziplin. Bis vor drei Jahren schwamm Lisa Vitting noch in ihrer Heimatstadt für die SG Mülheim. Doch das ehrgeizige Ziel erforderte professionellere Bedingungen. Also wechselte die junge Frau zum Bundesstützpunkt nach Rüttenscheid zur SG Essen. Und unter der Regie von Trainer Henning Lambertz schwamm sie weiterhin erfolgreich auf international hohem Niveau.

Aber Garantien gibt dir keiner. Die Olympia-Qualifikation in diesem Jahr war eine Herausforderung der besonderen Art für Vitting, eine Nerven- und Bewährungsprobe. Die DM begann für sie mit einer herben Enttäuschung. Zuvor hatte man noch spekuliert, ob sich die SGE-Athletin eventuell sogar für einen Einzel-Start empfehlen könne. Doch über die 200 Meter wurde sie nur Achte mit einer völlig indiskutablen Zeit. Selbst SGE-Nachwuchstalent Paulina Schmiedel lag zwei Plätze vor. Unfassbar. Es sind die Momente, die einen plötzlich zweifeln lassen.

„Es war wohl eine Kopfsache“, urteilt Lisa Vitting. Schon im Vorlauf hatte sie viel investiert und richtig Dampf gemacht. Ohne Erfolg. „Es hat einfach nicht gepasst.“ Was nun? Wie würde die Sportlerin diesen Nackenschlag verkraften? Schließlich musste sie schon am nächsten Tag ihre letzte Chance für London über 100-m-Freistil nutzen. Vielleicht war es gut so. „Ich habe mir auch gar keine Zeit gegeben, zu grübeln“, schildert die Schwimmerin. Trainer Lambertz nahm sie zur Seite, versuchte sie aufzubauen. Und Lisa Vitting machte ihrem Studienfach Psychologie alle Ehre, hielt dem Druck stand und erreichte mit Rang vier das Minimalziel. Sie war für die 4x100-m-Staffel qualifiziert. Auch Lambertz atmete damals auf: „Ich bin überzeugt, dass Lisa schneller schwimmen kann als heute, aber wichtig ist erst einmal, dass sie es überhaupt geschafft hat.“

Mit einigen Wochen Abstand sagt Lisa Vitting wie selbstverständlich: „Ein Platz in der Staffel, das war meine Aufgabe. Das war realistisch.“ Die Staffel, das ist ihr Metier. Im Team war sie in den vergangenen drei Jahren überaus erfolgreich. Sie holte zwei EM-Titel und einmal Bronze bei der WM. „In diesem Team fühle ich mich sicher.“ Zumal die Staffel zuletzt immer in der gleichen Aufstellung erfolgreich war: Mit Olympiasiegerin und Weltmeisterin Britta Steffen (Berlin), Silke Lippok (Pforzheim), Daniela Schreiber (Halle) und Lisa Vitting. Und wenn’s gut läuft, könnte es die erste Essener Olympia-Medaillen werden, denn das 4x100-m-Freistil-Finale der Frauen steigt bereits am Samstag, dem allerersten Wettkampftag in London.

Bei der Eröffnungsfeier am Freitag wird die Essenerin deshalb fehlen, aber dieses Erlebnis durfte sie ja schon einmal vor vier Jahren in Peking genießen.

Familiäre Unterstützung

Da es für Lisa Vitting bereits die zweiten Olympischen Spiele sind, kennt sie die Abläufe bereits und natürlich auch das besondere Olympische Flair. Was durchaus Vorfreude in ihr weckt. „Da trifft man im Olympischen Dorf auch Sportler, die man ansonsten nur vom Fernseher her kennt. Alle haben sportlich ein Ziel, und alle sitzen gemeinsam zum Essen in der Mensa.“

Zu ihrer Unterstützung hat sich Besuch aus der Heimat in London angesagt. „Die Familie und zwei Freundinnen haben vor drei Wochen gebucht. Und das war sogar richtig günstig bei einem Billigflieger.“ Da dürfte sich also der Trip in die europäische Metropole schon jetzt gelohnt haben.