Essen. Bei den Rot-Weissen bekommen alle Spieler eine Chance, sich zu zeigen. Es gibt Vor- und Nachteile, wenn sich die Mannschaft ständig ändert.

„Forrest Gump“ dürfte jedem ein Begriff sein. Diese wundervolle, geistig etwas schlichte, Filmfigur mit dem großen Herzen und der noch größeren Schachtel Pralinen auf dem Schoß. Jene Schachtel Pralinen ist nicht nur Gegenstand eines der berühmteren Zitate von „Forrest Gump“, sondern war auch schon Mitte April in dieser Kolumne Thema: „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen - man weiß nie, was man kriegt“.

Denke ich nun also an Forrest Gump und an jenes Filmzitat, dann bin ich aktuell direkt bei Christian Titz. Es gab Zeiten im Fußball, da waren Spielaufstellungen in Stein gemeißelte Gebote eines Trainers und wurden nicht verändert. Die erste Elf hatte zu spielen; der Rest füllte den Kader auf, kam manchmal in der 85. Minute zum Einsatz - oder bei Verletzungen zum Zuge. Ergänzungsspieler genannt. Manchmal regelten auch die Finanzen eine Aufstellung, reichte es doch gerade für einen Minimalkader.

Nach drei Niederlagen gab es Veränderungsbedarf

Die vorher veröffentlichten Aufstellungen also kein großes Geheimnis. Diese Saison ist diesbezüglich bei Rot-Weiss Essen alles anders: Man könnte mittlerweile die Vorabveröffentlichung der Aufstellung des RWE auch nach den Lottozahlen bundesweit senden und via Bettipiwinodd (fiktiver Wettanbieter) darauf setzen lassen. Kaum einer hätte Chancen auf den Jackpot! Die Aufstellung von Christian Titz und seinen Kollegen, um bei der Metapher zu bleiben, somit ebenfalls eine Schachtel Pralinen - man weiß nie, wen man auf welcher Position zu sehen bekommt.

Nach drei Niederlagen in Folge gab es also wieder Veränderungsbedarf und brachte dieser schlussendlich auch den erhofften (und erwarteten) Erfolg in Form der drei so wichtigen Punkte beim Tabellenschlusslicht. Es war kein Spiel für Feinschmecker, sondern es war eine zähe Angelegenheit. Zudem mit einer Art von Gegentor, wie es hier fast schon so beschrieben wurde. Abwärtstrend der letzten Wochen also gestoppt.

Solche Spiele können auch schnell mal verloren werden

Einmal bitte durchatmen, denn solche Spiele können auch mal schnell verloren werden! Mit diesem Spiel nun verbunden die ureigene Gedankenwelt, ob diese Vielfalt in der Aufstellung, diese häufigen Wechsel einer Mannschaft eher gut tun oder eher nicht. Mannschaftsgefüge, Struktur, Hierarchie…um mal einige Schlagwörter zu nennen. Grundsätzlich ist Vielfalt immer wünschenswert, in allen Bereichen.

Ist das aber auf dem Platz der Sache, sprich dem sportlichen Erfolg dienlich? Oder bedeuten zu viele verschiedene Spieler auch den Verlust von Automatismen? Weiß jeder, wo sein Mitspieler steht und wie er auf dem Platz tickt? Beherrscht ein jeder im Kader das System, kann Philosophie und Laufwege auch nachts im Schlaf aufsagen….? Ja, dann würde ich meine Gedankenwelt dahin bewegen, dass es gut ist, so wie aktuell verfahren wird. Dann liegt es an mir und meinen verkrusteten Strukturen, dass ich manchmal etwas stutzig werde, betrachte ich die Aufstellung.

Man kann froh sein, dass der Erfolg zurückgekehrt ist

Vorteil dieser variablen Aufstellungen: Jeder Spieler bekommt das Gefühl, wichtig zu sein und jederzeit gebraucht zu werden. Keiner kann sich sicher sein, keiner darf sich mal hängen lassen. Das kann eine Mannschaft natürlich auch „pushen“.

Dass einige Fans leider nicht mal mehr mit drei Punkten zufrieden sind, sondern von „Affen“ in den Kommentaren schreiben, die einen Tabellenletzten nicht mit vielen Toren aus dem Stadion schießen können, das ist wohl eher ein gesellschaftliches Problem und stimmt langsam traurig. Nach drei Niederlagen am Stück läufst Du nicht auf und ballerst alles weg. Da bist Du froh, wenn der Erfolg zurückkommt. Auch wenn er dann mal wie eine fast abgelaufene Praline schmeckt.