Essen. RWE-Kolumnist Uwe Strootmann über das virtuelle Duell am Aachener Tivoli und das endlose Warten der Vereine auf die Entscheidung des Verbandes.
Das große Ding dieser Tage heißt „virtuell“. Wir kaufen virtuelle Tickets und sehen virtuellen Spielen zu. Wir erleben unseren RWE aktuell nicht mehr im Stadion. Dafür eben umso mehr virtuell. Laut Wikipedia bedeutet virtuell folgendes: „Virtuell ist die Eigenschaft einer Sache, nicht in der Form zu existieren, in der sie zu existieren scheint, aber in ihrem Wesen oder ihrer Wirkung einer in dieser Form existierenden Sache zu gleichen“.
Dieses Dreckschüppengesicht von einem Virus nervt
Nun gut, die Erklärung auf jener allseits bekannten Wissensplattform geht noch einen Satz weiter, aber der ist für uns unerheblich. Was nun ohne Wenn und Aber zählt, ist der Fakt, dass virtuelles Agieren in diesen Wochen (und Monaten) fast die einzige Möglichkeit für Rot-Weiss Essen bedeutet, auch nur ansatzweise Einnahmen zu generieren. Kein Spielbetrieb, keine Einnahmen. Dieses Dreckschüppengesicht von einem Virus nervt.
Trotzdem habe ich den Eindruck, dass man an der Hafenstraße noch nicht ganz entnervt ist und dem unsichtbaren Gegner weiterhin trotzt. Warum eigentlich kann Corona nicht irgendein hässliches, mörderisches Fabelwesen aus (zum Beispiel) Game of Thrones oder Herr der Ringe sein; welches drölfzig Meter groß und Feuer spuckend durch die Gegend trampelt und virenschleudernd Leben nimmt. Dann wären nicht nur die wenigen Zweifler beruhigt, sondern man hätte das ungute Gefühl endlich einmal visualisiert.
Über 11.000 Fans aus beiden Lagern waren dabei
Obwohl: Auch keine so tolle Vorstellung jetzt. Nun gut, es ist wie es ist, und somit fand die Begegnung zwischen Alemannia Aachen und Rot-Weiss Essen vergangenen Samstag nicht auf dem grünen Rasen des Tivoli statt, sondern an der Konsole. Dabei sein wollten über 11.000 Fans aus beiden Lagern. Virtuell natürlich! Beide Vereine haben ihr Herz in die Hand genommen und diese so ungewöhnliche Austragung sehr gut gemeistert! Es waren unterhaltsame 90 Minuten, die uns Fans geboten wurden.
Okay, bei Erik Meijer drohte ich kurz einzuschlafen, aber er muss sich seine verbale Power ja auch für die TV-Übertragungen aufbewahren. Ansonsten gab es viele schöne Erinnerungen und Einspielungen. Unter dem Strich hat Rot-Weiss Essen mit 1:2 bei Alemannia Aachen verloren. RWE in Form von Marcus Uhlig hatte seine Konsole nicht so unter Kontrolle wie Martin vom Hofe diese für die Alemannia. Hätte es aber zusätzlich einen Punkt für die Moderation der Stadionsprecher gegeben, so hätten wir mit diesem den Ausgleich geschafft. Der Aachener Seriosität konnte Rot-Weiss Essen durch „Platzproll“ Christian Ruthenbeck mit flapsiger Spontanität aus dem Pott entgegenhalten.
Ein weiterhin fast untragbarer Zustand
Aber, es war am Ende des Tages eben auch ein weiteres Spiel, welches nicht wirklich stattgefunden hat. Die Distanz seit dem letzten Ligaspiel wird von Woche zu Woche länger. Und noch immer wurde von Verbandsseite keine endgültige Entscheidung getroffen, wie es sich mit der laufenden Saison nun verhalten wird. Für die kleinen Vereine der großen Fußballkultur ein weiterhin fast untragbarer Zustand.
Rot-Weiss Essen weiß weiterhin nicht, welchen Weg man nehmen muss. Man hat zwar eine dunkle Vorahnung, entwirft immer wieder neue Vorschläge. Rechnet, kalkuliert, macht und tut. Ist medial so präsent wie noch nie und genießt emotional gerade einen unglaublichen Zuspruch. Aber eigentlich wartet man doch nur auf den entscheidenden Anruf. Dann endlich kann man sich an der Hafenstraße einmal kräftig durchschütteln und die kommenden Dinge konkret angehen. Einen Vorteil haben wir wenigstens mit der Lizenz sowohl für die Regionalliga, aber eben auch für die dritte Bundesliga.