Essen. Rot-Weiss Essen agiert in der Defensive zu fahrlässig und ermöglicht Außenseiter VfB Homberg das 2:0. Danach fehlen Fortune und Ideen.

Ernst und verbissen die Mienen, um die Nase etwas blass - die Rot-Weissen sahen aus, als kämen sie gerade von einer Beerdigung. In RWE-Chef Marcus Uhlig brodelte es, stinksauer war er, auch das war nicht zu übersehen. Und in der Essener Kabine herrschte Grabesstille, während gegenüber der Gast ausgelassen feierte. Lange Gesichter hier und eine vermutlich lange Partynacht dort. Der kleine VfB Homberg, das Kellerkind der Regionalliga, hatte dem großen RWE ein Bein gestellt, und der Titelanwärter fiel. Die Homberger bejubelten das für sie sensationelle 2:0 (2:0) wie den Klassenerhalt.

Der Außenseiter hatte praktisch keine richtige Chance und fühlte sich reichlich beschenkt. Und die Essener grämten sich zurecht über ihr Missgeschick. Sie hatten eine vermeintlich leichte Aufgabe nicht lösen können und Punkte eingebüßt. Mit sechs Zählern Rückstand auf Tabellenführer SV Rödinghausen (ein Spiel mehr) gehen sie nun in die Winterpause, zwei liegen sie hinter dem SC Verl (ein Spiel weniger).

Sauer und enttäuscht Christian Titz.
Sauer und enttäuscht Christian Titz. © Thorsten Tillmann

Trainer Christian Titz kritisiert fehlende Bereitschaft

Die Gastgeber haben sich praktisch selbst auf die Verliererstraße manövriert und fanden keine Gelegenheit mehr abzubiegen. Nie zuvor hatte man RWE-Trainer Christian Titz so unzufrieden gesehen. Und diese Unzufriedenheit fasste er auch in Worte: „Es gibt Tage, die können so laufen. Man spielt auf ein Tor, du kriegst zwei Schüsse drauf, die sind drin und du verlierst das Spiel. Das wäre die eine Wahrheit. Ich habe heute auch eine andere gesehen.“ Und dann kritisierte der Chefcoach das fahrlässige, weil inkonsequente Defensivverhalten seiner Spieler. „Bei Mannschaften, die über Konter kommen, musst du diese hohen Bälle sauber verteidigen. Wir haben in den ersten 20 Minuten nicht mit dieser Bereitschaft verteidigt, um diese Bälle klar und konsequent zu unterbinden. Das ist das, was mich ärgert.“

Beim 0:1 verlor Rot-Weiss den Ball im Mittelfeld, Patrick Dertwinkel konnte mit der Kugel unbedrängt auf das RWE-Tor zulaufen, er lief und lief, ohne dass jemand ihn störte. Aus 25 Metern nahm er schließlich Maß und traf in den Winkel zum 1:0 (16.). Ein geschenktes Traumtor. Und kein gutes Zeugnis für das Essener Rückzugsverhalten. Gut möglich, dass da ein zweikampfstarker Abräumer wie Kapitän Marco Kehl-Gomez (Gelbsperre) fehlte.

Die Überraschung an der Hafenstraße.
Die Überraschung an der Hafenstraße. © Thorsten Tillmann

Der Optimismus hielt sich bis in Hälfte zwei

RWE blieb wie gewohnt geduldig, auch auf der Tribüne steckten sie diesen Dämpfer mit einem gewissen Selbstverständnis weg. Oft genug schon waren die Essener in dieser Saison in Rückstand geraten und hatten das Ding noch gedreht. „Das wird schon“, dieser Optimismus hielt sich auch noch in der Pause, als der Gast mit 2:0 vorne lag. Die Rot-Weissen hatten ein weiteres Geschenk verteilt. Ein langer Ball in den Strafraum landete in einer Spielertraube, zu der sich auch Keeper Jakob Golz gesellt hatte. Dann das Missverständnis, Querpass, und Wibbe konnte in Seelenruhe zum 2:0 einschieben (41.). Kurios.

Der Außenseiter bekam Flügel. Er warf sich in die Bälle, blockte und bekam immer eine Fußspitze dazwischen. „Wir hatten ein paar Möglichkeiten, aber das Tor nicht gemacht. Dann wirst du nervös und verkrampfst. Dass das so gekommen ist, können wir nur uns selbst zuschreiben“, sagte Titz. Sein Team kontrollierte zwar die Partie, doch Lücken fanden sie selten. Zeitweise standen die Duisburger mit zehn Mann vor dem Strafraum.

Es gab Beinahe-Chancen und ein paar gute Möglichkeiten

Es gab Beinahe-Chancen, aber auch einige wenige gute Möglichkeiten. In Hälfte zwei drückte RWE noch energischer aufs Gaspedal. Unter Druck hätte Koenders fast ins eigene Tor getroffen, doch der Ball prallte vom Außenpfosten ins Aus (55.). Dann köpfte Alex Hahn an die Oberkante der Latte (61.). Es fehlten aber die Ideen und mitunter auch etwas Fortune.

VfB-Trainer Stefan Janßen konnte es gar nicht fassen: „Meine Jungs bringen mich gerade in ein Gefühlskarussell. Vor vier Wochen haben wir gegen Verl gewonnen, dann sind wir in Duisburg Mannschaft des Jahres geworden. In der Euphorie verlieren wir zu Hause gegen den Tabellenletzten Bergisch-Gladbach und gewinnen nun in Essen.“ Er war mächtig stolz, gab aber auch zu: „Wenn alles normal gelaufen wäre, hätten wir keine Chance gehabt.”

So haben sie gespielt

Rot-Weiss - VfB Homberg 0:2 (0:2).
RWE:
Golz - Sauerland, Heber, Hahn, Neuwirt (68. Bichler) - Grote (46. Platzek) - Kefkir, Condé, Dorow (46. Dahmani) - Endres, Selishta (78. Adetula).
Schiedsrichter:
Engelmann. Zuschauer: 8495. Tore: 0:1 Dertwinkel (16.), 0:2 Wibbe (41.)