Die Kulisse war bestens aufgelegt. Finale im Georg-Melches-Stadion. Nein, nicht aus sportlicher Sicht, denn da haben die Rot-Weißen ja die 1. Hauptrunde im DFB-Pokal mit dem Sieg über SV Hönnepel-Niedermörmter unter der Woche schon erreicht. Am Samstag trafen sich die Fans zum Abschied vom Georg-Melches-Stadion, wo bereits am heutigen Montag mit dem weiteren Abriss begonnen wird. Es war eine wohlige Atmosphäre, eine Melange aus Freude, Nostalgie und Melancholie. Dass die Rot-Weißen in Zusammenarbeit mit dem AWO-Fanprojekt wie immer zum Saisonausklang ihren Integrationstag beginnen, fiel nicht wirklich auf. Und der Sport? Nun ja, der genoss irgendwie auch keine Priorität mehr.
Die Nachricht, dass drei RWE-Spieler der Spiel- und Wett-Manipulation verdächtigt werden (siehe Hauptsport), hatte das marode Gemäuer an der Hafenstraße noch ein letztes Mal in den Grundfesten erschüttert. Mag sein, dass manche Fans die Nachricht als eher belanglos eingestuft haben, die Verantwortlichen waren zutiefst erschüttert. Ein anonymer Brief brachte den Fall an Licht. Dirk Jasmund, Kevin Lehmann und Güngör Kaya hatten vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund II gegen das eigene Team gewettet oder von Freuden bzw. Bekannten wetten lassen. Nun müssen sie sich vor dem DFB-Kontrollausschuss verantworten, der ermitteln wird, um das Spiel manipuliert worden ist. Was vor allem der Liga-Konkurrent SF Lotte vermutet, der damals durch den 4:0-Sieg der Dortmunder von der Tabellenspitze verdrängt worden ist. Der BVB ist Meister und steigt auf, Lotte guckt in die Röhre.
RWE - das letzte Spiel
Kein Wunder, dass sie im Norden stinksauer sind und sich in wilden Spekulationen versteigen. So auch Lottes Trainer Maik Walpurgis, der zweifelt, dass das alles ist, was zu Tage gefördert wurde in diesem „Wettskandal“. „Wir wissen jetzt von drei Spielern offiziell, die es auf ihren Namen gemacht haben. Wer weiß, wie viele es noch auf anderen Namen gemacht haben.“ Der RWE-Vorsitzenden Michael Welling ruft indes zur Besonnenheit auf. „Wir wollen nichts beschönigen, aber auch niemanden vorverurteilen. Wir halten uns an Fakten und werden mit aller Entschlossenheit helfen, den Fall restlos aufzuklären.“
Unerlaubte Sportwetten ja, Spielmanipulation nein. Das behaupten die „Sünder“ Jasmund, Lehmann und Kaya in ihrer offiziellen Stellungnahme. Gleichwohl wird dieses Trio nicht mehr für RWE auflaufen, so viel steht auch fest. Selbst dann nicht, wenn die Ermittlungen des DFB im Sande verlaufen. Zu groß ist der Vertrauensbruch. Doch an Spielmanipulation glaubt auch bei RWE niemand. Nur Innenverteidiger Dirk Jasmund spielte gegen Dortmund von Beginn an. Beim 0:1 sahen damals Denker und Lamczyk schlecht aus, beim 0:2 hatte Meik Kuta gepatzt. Kaya kam beim Stand von 0:3, Lehmann spielte überhaupt nicht.
Auch Trainer Waldemar Wrobel wirkte angeschlagen, zurücktreten wird er aber deshalb nicht. „Der Vorfall belastet mich persönlich, eigentlich kann ich gar nicht damit umgehen. Aber wir sind alle angefressen. Dennoch geht es hier um den gesamten Verein Rot-Weiss Essen. Da gibt es noch viel zu tun. Und ich möchte dabei sein und werde mich nicht von drei Spielern davon abhalten lassen.“
Immerhin, nach einem „gar nicht mal so schlechten Spiel“ zum Saisonausklang gegen Köln und einem gerechten Unentschieden hat RWE auf Rang acht und mit dem Gewinn des Verbandspokals das Saisonziel locker erreicht.
Rot-Weiss -
Fort. Köln1:1 (1:1)
RWE: Lamczyk - Brauer (76. Vennemann), Wagner, Denker, Guirino - Grummel, Avci - Lemke (46. Enzmann), Koep, Grund (26. Kuta) - Lenz.
Schiedsrichter: Christian Fischer. Zuschauer: 10907.
Tore: 0:1 Kühn (7.), 1:1 Avci (23.).