Essen. Detlef Loeschin hat turbulente Jahre mit Schicksalsschlägen hinter sich. Danach hat er sein Leben neu geordnet und ist heute ein kreativer Geist.

In der vergangenen Saison wird sich Detlef Loeschin beim Blick auf die Tabelle der Frauenfußball-Bundesliga vermutlich einige Male die Augen gerieben haben und den Einzug der SGS Essen ins DFB-Pokalfinale gegen VfL Wolfsburg dürfte auch er nicht unbedingt erwartet haben. Dabei kennt er den Klub von der Ardelhütte ziemlich gut: Fast vier Jahre lang begleitete er das Team als Koordinator und Pressesprecher, fungierte dabei als Bindeglied zwischen Spielerinnen und Vereinsführung.

Aus beruflichen Gründen aber gab Loeschin sein Ehrenamt vor fast neun Jahren auf. Sowohl bei der SGS, aber auch bei ihm persönlich ist danach einiges passiert. Den Abstieg hatte Schönebeck damals durch ein 1:1 am letzten Spieltag gegen den SC Freiburg noch abwenden können und sich nach der Saison vom langjährigen Trainer Ralf Agolli getrennt. Doch die Zeiten haben sich auf beiden Seiten geändert.

Ehrenamt mit Berufsleben nicht vereinbar

Dass die SGS neun Jahre später am Ende Tabellenfünfter ist noch vor dem 1. FFC Frankfurt, war damals unvorstellbar. Genau so wie die Tatsache, dass in Lea Schüller, Turid Knaak, Marina Hegering und Lena Oberdorf gleich vier A-Nationalspielerinnen zum Kader gehörten, die zum Saisonende die SGS aber bekanntlich verlassen haben.

Was Loeschin nach seiner Zeit bei der SGS durchlebt hat, vermag die Entwicklung an der Ardelhütte noch zu übertreffen. Zunächst einmal wurde ihm klar, dass sein Ehrenamt nicht länger mit der Arbeit in einer von ihm und seiner Frau geführten Steuerberatungskanzlei vereinbar war. „Ich stand damals so gut wie jeden Abend auf dem Trainingsplatz. Am Wochenende bei den Spielen war ich natürlich auch dabei. Darunter hat der Beruf gelitten“, erklärt der heute 56-Jährige.

Vor zehn Jahren war Detlef Loeschin noch Teamkoordinator bei der SGS, schon damals war Markus Högner Trainer an der Ardelhütte.
Vor zehn Jahren war Detlef Loeschin noch Teamkoordinator bei der SGS, schon damals war Markus Högner Trainer an der Ardelhütte. © Arnold Rennemeyer

Halt verloren nach private Schicksalsschlägen

Doch so ganz ohne Fußball ging es dann doch nicht weiter. 2012 begleitete er seinen Freund Otto Rehhagel zur Wahl des Bundespräsidenten nach Berlin. Dass es Joachim Gauck wurde, war weniger spannend. Vielmehr knüpfte Loeschin den Kontakt zum parlamentarischen Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel. 2016 holte dieser ihn für ein halbes Jahr nach Berlin und betraute ihn mit der Vorbereitung der Jahrestagung der Asian Development Bank (ADB) in Frankfurt. Dort beraten Finanzminister, Notenbankchefs sowie Vertreter aus der Wirtschafts- und Finanzwelt über die Zukunft der europäisch-asiatischen Wirtschafts- und Finanzkooperation. Eröffnet wurde die viertägige Tagung von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Für Loeschin war es eine gute Gelegenheit, Abstand zu gewinnen. Denn privat wurde sein Leben kurz zuvor von zwei Schicksalsschlägen erschüttert: Innerhalb von nur 43 Tagen waren seine Eltern verstorben. Als Loeschin schließlich nach Essen zurückkehrte, holte ihn die Realität aber schnell wieder ein und er verlor den Boden unter den Füßen. „Ich habe immer am Limit gelebt, es gab keine Entspannung“, sagt er rückblickend. Das Ergebnis: ein kompletter Zusammenbruch.

Kreativität als Lebenshilfe

Fünfeinhalb Monate war Loeschin von der Bildfläche verschwunden und unterzog sich „intensiven Behandlungen“ in verschiedenen Kliniken. Burn Out und schwere Depression lautete die Diagnose.„Das war eine harte Zeit“, gesteht er. „Aber mir hat sie geholfen, zu mir selbst zu finden. Deshalb kann ich nur jedem empfehlen, zu dieser Krankheit zu stehen und offen damit umzugehen.“

Drei Jahre ist das nun her, und Loeschin hat seither sein Leben neu geordnet. „Heute bin ich vollkommen zufrieden und weiß: Kreativität ist das, was dich am Leben hält.“ Und die half ihm auch, zusätzlich noch die Scheidung von seiner Frau durchzustehen. „Man kann schon sagen, dass sich mein Leben seit meinem 50. Geburtstag vor sechs Jahren vollkommen verändert hat“, resümiert er. Statt mit Steuern lebt Loeschin seine entdeckte Kreativität beim Schreiben von Romanen aus.

Glaubwürdige Geschichten aus dem Leben

Unter dem Pseudonym Linda May verfasst er erotische Literatur. „Es sind glaubwürdige Geschichten aus dem Leben, die nicht ins Schmierige gehen“, hält er fest. Sein erstes Werk „Marie“ erreicht aktuell Verkaufszahlen im „höheren vierstelligen Bereich“. Aktuell sind gleich vier Bücher auf dem Markt.„Kreatives Schreiben war schon immer meine Leidenschaft. Und das werde ich so lange weitermachen, wie mein Kopf mir Fantasien liefert“, sagt Loeschin. Und zwar ganz ohne den Druck und die Hektik, die ihn früher angetrieben haben.