Essen. Beim Trainingsauftakt herrscht eine energiegeladene Atmosphäre. Am 29. Juli steigt das Traditions-Testspiel gegen Rot-Weiss Essen..
Der neue Ton am Uhlenkrug ist unüberhörbar: „Wenn der Ball auf den Boden fällt – Stromstoß“. Die Anweisungen des neuen Nachwuchstrainers Karsten Neitzel sind rauh, aber herzlich. Gemeint waren die Spieler beim Fußball-Oberligisten ETB Schwarz Weiß Essen zum Trainingsauftakt am Sonntag. Keine Frage, es weht ein frischer Wind durch die alt ehrwürdigen Gemäuer im Essener Süden. Vielleicht verfolgte ETB-Ehrenpräsident Heinz Hofer auf der Tribüne die erste stimmgewaltige Übungseinheit aus diesem Grund mit einem Fahrrad-Sturzhelm. Eins steht fest: Nachdem der Traditionsverein zur neuen Saison hin mächtig abspecken musste, ist nun Improvisationstalent und Kreativität gefragt.
Kein anderer Essener Verein in dieser Liga hat einen ähnlichen Aderlass zu verzeichnen. Zur ersten Übungseinheit versammelten sich gerade mal 15 Aktive auf dem grünen Teppich. Reichlich Stammpersonal hat in der langen Pause den ETB verlassen: Torhüter Kai Gröger (hört auf), Danny Walkenbach (SW Alstaden), Robin Riebling (FSV Duisburg), Robin Fechner (TVD Velbert) Tristan Richter (BGÜ), Malek Fakhro (SV Straelen), Athanasios Tsourakis (VfB Speldorf) und Marvin Ellmann (Hö-Nie) wollen erst einmal ersetzt sein.
Jürgen Lucas’ Netzwerk ist ein Glücksfall
Die Schwarz-Weißen können von Glück sagen, dass sie nun mit Jürgen Lucas über einen sportlichen Leiter verfügen, der über ein entsprechendes Netzwerk verfügt. Anders wäre ein Wechsel von Marcel Lenz vom „großen Bruder“ RWE gar nicht denkbar gewesen. Auch Ismail Remmo (Schonnbeck), Simon Neuse (ESC Rellinghausen) und Ribene Nguanguata (Hö-Nie), der noch nicht verpflichtet ist, aber schon mittrainiert, sind alte Lucas-Schützlinge aus der rot-weissen Jugendzeit.
Der Kader soll nun ganz allmählich auf 21, 22 Spieler anwachsen, das Transferfenster hat ja bis Ende Oktober dieses Mal geöffnet. Die Vorbereitung am Uhlenkrug verläuft in zwei Teilen. Die erste Phase dient dem Kennenlernen, mit dem abschließenden Höhepunkt, wenn am 29. Juli Rot-Weiss Essen um 18 Uhr zum Testspiel vorbeischaut. Danach gibt es ein dreiwöchiges Break. „Zur zweiten Vorbereitungsphase wollen wir dann komplett sein, bevor es Anfang September in der Liga losgeht“, umreißt Jürgen Lucas den Plan.
Im Angriff wartet der Königstransfer
Bis dahin herrscht noch Bedarf auf allen Positionen, vor allem aber nach dem „Kahlschlag“ im Angriff. Der talentierte Linksaußen Robin Wolters, der durch seine schnelle mutige Spielweise vorige Saison auf sich aufmerksam machte, bekommt auf jeden Fall noch gestandenes Personal an die Seite. „Das muss nicht nur finanziell passen, sondern auch sportlich, da brauchen wir echte Qualität“, umreißt Cheftrainer Ralf vom Dorp das Anforderungsprofil. Gut möglich, dass der sportliche Leiter auf dieser Position einen namhaften Königstransfer stemmt, der schon höherklassige Erfahrung mitbringt.
Und dann müssen wirklich alle an einem Strang ziehen, dass der Fußball beim ETB wieder zu neuem Leben erwacht, da werden alle mit ins Boot geholt, auch die oftmals gewohnt kritischen Zuschauer: „Die Leute am Uhlenkrug sollen wieder Spaß am Fußball haben, wir wollen mutig und mit Power auftreten - aber wir müssen der Jugend gerade in der Anfangsphase auch Fehler verzeihen“, hofft Jürgen Lucas, der seine Motivation daraus zieht, wie sich die vielen Ehrenamtlichen im Hintergrund einbringen, „ackern und sich total mit dem Verein identifizieren.“
Regelmäßige Förderspiele für die Jugend
Ein wichtiger Baustein in der Planung wird der Unterbau sein, hier hoffen die Verantwortlichen, dass die U15, die U17 und die U19, die alle noch ihre Qualifikationsspiele bestreiten müssen, die Niederrheinliga halten. Einmal die Woche ist für alle drei Teams ein Fördertraining geplant, um das sich Ex-RWE-Coach Karsten Neitzel fast schon ehrenamtlich kümmert. „Und es wird Förderspiele geben, die auch tatsächlich stattfinden“, verspricht Lucas, der jetzt schon zwei, drei Talente „für oben“ im Auge hat.
Mit der Zielsetzung gibt man sich auf der sportlichen Führungsebene noch zurückhaltend, erst muss der Kader weiter an Kontur gewinnen. Trainer vom Dorp hat sich in der Liga einmal umgehört, die meisten plädieren für eine einheitliche Oberliga mit 23 Teams. „Das stellt natürlich eine hohe Anforderung an alle Beteiligten, die ein Berufsleben haben und vor etlichen Englischen Wochen stehen. Darum brauchen wir zum Start eine topfitte Mannschaft. Immerhin haben alle vier Monate nicht gespielt. Und Waldläufe ersetzen kein Training“, weiß der Cheftrainer.