Essen. Essener vertrauten zuletzt stets dem gleichen Team. Gestandene Spieler müssen auf Chance warten - vielleicht am Samstag in Bergisch Gladbach

Felix Weber wird sicherlich gewusst haben, auf was er sich einlässt, als er seinen Vertrag Mitte Oktober beim ambitionierten Regionalligisten Rot-Weiss Essen unterschrieb. 25 Jahre alt ist der Innenverteidiger und schon ziemlich erfahren. Drei Jahre lang spielte er bei 1860 München und führte den Traditionsklub als Kapitän zurück in die 3. Liga, wo er schon gut 50 Spiele bestritten hat. Ein solcher Spieler sollte eigentlich gut genug sein für die 4. Liga. Ist er vermutlich auch, nur beweisen konnte er es bislang noch nicht.

Im Verbandspokal gegen den Landesligisten Wermelskirchen stand er zwar in der Startelf, aber in der Liga ist Webers Präsenz mehr als dürftig. Sechs Minuten kam er im Revierderby gegen RWO zum Einsatz, das war’s. Zuletzt gegen Rödinghausen gehörte der Neuzugang nicht einmal zum Aufgebot. Wohl dem, der sich so einen solchen Luxus leisten leisten kann. Denn auch gestandene Spieler wie Jonas Hildebrandt oder Maximilian Pronichev saßen beim jüngsten 2:0-Heimsieg auf der Tribüne.

In elf Spielen erst sechs Gegentore kassiert

„Es ist für alle, die nicht im Aufgebot sind, richtig schwer, denn die besten Argumente liefert die Mannschaft, und das sind Siege.“, sagt RWE-Trainer Christian Neidhart lapidar. Dabei scheint es, als würde es ihm auch nicht immer leicht fallen, diese Entscheidungen zu treffen. Aber bisher hat es funktioniert, eben weil der Kader auch in der Breite eine außergewöhnliche Qualität besitzt.

Die beiden Innenverteidiger Alexander Hahn und Daniel Heber erledigen ihren Job derzeit tadellos und sind mitverantwortlich dafür, dass die Essener in elf Spielen erst sechs Gegentore kassiert haben. Zwar wurden Hahn und Kevin Grund gegen Rödinghausen ausgewechselt, weil sie Gelb-Rot gefährdet waren, aber Linksverteidiger Felix Herzenbruch fügte sich nahtlos ein, und für Hahn kam nach einer taktischen Umstellung Amara Condé, der das Spiel belebte.

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Qualität in der Breite eröffnet Handlungsspielraum

Natürlich hat Neidhart diejenigen im Blick, die hinten an stehen. „Da weiß man, dass man ruhig und geduldig bleiben muss, dass man der Mannschaft hilft, indem man weiter im Training Gas gibt.“ Um für den Moment bereit zu sein. „Besonders in einer solch langen Saison wie dieser ist es wichtig, jederzeit ohne Qualitätsverlust reagieren und die Belastung steuern zu können“, sagte Neidhart bei der Verpflichtung von Felix Weber. „Da wir mit Hahn und Heber nur zwei gelernte Innenverteidiger im Kader haben, gibt uns Felix einen größeren Handlungsspielraum.“

Die Essener Daniel Heber und Alexander Hahn machen es den gegnerischen Angreifern schwer.
Die Essener Daniel Heber und Alexander Hahn machen es den gegnerischen Angreifern schwer. © Thorsten Tillmann

Doch bislang brauchte Rot-Weiss diesen Spielraum nicht, also muss sich Weber gedulden. „Auch für uns ist das brutal schwer und wir machen es uns auch nicht einfach. Ich glaube, die Jungs, die draußen sitzen, würden in jeder anderen Mannschaft der Liga spielen“, sagt Neidhart und schürt ein wenig Hoffnung: „Das Spiel am Samstag ist das dritte in dieser Woche für uns. Mal gucken wie wir es lösen, ob wir vielleicht auch mal frische Leute bringen.“

Den Teamgeist weiter hochhalten

Aber nicht nur in der Defensive gibt es diese Luxusprobleme. Cedric Harenbrock hat sich in die Mannschaft gespielt, gegen Rödinghausen schon sein drittes Tor gemacht. Dafür musste Condé weichen, und ein Routinier wie Felix Backszat, der seine Klasse über Jahre bewiesen hat, findet sich ebenfalls auf der Bank wieder. Angreifer Marcel Platzek hat in Simon Engelmann einen Konkurrenten, der mit sieben Saisontreffern die besten Argumente auf seiner Seite hat. Wenn, dann geht es für „Platzo“ wohl nur neben bzw. mit Engelmann.

Solange Rot-Weiss Essen erfolgreich ist und niemand ausfällt (Verletzung, Sperre), steht die Mannschaft im Kern fest. Da unterscheidet sich Christian Neidhart von seinem Vorgänger Christian Titz, der das Gesicht des Teams häufiger änderte, was nicht immer nachvollziehbar war für die Außenwelt. Der pure Leistungsgedanke sei es, hieß es damals. Das ist bei Neidhart grundsätzlich nicht anders, nur dass er dem vertraut, was funktioniert. Eine Formation hat sich gefunden und ist erfolgreich. „Ich glaube, wenn du jetzt einen von diesen Spieler rausnehmen würdest, würde auch jeder zurecht sagen, warum veränderst du jetzt irgendwas? Darum bleiben wir unserer Linie treu. Und solange wir unsere Punkte holen, passt das.“

Und dann auch noch ein Appell an die anderen Spieler im Kader: „Es geht auch darum, den Teamgeist weiter hochzuhalten, und dass alle Jungs das mittragen, auch wenn es ihnen schwer fällt.“