Ein Stündchen, höchstens anderthalb will Ben Zwiehoff an diesem Tag noch auf der Rolle im Wohnzimmer strampeln. Einem gewöhnlichen Schultag. Die erste Einheit Krafttraining hat der fast 18-Jährige schon hinter sich. Der Mountainbiker des SV Steele schuftet 15 bis 20 Stunden pro Woche für seinen großen Traum: die Teilnahme an Olympischen Spiele.

2016. Rio de Janeiro. „Da bin ich letztes Jahr U23“, blickt er weit voraus. „Wo sind die Spiele 2020?“, fragt er. Doch das ist alles Zukunftsmusik. Jetzt wird erst die nahe Zukunft geplant. Ohne Probleme baut Ben Zwiehoff im Frühjahr das Abitur am Burggymnasium. In der Grundschule übersprang er einen Jahrgang. „Ich möchte Profi werden“, äußert Zwiehoff als nahen Berufswunsch. Die Zeichen stehen gut. Im vergangenen Jahr bei der WM im schweizerischen Champery wurde er Siebzehnter, bei der EM in Dohnany (Slowakei) belegte Zwiehoff Rang 15 – jeweils als jüngerer Jahrgang.

Aber auch die Profi-Karriere will akribisch geplant werden. Dabei hilft der Olympia-Stützpunkt Essen. Von der Deutschen Sporthilfe werden solche Beratungsgespräche vorgeschrieben. Niemand soll nach seiner Laufbahn ins Bodenlose stürzen. „Optimal wäre Sportsoldat, doch da gibt es nur wenig Plätze“, weiß Ben Zwiehoff. Bei der Bundeswehr könnte er Studium und Leistungssport miteinander verquicken. Eine andere Option ist ein Studium an der Ansbacher Hochschule für Spitzensportler. „Wahrscheinlich irgendetwas im wirtschaftlichen Bereich.“ 100-prozentig steht das zurzeit aber noch nicht fest.

Gerade ist Ben Zwiehoff, dessen Vater Hansjörg (46) schon bei einer Mountainbike-EM startete, von einem zehntägigen Trainingslager von Mallorca zurückgekehrt. Dort radelte der Steeler mit den älteren U23- und Elite-Bikern. Denn der Lehrgang in seiner Altersklasse kollidiert zu sehr mit den Vorbereitungen aufs Abitur. „Mit dem Rennrad schruppten wir viele Kilometer, um die Grundlagen für eine lange Saison zu legen“, erzählt Zwiehoff. Ein Erholungsurlaub sieht anders aus.

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Auf der spanischen Insel waren seine Eltern nicht mit, sonst begleiten sie ihren Sprössling oft. Mit dem Wohnwagen. Sogar seine Freundin Josefine fährt gelegentlich übers Wochenende zu Rennen mit. Der Mountainbike-Sport erfordert einen enormen Zeitaufwand. „Schließlich finden die Rennen nicht um die Ecke statt, eher in Süddeutschland und halb Europa.“

Als Dreijähriger fing alles an. Mit einem Puky-Rad. Damals startete der Abiturient beim NRW-Cup in Wickede. Eigentlich begleitete er seinen Vater, der in Dortmund startete. Heute fungiert Hansjörg Zwiehoff als Vorsitzender des Bezirks Rechter Niederrhein und Bens Mechaniker. Zum Mountainbike-Sport kamen Hansjörg und seine Frau Silke (44) Mitte der 80er-Jahre, als die Sportart neu aufkam. Heute hat sie es bis ins olympische Programm geschafft. Vielleicht einmal mit Filius Ben in der Starterliste.

Doch dafür heißt es noch lange, sich mächtig zu quälen. Besonders in der kalten Jahreszeit. „Der Winter hat nur seinen Reiz, um fit zu bleiben. Auf der Rolle macht das aber nur mittelmäßig Spaß.“ Dagegen liebt der Junioren-Fahrer das Krafttraining. Drei Mal die Woche nutzt er eine Kooperation mit dem KSV Essen. Gewichtestemmen für den Erfolg.

Im Wohnzimmer spult er sein Pensum auf dem Rollrad herunter. Mal wird eine DVD in den Fernseher eingelegt, mal spielt er eine Runde an der Spielekonsole. „Sonst sitzt man manchmal drei, vier Stunden nur herum“, hat Ben Zwiehoff natürlich keine Lust, sich zu langweilen.

Und Training im Freien scheidet momentan aufgrund der Witterungsverhältnisse aus. Gerne würde er mehr mit den Kollegen des SV Steele trainieren. „Doch lässt das Zeitmanagement nicht zu.“

Neben dem Radsport und seiner Freundin bleibt kaum Platz für anderes. Alles ist dem großen Traum untergeordnet – die Olympischen Spiele. Auch wenn das noch etwas länger als ein oder anderthalb Stündchen dauern wird.