Essen. Eigentlich sollte Sophia Winkler zur deutschen U23-Nationalmannschaft reisen. Ein Anruf veränderte alles – für die Essenerin ging es nach Wembley.

Die vergangene Woche wird Sophia Winkler so schnell nicht vergessen. Gerade war die Torfrau des Frauenfußball-Bundesligisten SGS Essen für die ersten Länderspiele der neu gegründeten U23 nominiert worden. Mit ihrer Mutter schlenderte sie durch die Innenstadt und ihre Gedanken kreisten bereits um die geplante Florenz-Reise – zum Spiel gegen die italienische Elf.

Doch dazu kam es nicht: Denn auf dem Handy der 21-Jährigen erschien plötzlich ein Anrufer mit unbekannter Nummer. Am anderen Ende war Michael Fuchs, Torwarttrainer der A-Nationalmannschaft. Und er hatte eine freudige Nachricht: Winkler war für die erkrankte Maria Grohs (FC Bayern) nachnominiert worden.

Für Essenerin ging es ins Wembley statt in die Toskana

„Ich war total überrascht und habe mich riesig gefreut“, strahlt sie. „Natürlich war das immer schon mein Kindheitstraum und mein Ziel, seitdem ich angefangen habe, Fußball zu spielen. Es war toll, schon so früh diese Chance zu bekommen.“ Umplanen musste sie nicht viel, die Taschen waren ohnehin schon gepackt. Nur ging es nach Wembley statt in die Toskana. Zum Einsatz kam Winkler zwar nicht, Gänsehautmomente gab es beim 4:3-Erfolg über England sowie trotz der 1:2-Niederlage beim Abschiedsspiel von Alexandra Popp gegen Australien aber auch auf der Bank.

„Das war schon besonders. Ich bin dankbar für diese krasse Erfahrung, gerade Wembley war einzigartig“, schwärmt sie und erinnert sich aber vor allem auch an die Trainingsarbeit und ihre Aufnahme im Kreis der Nationalspielerinnen zurück. „Die kannten sich natürlich alle schon und ich bin neu dazugekommen. Aber ich habe mich von Tag zu Tag besser ins Team eingefunden.“ Bundestrainer Christian Wück erleichterte der Essenerin den Start beim neuntägigen Lehrgang: „Er hat vor dem ersten Training zu mir gesagt, dass ich mutig sein und mich nicht verstecken soll. Ich hätte die Berechtigung hier zu sein.“

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Positive Rückmeldungen aus dem Trainerteam

Und das war ein Eisbrecher, denn ein wenig einschüchternd war die neue Situation für Winkler schon: „Ich war überrascht, wie krass professionell alles war. Das hat es einem aber leicht gemacht, Leistung zu zeigen.“ Rückblickend ist sie zufrieden mit sich, denn auch die Rückmeldungen aus dem Trainer-Team waren positiv.

Konnte im Training und rund um die Spiele mit der deutschen Nationalmannschaft viel aufsaugen: Essens Torhüterin Sophia Winkler.
Konnte im Training und rund um die Spiele mit der deutschen Nationalmannschaft viel aufsaugen: Essens Torhüterin Sophia Winkler. © dpa | Uwe Anspach

„Aber ich weiß natürlich, dass auch noch andere Kandidatinnen im Fokus stehen“, ordnet sie ein. Und auch Grohs wird nach einer Mandel-OP bald wieder in die DFB-Auswahl zurückkehren. „Ich muss weiter versuchen, in der Liga Leistung zu bringen und mich zu zeigen. Aber ich will mir darüber keinen Kopf machen, sondern einfach spielen.“

Zwei Tage trainingsfrei – dann geht es nach Bremen

Das darf sie an diesem Samstag (12 Uhr) wieder, denn dann ist die SGS bei Werder Bremen zu Gast. „Eine unbequeme Mannschaft, die wir nicht unterschätzen werden. Gerade nach dem Sieg über Frankfurt“, blickt Winkler schon nach vorne. „Aber wenn wir unsere Leistung bringen, haben wir gute Chancen.“ Dabei soll sie jetzt erst einmal zur Ruhe kommen. Trainer Markus Högner hat ihr eine zweitägige Auszeit verordnet. „Um alles zu verarbeiten. Denn natürlich war das alles für den Kopf schon auch anstrengend. Aber ich denke, ich kann mit Rückenwind und Selbstvertrauen in das nächste Spiel gehen.“

Vor der Rückkehr in den Liga-Alltag muss Winkler aber noch eine andere Frage klären. „Ich habe noch nie ein Trikot von mir irgendwo aufgehängt. Aber jetzt ist doch ein guter Anlass, anzufangen. Ich weiß nur noch nicht, wohin“, lacht sie. Zum Glück durfte sie nach ihrer Länderspielreise gleich zwei behalten. Eines es mit der Rückennummer 21 ist für ihre Eltern reserviert, aber für das zweite soll ein besonderer Platz in den eigenen vier Wänden gefunden werden. Und vielleicht bekommt es ja in Zukunft noch Gesellschaft. Auch gegen eine deutlich kleinere Nummer hätte Winkler perspektivisch dann sicher nichts einzuwenden.

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