Essen. „Ich muss das Emotionale beiseiteschieben“, sagt René Bülten. Der Überruhr-Trainer steht im Essener Oberliga-Derby im Fokus. Für die HSG Am Hallo war er nicht gut genug.

  • Erstmals gibt es in Essen ein Derby in der Handball-Oberliga
  • Das Auftaktspiel zwischen Überruhr und HSG am Hallo ist ein Wiedersehen für HSG-Coach Bülten
  • Er führte Überruhr in die Verbandsliga, musste nach dem Aufstieg aber gehen - jetzt trifft er seinen Ex-Klub in der Oberliga

Auftakt zur neuen Handball-Saison: Die Karten werden neu gemischt – vor jeder Saison, vor jedem Spiel. Das gilt in diesem Jahr erst recht für die Handball-Oberliga, die nach Neugründung des Verbandes Nordrhein und einer Ligen-Reform in drei Gruppen eingeteilt ist.

Der Gruppe 3 sind die Essener Mannschaften zugeordnet: HSV Überruhr, HSG am Hallo und MTG Horst. Und zwischen zwei dieser Konkurrenten knistert es gleich am zweiten Spieltag ganz gewaltig. Am Sonntag (18 Uhr, am Hallo) empfängt der ambitionierte Aufsteiger HSG am Hallo den HSV Überruhr zum ersten Derby der Saison.

Handball Oberliga: zum ersten Mal ein Essener Derby

Auf diesem Leistungsniveau hat es noch nie ein Essener Duell gegeben. Aber nicht nur deshalb verspricht René Bülten: „Das wird eine ganz heiße Nummer.“ Auch für ihn persönlich, denn der HSV-Trainer ist vor gut einem Jahr von der HSG überraschend vor die Tür gesetzt worden, und das knapp zwei Wochen vor dem Start in die Verbandsliga. „Klar, es ist auch für mich ein besonderes Spiel“, räumt er ein. „Aber ich muss das Emotionale am Sonntag beiseiteschieben – so gut es geht.“

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Bülten hatte es damals schwer getroffen. Und ein bisschen schmerzt ihn der Rauswurf wohl immer noch. Dass sich Klub und Trainer trennen, gehört zum Geschäft, aber die Art und Weise war dann doch ungewöhnlich. Bülten war vom damaligen Verbandsligisten HSV Dümpten zum Hallo gewechselt, um dort in der Landesliga eine Mannschaft für höhere Ziele aufzubauen. Der 40-Jährige kannte die Ambitionen des Klubs, der tatsächlich innerhalb von vier Jahren aus der Bezirks- in die Oberliga durchmarschieren sollte. Und sie deckten sich durchaus mit den eigenen Plänen.

HSV-Trainer: Vor einem Jahr noch Rauswurf bei der HSG

Nicht zuletzt waren es auch seine Kontakte, die den zweitligaerfahrenen Simon Ciupinski nach Stoppenberg lockten und eine Art Domino-Effekt auslösten. Weitere Spieler dieses Kalibers folgten, sodass der Liga-Neuling vom Papier her in dieser Spielzeit einmal mehr als Titelfavorit gehandelt wird.

Nach dem Aufstieg in die Verbandsliga traute man bei der HSG am Hallo Trainer René Bülten, der zuvor fast 20 Jahre lang beim Verbandsligisten HSV Dümpten gearbeitet hatte, offenbar nicht mehr zu, bei diesem forschen Projekt mithalten zu können.

„Aus unserer Sicht hat sich keine sportliche Weiterentwicklung eingestellt, was zu Rissen im Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft geführt hat. Deswegen haben wir nun, zu diesem auch für uns unglücklichen Zeitpunkt, die Reißleine gezogen“, hatte der HSG-Vorsitzende Alexander Gerke gegenüber dieser Zeitung Bültens Rauswurf damals begründet.

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Trainer Bülten: „Fühle mich sauwohl beim HSV Überruhr“

Der Geschasste wiederum bewies danach seine Qualität eine Liga höher beim Oberligisten HSV Überruhr. In der sportlichen Krise hatte sich auch Überruhr für einen neuen Trainer entschieden. Und siehe da: Unter der Regie von René Bülten, unterstützt vom Ex-Profi Carsten Ridder (ehemals Tusem), liefen die Fäden zusammen, fanden die Spieler zueinander. Überruhr landete auf Anhieb drei Siege in Folge und spielte fortan mit gestiegenem Selbstvertrauen eine gute Saison. Am Ende wurde es Rang fünf. „Damit haben wir das Optimum herausgeholt“, findet Bülten.

Damals noch glücklich und erfolgreich zusammen: Trainer Rene Bülten (ganz links) stieg mit der Mannschaft der HSG Am Hallo 2023 in die Verbandsliga auf, und musste kurz danach gehen.
Damals noch glücklich und erfolgreich zusammen: Trainer Rene Bülten (ganz links) stieg mit der Mannschaft der HSG Am Hallo 2023 in die Verbandsliga auf, und musste kurz danach gehen. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Der Coach fühlt sich nach wie vor „sauwohl“ in Überruhr, dort werde seine Arbeit wertgeschätzt, sagt er. Der Teamgeist wird gelebt und bleibt auch das Trumpf-Ass des HSV, der einige Leistungsträger verloren hat, sich dafür aber in der Breite besser aufgestellt hat.

„Jetzt haben wir wesentlich mehr Optionen und können einen ganz anderen Handball spielen“, hofft Bülten. Ob es funktioniert? Man wird sehen, denn das Derby am Sonntag ist gleichzeitig Saison-Premiere für HSV Überruhr. Das Heimspiel zum Auftakt musste abgesagt werden, weil die Halle an der Klapperstraße noch immer nicht fertigsaniert ist.

HSG am Hallo ist als Aufsteiger Titel-Kandidat

Die HSG am Hallo ist mit einem 29:23-Erfolg bei TV Aldekerk II gestartet. Der Sportliche Leiter Felix Linden hat den zuvor schon stark besetzten Kader weiter verbessert. Unter anderem mit Marijan Basic (HBD Löwen Oberberg). Der Ex-Profi (unter anderem Dormagen, Ferndorf und Krefeld) war in der abgelaufenen Spielzeit mit 193 Treffern bester Schütze der Oberliga Mittelrhein. Ein weiteres Pfund für das Schwergewicht der Liga.

„Der Kader ist topbesetzt“, bleibt der neue HSG-Coach Peter Nauen allerdings eher bescheiden. „Wir wollen eine gute Rolle spielen.“ Sich finden und in der Liga etablieren, das sei die Marschroute. Wirklich? Die Konkurrenz jedenfalls sieht in dem Aufsteiger aus Stoppenberg einen Titel-Kandidaten.