Essen. Tim Vößing kämpft am 15. Juli in Essen um die Junioren-Weltmeisterschaft. Darum glaubt sein Trainer, dass es der Essener Student schaffen kann.

Ring frei für den Kampf um die Junioren-Weltmeisterschaft im Cruisergewicht. Tim Vößing will es noch einmal wissen. Er ist schon frisch gekürter Deutscher Meister bei den Männern, aber für den 23-jährigen Essener ist es die letzte Chance, sich den vakanten Titel im Nachwuchsbereich zu schnappen. Danach ist die Uhr abgelaufen, Vößing ist schlichtweg zu alt.

Am nächsten Freitag (15. Juli) ertönt an der Fischerstraße der Gong im Essener ChorForum. Gegen Robin Hartwick aus Aschaffenburg wird’s nicht leicht für den Lokalmatadoren, der in seiner noch jungen Profi-Laufbahn bislang eine makellose Serie hingelegt hat. Acht Kämpfe, acht Siege, drei davon durch K.o.. Hartwick ist zwar zwei Jahre jünger als sein Gegner, doch in der Weltrangliste steht dieser auf Platz 95. Sieben Kämpfe hat er gewonnen, aber auch zwei durch K.o. verloren. Vößing hingegen nimmt Position 237 ein. Gewinnt er in einer Woche, würde er allerdings einen riesigen Satz in die Top 100 machen. Und eine ausgezeichnete Referenz wäre es auch.

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Tim Vößing gewinnt mit souveränem Auftritt deutsche Meisterschaft

Vößings jüngster Erfolg ist noch nicht so lange her. Er wurde im Mai auf der Seebühne in Magdeburg in der offenen Klasse Deutscher Meister im Cruisergewicht. Der Schützling von Trainer Sebastian Tlatlik dominierte gegen den 18-jährigen Maximilian Schnell in allen zehn Runden. Ein souveräner Auftritt. Der Essener boxte technisch sauber und taktisch klug, hielt den Gegner auf Abstand. Das sah alles sehr gut aus, keine wilde Keilerei, sondern ein fein geführter Faustkampf. Der Sieg nach Punkten fiel einstimmig aus. Und rund 70 Boxfans aus Essen feierten ihren Champion, der sich damit für den Kampf um die Junioren-WM empfohlen hatte.

Der Deutsche Meister Tim Vößing bei der Arbeit mit seinem Trainer Sebastian Tlatlik.
Der Deutsche Meister Tim Vößing bei der Arbeit mit seinem Trainer Sebastian Tlatlik. © Dirk A. Friedrich

„Tim war von Anfang an hundert Prozent konzentriert, er hat die Taktik super umgesetzt und sich boxerisch enorm weiterentwickelt“, lobt sein Coach. Eine reife Leistung, dabei ist Vößing noch gar nicht so lange dabei. Normalerweise beginnt die Profi-Laufbahn mit Anfang, Mitte 30 - nach etlichen Kämpfen im Amateurlager. Vößing aber bestritt nur ein paar Amateurkämpfe für den Tusem und tauchte schon bald in Essen-Horst bei Boxing Industry auf, dem Gym von Sebastian Tlatlik. 2019 gab der junge Mann in der Grugahalle sein Debüt bei den Profis und schnappte sich auf Anhieb den DM-Titel bei den Junioren.

Student Tim Vößing pflegt im Ring die Boxkultur

Das Boxen sei ein schöner Ausgleich zu seinem stressigen Alltag, sagt Vößing, der gleichzeitig Elektro- und Informationstechnik studiert. Und ähnlich wie einst der große Henry Maske pflegt er die Boxkultur. Tim Vößing scheint das Potenzial für eine Karriere zu haben. Das sieht auch Ulli Wegner so, einer der ganz großen Trainer im deutschen Boxsport, der bei Universum unter Vertrag stand. Er holte Sven Ottke und Markus Beyer ins Profilager und formte sie sowie Arthur Abraham, Yoan Pablo Hernández, Cecilia Brækhus und Marco Huck zu Titelträgern eines Weltverbands. „Wir wollten ihn auch mal drauf gucken lassen und seine Meinung hören“, erinnert sich Tlatlik. Vößing boxte also vor und wurde auch von Wegner für ausbaufähig befunden. Daumen hoch: „Daraus kann was werden.“ Wenn der große Meister das sagt….

Mittlerweile ist Tim Vößing beim Boxstall SES in Magdeburg unter Vertrag, inzwischen der größte seiner Art in Deutschland. Und vor allem ist damit auch für eine gewisse Fernsehpräsenz gesorgt. Vößings Kampf um die Deutsche Meisterschaft wurde ebenfalls von Mitteldeutschen Rundfunk übertragen.

Mit dem Hubschrauber zum Kampf eingeflogen

Vor einem Jahr kündigten ihn Plakate als Haupt-Act an bei einem Kampftag von Boxing Industry auf dem Flughafen in Essen/Mülheim. Damals wurde er mit dem Hubschrauber eingeflogen. So spektakulär kommt der junge Mann nicht daher, er lässt sich aber gut vermarkten. Kein Bösewicht, sondern Typ Schwiegermutters Liebling. Wegen seiner freundlichen und ruhigen Art sei er häufig von seinen Kollegen unterschätzt worden, erinnert sich Vößing und lächelt: „Nach dem Training dann aber nicht mehr.“ Im Ring ist Schluss mit artig. Das soll auch Robin Hartwick zu spüren bekommen.

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