Essen. Essener suchen weiter neuen Vorstand. Kandidat hat sich kurzfristig zurückgezogen. Finanziell ist die Lage unsicher. Und Trainer wurde entlassen.
Es sollte ein Wochenende im Zeichen des Aufbruchs und der Entscheidungen werden bei den Wohnbau Moskitos. Für Sonntag hatte der ESC zu der seit zwei Jahren überfälligen Jahreshauptversammlung inklusive Vorstandswahlen geladen. Und nach rund anderthalb emotionalen Stunden im VIP-Raum der Eissporthalle schienen sich viele der 84 erschienenen Mitglieder, mit einem guten oder zumindest besseren Gefühl als zuvor auf den Heimweg zu machen.
Dabei war die JHV nicht wie erwartet abgelaufen: Ein neuer Vorstand wurde nicht gewählt - und die Zukunft des Eishockey-Oberligisten erscheint nach wie vor vage. Denn in den 48 Stunden ergaben sich Umstände, die wohl ausreichen würden, um eine ganze Saison mit Chaos zu füllen.
Thomas Haver steht überraschend nicht mehr zur Verfügung
Thomas Haver zog seine Kandidatur für den Vorstand zurück. Daraufhin verzichteten auch einige Kandidaten für den Aufsichtsrat. Chefcoach Larry Suarez wurde freigestellt. Und schließlich der brisante Wechsel von Topscorer Lars Grözinger zum Herner EV kurz vor Ablauf der Transferfrist. All das sorgte dafür, dass die 1:7-Niederlage des ESC bei den Crocodiles Hamburg nur noch eine Randnotiz war.
Die meisten dieser Ereignisse waren zu Beginn der Versammlung noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. So informierte Aufsichtsratsmitglied Thomas Schiemann, der als Moderator durch die Veranstaltung führte, die Besucher nach und nach, was sich zugetragen hatte und warum man keine neue Vereinsführung wählen könne.
Verantwortliche zeigen Verständnis für Entscheidung
Der erste Dominostein, so die Verantwortlichen, war am Samstagmorgen gefallen. Da zog Thomas Haver, bereits seit vergangenem Sommer gemeinsam mit Thomas Wilken und seit Ende 2019 auch mit Simone Wettstein im Namen des Vorstands tätig, seine Kandidatur zurück. Aus „privaten und beruflichen Gründen“, heißt es offiziell. Haver selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.Plötzlich fehlte der erforderliche dritte Kandidat für die Führungsriege.
Wettstein sprach nach der JHV von einer für sie „überraschenden“ Entscheidung, meinte aber auch: „Wir haben dafür Verständnis, auch wenn der Zeitpunkt nicht der günstigste war.“ Als Reaktion auf Havers Rückzug haben wohl Markus Bokelmann und Jochen Schramm auf ihre Kandidatur für den Aufsichtsrat verzichtet.
Wettstein und Wilken wollen weitermachen, suchen nun nach einem neuen Mitstreiter. Die Mitglieder nahmen es relativ gelassen auf. Für weitaus mehr Unmut sorgte aber die Tatsache, dass kein Geschäftsbericht vorgelegt wurde. „Einfache Frage: Sind wir pleite oder nicht?“, raunte ein Mitglied, ohne eine klare Antwort zu erhalten.
Laufende Saison wird definitiv beendet
Zwar werde die laufende Saison definitiv beendet, entgegnete Schiemann, öffentlich wolle man sich aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht detailliert äußern. Nach Informationen dieser Zeitung haben die Moskitos in den vergangenen Monaten zwar einen Großteil ihrer Altlasten abgebaut. Doch noch gibt’s eine Lücke im Etat. Ob diese rechtzeitig beseitigt werden kann, entscheidet sich frühestens in dieser Woche. Dann stünden richtungsweisende Gespräche mit Sponsoren an.
Auf die Frage, ob die Moskitos auch nächste Saison in der Oberliga spielen werden, erklärte Wilken: „Eine Garantie gibt es nie. Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass zugesagte und geplante Zahlungen rechtzeitig eintreffen.“
Mitglieder bieten ihre Hilfe an
Zuspruch, aber auch Kritik gab es am Sonntag außerdem für Torsten Schumacher und Ismail Tekin. Das amtierende Führungsduo hat sich längst aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Beide verteidigten ihre Handlungen in der Vergangenheit, gaben aber „Management- und taktische Fehler“ zu.
Gegen Ende der Versammlung ergriff Wilken selbst das Mikrofon. In einer beherzten Rede bat er die Mitglieder um ihre Unterstützung und schwor sie ein. Tenor: Sobald ein neuer, dritter Kandidat für den Vorstand gefunden sei, solle es eine neue Versammlung geben. Applaus brandete auf. Und als mehrere Mitglieder Wettstein und Wilken nach der JHV ihre Hilfe anboten, da lag tatsächlich ein Hauch von Aufbruchsstimmung in der Luft.
Sportliche Entwicklung stagniert
Nur knapp vier Monate nach Amtsantritt haben die Moskitos ihren Chefcoach Larry Suarez freigestellt. Der 55-Jährige hatte erst im Oktober die Nachfolge von Frank Gentges angetreten. „Leider hat sich die sportliche Situation nicht wie erhofft entwickelt, so dass wir das Saisonziel, die Teilnahme an den Pre-Playoffs, gefährdet sehen“, erklärte Wilken. Der Klub will zeitnah einen Nachfolger präsentieren.