Essen. Essener grüßen von der Tabellenspitze und kommen dem angepeilten Aufstieg von Spieltag zu Spieltag näher. Auf die Tabelle möchte niemand schauen.

Die Öko-Bilanz einiger Handball-Mannschaften ist in diesem Jahr ausbaufähig. Wer mit dem großen Reisebus nach Essen fährt, kehrt meist nicht nur mit leerem Tank, sondern auch mit leeren Händen vom Kurztrip zurück. So auch das Team vom HSV Hamburg, das in dieser Saison bereits das fünfte war, das nach einem Auswärtsspiel beim Tusem enttäuscht nach Hause fuhr. Doch so richtig zufrieden waren auch die Essener nicht.

Trainer Jaron Siewert war nach dem Auftritt seiner Jungs nur begrenzt glücklich. Er sah keine gute Leistung, vor allem rund um die Halbzeitpause. Unmittelbar vor und nach dem Seitenwechsel drohte seiner Mannschaft das Spiel aus den Händen zu gleiten. Erst gegen Mitte der zweiten Halbzeit steigerte sich der Tusem und setzte sich vorentscheidend ab. „Das Spiel hat gezeigt, dass wir uns noch an vielen Stellen verbessern müssen“, sagte Siewert im Anschluss.

Trainer Jaron Siewert nahm sich jeden einzelnen Spieler vor

Dabei hat sich sein Team schon deutlich verbessert. Als der 25-Jährige vor knapp zweieinhalb Jahren auf der Margarethenhöhe mit der Arbeit begann, lag ein großer Stapel vor ihm. Der Berliner nahm sich vor, nicht nur die Mannschaft an sich, sondern auch jeden einzelnen Spieler besser zu machen. Von Woche zu Woche wurde der Stapel immer kleiner, heute zahlt sich die harte Arbeit aus. Denn der Tusem hat deutliche Fortschritte gemacht, sowohl im Kollektiv, als auch individuell. In der ersten Saison mit Siewert haben sich die Essener stabilisiert und zur Ruhe gefunden. In Spielzeit zwei entwickelten sie sich zum besten Angriff der Liga und nun hat auch die Abwehr deutlich zugelegt.

Arbeit akribisch an Verbesserungen: Trainer Jaron Siewert (vorne).
Arbeit akribisch an Verbesserungen: Trainer Jaron Siewert (vorne). © Michael Gohl/FFS

Die Kombination macht es jedem Gegner schwer, den Tusem zu schlagen. Zuletzt spürten das vier Vereine in Folge. Ein wichtiger Faktor ist eben auch die individuelle Stärke. Fällt ein Spieler aus, wie zuletzt Tom Skroblien, ist der Tusem breit genug aufgestellt, um Ausfälle zu kompensieren. Kompagnon Noah Beyer erledigte seine Aufgabe auf der Linksaußen-Position hervorragend. Aus diesen Gründen ist der Traditionsklub derzeit verdientermaßen Tabellenführer der 2. Handball-Bundesliga und kommt damit dem Traum vom Aufstieg von Spieltag zu Spieltag näher. Ob es am Ende dafür auch tatsächlich reicht, entscheidet der Tusem wohl ganz allein.

Viele Dinge sind noch nicht bei 100 Prozent

Trotz der starken Form achtet Trainer Jaron Siewert sehr auf Dinge, die noch zu verbessern sind. Sei es das Zusammenspiel von Torwart und Abwehr, die Variabilität im Angriff oder die Konzentration im Offensivspiel. Gegen Hamburg war keiner dieser Faktoren bei 100 Prozent, doch insgesamt hatten die Essener mehr Qualität, Sicherheit, Selbstvertrauen und Cleverness als der Gegner aus Hamburg. Trotz des derzeitigen Höhenflugs wagt sich keiner so recht auf die Tabelle zu schauen. Siewert betont, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt nur zweitrangig sei.

Zumal die vergangene Saison als warnendes Beispiel dienen dürfte: Da verspielte der Tusem all seine Aufstiegshoffnungen rund um die Weihnachtszeit, nachdem man zuvor ebenfalls eine starke Hinrunde gespielt hatte. Ob der dreimalige Deutsche Meister in dieser Saison einen Schritt weiter ist, wird sich also noch zeigen. Doch momentan scheint ihn kaum jemand vom Kurs abbringen zu können.