Essen. Eine Stunde mühte sich der Regionalligist sehr umständlich. Sauerland scheint der erste Pechvogel. Neuzugang Schlüsselburg spielte auffällig.

Ein Anfang ist gemacht, aber der war schwer: Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen brauchte eine einstündige Anlaufzeit, ehe das Team von Neutrainer Christian Neidhart beim 11:0 (4:0)-Sieg über den Bezirksligisten VfB Bottrop in der zweistündigen Spielzeit so richtig ins Rollen kam. Für Trainer Neidhart der Beweis, dass es nach der langen Coronazeit nur ein Rezept gibt: „Spielen, spielen, spielen!“. Darum übte er sich auch in Nachsicht, was die Anlaufschwierigkeit seiner Truppe anging: „Wir müssen erst das Gefühl, die Selbstverständlichkeit für das Spiel wiederfinden.“

RWE-Keeper Golz bekam mehr Arbeit als gedacht

Zu Anfang wurde noch vergeblich gesucht, die Führung nach zwei Minuten durch Ayodele Adetula, der in der Mitte nur noch den Fuß hinhalten musste, war trügerisch und stellte noch nicht die Weichen zur Torflut. Außerdem trafen die Essener auf einen Gegner, der in diesem Jahr mit Macht der Landesliga entgegen eilen möchte und sich 50 Minuten lang mutig gegen den hohen Favoriten wehrte. Und frech aufspielte: So musste sich RWE-Keeper Jakob Golz nach 16 Minuten mächtig strecken gegen den tückischen Aufsetzer des Bottropers Kudret Kanoglu. Einen weiten Ball des VfB-Stürmers David Fojcik (40.) lenkte der in der ersten Spielhälfte mehr beschäftigte RWE-Torhüter gerade noch an die Latte, eine Minute später kam Fojcik bei einem Pass den berühmten Schritt zu spät, sonst hätte es gar 1:1 gestanden.

Neuzugang Simon Engelmann lieferte seine ersten Tore

„Der Gegner hat es die ersten 60 Minuten richtig gut gemacht, wir haben es ihnen allerdings auch einfach gemacht“, zollte Neidhart den Gastgebern, die quasi ohne Training in dieses Testspiel gingen, den verdienten Respekt. Bis dahin hatten die Essener bereits ihre Schreckminute hinter sich, vielleicht auch den ersten ernsthaften Verletzten dieser Saison: Nach einem eher harmlosen Zweikampf blieb David Sauerland (40.), offensichtlich im Rasen hängen geblieben, mit Schmerzschreien am Boden liegen. Mit dickem Eisbeutel ums Knie wurde er gleich ausgewechselt, der RWE-Trainer möchte allerdings nicht spekulieren: „Ich denke positiv, aber es sah wirklich nicht gut aus, wir wollen erst einmal den Kernspin abwarten, das wäre natürlich bitter für ihn.“ Das Wort „Kreuzband“ machte die Runde.

Sehr souverän im Zweikampfverhalten und gar nicht wie ein ehemaliger Jugendspieler: Felix Schlüsselburg.
Sehr souverän im Zweikampfverhalten und gar nicht wie ein ehemaliger Jugendspieler: Felix Schlüsselburg. © FFS | Thorsten Tillmann

Rechtzeitig vor Ende des ersten 60minüten Spieldurchgangs setzte dann auch Neuzugang Simon Engelmann die ersten Duftmarken im neuen Trikot: Beim 2:0 (48.) stand er am Elfmeterpunkt sträflich frei, beim 4:0 zehn Minuten später ließ er cool den VfB-Torhüter aussteigen und vollendete in den Winkel. Aber auch dem Regionalliga-Torjäger der vergangenen Saison war die lange Spielpause anzumerken, auch die Abstimmung mit den neuen Sturmkollegen ist noch ausbaufähig.

Auch zwei Gastspieler standen im Fokus

Der Fokus der wenigen Essener Zuschauer unter den 240 Gästen richtete sich natürlich auf die Neuen, und da sammelte der früher als geplant für Sauerland eingewechselte Felix Schlüsselburg fleißig Anerkennungspunkte. Ruhig, abgeklärt, mit cleverem Zweikampfverhalten, verrichtete der ehemalige Dortmunder Jugendspieler seine Aufgabe und erntete zurecht das Lob seines Trainers: „Fußballspielen kann der Junge, er hat sehr erwachsen gespielt, man merkte ihm nicht an, dass er aus der U19 kommt“, so Neidhart, der sehr lange nach seiner Auswechselung mit dem Neuzugang sprach, aber da ging es nicht ums Spielerische: „Ich habe ihm gesagt, er soll ein bisschen offener sein und nicht so ernst herumlaufen.“

Konnte auf sich aufmerksam machen: Gastspieler Sandro Plechaty spielte im Angriff sehr auffällig
Konnte auf sich aufmerksam machen: Gastspieler Sandro Plechaty spielte im Angriff sehr auffällig © FFS | Thorsten Tillmann

Auch zwei Gastspieler, die seit Anfang der Woche im RWE-Training standen, wurden auf ihre Tauglichkeit geprüft: Hierbei hinterließ Sandro Plechaty, einer der Leistungsträger zuletzt bei Schalkes U23, in der Offensive den auffälligeren Eindruck. Der 22-Jährige hatte ein Schalker Angebot auf Vertragsverlängerung überraschend abgelehnt. „Er will den nächsten Schritt in seiner Karriere machen, spielt frech auf und geht gerne in Eins-gegen-Eins-Situationen“, wusste sein ehemaliger Trainer Manni Dubski auf der Tribüne im Jahnstadion zu berichten. „Er hat mir sehr gut gefallen, geht gut in die Zweikämpfe“, so das Urteil vom RWE-Coach.

RWE lässt sich bei den Testspielern Zeit

Aber auch der zweite Gast, der Bosnier Stefan Rankic (19, Union Berlin U19), machte seine Sache auf der Innenverteidiger-Position ordentlich. Neidhart: „Wir haben ihn schon länger auf dem Zettel, leider erfüllt er für uns nicht die U-Regel.“ In beiden Fällen wollen sich die Rot-Weissen kurzfristig entscheiden, aber Neidhart sagt auch: „Wir haben keinen Druck, wir lassen uns Zeit.“

RWE, erste 60 Minuten: Golz, Sauerland (40. Schlüsselburg), Heber, Hahn, Grund, Kehl-Gomez, Pronichev, Kefkir, Engelmann, Adetula.

RWE, zweite 60 Minuten: Davari, Herzenbruch, Rankic, Hildebrandt, Schlüsselburg (75. Neuwirt), Condé, Dahmani, Dorow, Plechaty, Platzek, Futkeu.

Tore: 0:1 Adetula (2.), 0:2 Engelmann (48.), 0:3 Pronichev (56.), 0:4 Engelmann (58.), 0:5 Futkeu (63.), 0:6 Dorow (73.), 0:7, 0:8 Platzek (78. und 81.), 0:9 Futkeu (82.), 0:10 Eigentor (104.), 0:11 Dorow (FE, 108.).