Essen. Torschütze zum 2:0 für Rot-Weiss Essen war nach langer Leidenszeit erstmals wieder im Kader. Aber es gab noch eine weitere Erfolgsgeschichte.
Es gibt solche Spiele, da ist man sich nach dem Abpfiff einig: „Ja, das war etwas Besonderes.“ Solche Spiele bleiben haften im Gedächtnis - vielleicht nicht über Jahre, dafür war der verdiente 2:0-Heimsieg der Rot-Weissen gegen Fortuna Düsseldorf II sportlich gesehen zu unspektakulär. Aber es waren zwei Dinge an diesem Abend, die ganz außergewöhnlich waren, die herausragten und Geschichte geschrieben haben.
Immer wieder bohrte die Ungewissheit vor dem Anpfiff. Wird das gut gehen? Klar, die RWE-Fans fragten sich das, dachten dabei aber wohl eher daran, ob ihre Mannschaft gegen einen ungeschlagenen, zuvor viel gelobten Gegner, der bis dahin erst ein Gegentor kassiert hatte, auf Kurs bleiben würde.
Hygiene-Konzept war die Eintrittskarte
Der RWE-Vorsitzende Marcus Uhlig und dessen Team hatten diesen Gedanken natürlich auch, aber für sie war mindestens ebenso wichtig, ob das mit den Zuschauern gut gehen würde. Erstmals nach sieben Monaten gab es wieder eine ordentliche Kulisse an der Hafenstraße, nachdem Corona die Fans aus dem Stadien verbannt hatte.
Ein richtig geiles Spiel gemacht
Christian Neidhart (RWE): „Wir steigern uns von Woche zu Woche, haben ein richtig geiles Spiel gemacht und das Ding sehr souverän gespielt. In der zweiten Hälfte konnte Düsseldorf das Tempo nicht mehr so mitgehen, der Kopfballtreffer von Grote war dann der Dosenöffner. Wir sind momentan sehr stabil und lassen wenige Chancen zu.
Nicolas Michaty (Fortuna): „Essen hat das Spiel über 90 Minuten kontrolliert und bewiesen, warum sie Aufstiegsfavorit sind. Der Sieg ist hochverdient. Wir waren nicht mutig genug.“
5000 Zuschauer durften kommen, ein ausgeklügeltes Hygienekonzept war die Eintrittskarte. Und Uhlig musste anschließend zugeben, dass er schon vor dem Spiel eine Gänsehaut bekommen hatte. Und die Fans machten Stimmung, was nicht schwerfiel angesichts der guten und abgeklärten Vorstellung des Gastgebers, der der leidenschaftlichen Gegenwehr mit viel Geduld begegnete.
Fans haben ihren Anteil an diesem Sieg
„Es war schon einige Male die alte Hafenstraße zu hören. Die Fans hatten definitiv Anteil an diesem Sieg“, meinte Uhlig. RWE-Trainer Christian Neidhart sah es genauso. Man habe deutlich gespürt, dass eine solche Unterstützung von den Rängen pusht. „In Phasen, in denen wir unsere Fans brauchten, waren sie da.“ Und alle waren richtig aus dem Häuschen, als Cedric Harenbrock das 2:0 (80.) erzielte.
Simon Engelmann hatte den Ball mit dem Kopf verlängert und schon lief Harenbrock mutterseelenallein auf das Düsseldorfer Tor zu. Der junge Mann vollendete schließlich cool und überlegt. „Souverän wie ein alter Hase“, lobte Neidhart.
Harenbrock hat schwere Zeit hinter sich
„Für Cedi habe ich mich ganz besonders gefreut“, gab Uhlig zu. Er habe den verschwitzten Kicker nach Schlusspfiff spontan in den Arm genommen. „Er ist ein toller Junge, der eine ganz schwere Zeit hinter sich hat. Dass er sich heute so belohnt hat, ist eine richtig gute Geschichte.“
Wohl wahr, denn dieser junge Fußballer hat eine Leidenszeit hinter sich, die manch anderen wohl zur Aufgabe bewegt hätte. 2017 aus der A-Jugend mit großen Hoffnungen aus Leverkusen nach Essen gekommen, riss sich Cedric Harenbrock im April 2018 das Kreuzband. Kaum genesen, erlitt er im Januar 2019 die gleiche Verletzung.
Schuhe und Trikotnummer gewechselt
Am Freitag stand er nun da, dieser „Sympathikus“, antwortete freundlich, höflich, aber in der Sache verbindlich und durchaus selbstbewusst. Und wenn man ihn so anschaut, mag man den Kämpfer in ihm nicht so entdecken. Aber der muskulöse Körper liefert Hinweise auf die Entwicklung.
Nach dem zweiten Kreuzbandriss musste sich etwas ändern. Harenbrock warf seine alten Fußballschuhe in die Tonne, wechselte auch die Marke. Er wählte das Trikot mit der Nummer 8, das durch den Weggang von Enzo Wirtz frei geworden war, weil er diese Nummer schon in der Jugend hatte. Dass Torjäger Simon Engelmann Harenbrocks 11 wünschte, kam da gerade recht.
Gleichwohl war der Aberglaube kaum entscheidend für das Comeback, sondern mehr die intensiven Schichten im Kraftraum. Es war eine schwere Zeit. Und erleichtert genoss Harenbrock den Jubel nach seinem 2:0, saß auf dem Rasen, schloss die Augen und sog ihn förmlich auf. Geschafft - endlich.
Ein großer Moment für den Torschützen
„Ich wusste erst gar nicht wie ich jubeln sollte“, grinste der junge Mann später. Alle hätten geschrien und ihm gratuliert. Es sei wie ein Traum gewesen. „Ich habe es nur rauschen gehört.“ Und jeder gönnte ihm diesen Moment. Und wie sich der Torschütze fühlte, war nicht zu übersehen. Ein großer Moment, den er „sehr weit oben“ in seiner bisherigen Laufbahn einordne.
„Cedi war raus, aber er hat eine richtig gute Vorbereitung gespielt“, schildert Chef Neidhart. „Man merkt, dass er richtig Lust hat, und ich habe im im Training gesagt, bleib ruhig, bleib dran, du wirst irgendwann deine Möglichkeit kriegen.“ Gegen Düsseldorf war es soweit. Harenbrock war in dieser Saison erstmals im Kader, kam, traf und siegte.