Elias Sansar hatte beim Essener Marathon am Baldeneysee zunächst Probleme, doch seine Taktik geht auf. Bei den Frauen war Favoritin enttäuscht.

Man weiß ja nie so genau, was kommt. Oder in diesem Fall, wer kommt. Wenn der Beifall im Zielraum am Regattaturm aufbrandet, ist es ein untrügliche Zeichen, dass der Sieger des Rennens naht. Doch die Nummer eins lief noch am Seeufer hnter der Tribüne, so dass sich der Streckensprecher Martin Kels vom Ausrichter Tusem Essen auf den Computer der Zeitmessung verlassen musste. Und der zeigte: Elias Sansar. Was für eine Überraschung.

Sekunden später war der schmächtige Läufer von der LG Lage Detmold nach 2:22:38 Stunden im Ziel und strahlte. Es ist sein insgesamt vierter Sieg beim Innogy-Marathon „Rund um den Baldeneysee“. Vor dem Start hatten die Experten den 39-Jährigen natürlich auf der Rechnung und ein Duell mit Benedikt Hoffmann erwartet, der im Vorjahr genau diesen Zweikampf für sich entschieden hatte.

Zur Hälfte der Distanz war Sansar noch hinten dran

Während des Rennens durch die weite Natur müssen sich auch die Verantwortlichen vom Tusem auf Informationen vom Streckenrand verlassen. Nur einmal, wenn das Starterfeld in die zweite Runde geht, tauchen die Läuferinnen und Läufer am Regattaturm auf. Und zur Hälfte der Distanz führte noch ein Türke aus der Gehörlosen-Konkurrenz, die ihren Europameister am Baldeneysee ermittelte. Rund 400 Meter dahinter lief Marcel Bräutigam (Erfurt), der Deutsche Meister über 50 Kilometer.

Mit 79 Jahren noch immer in vorderster Linie: Cheforganisator Gerd Zachäus von Tusem Essen.
Mit 79 Jahren noch immer in vorderster Linie: Cheforganisator Gerd Zachäus von Tusem Essen. © Michael Gohl

„Der sah noch richtig gut aus“, lobte Organisationschef Gerd Zachäus vom Tusem den Führenden. Doch im Ziel tauchte dieser türkische Athlet nicht mehr auf, vermutlich war er ausgestiegen. Dagegen hatte Bräutigam (2:26:20 Std.) seinen zweiten Platz verteidigt. Er war unterwegs von Elias Sansar überholt worden, dessen kluge Renntaktik voll und ganz aufgegangen war.

Schöne Erinnerungen an den ersten Erfolg 2015

Dabei hatte Sansar, obwohl er nicht zu schnell angehen wollte, nach zehn Kilometern Probleme bekommen und war zurückgefallen. „Das hat sich aber nach zwei, drei Kilometern zum Glück wieder gelegt. Und abgerechnet wird immer am Ende. Und ich wusste, dass ich nach hinten heraus schneller werden kann“, schilderte der Sieger, der seine ganze Erfahrung und Routine ausspielte. „Beim Marathon muss man manchmal auch mit Köpfchen rangehen und sich die Kräfte einteilen. Es hat heute wirklich Spaß gemacht.“ Auch wenn der Sieger seinen Erfolg von 2015, als er das erste Mal am Baldeneysee gewonnen hatte, noch einen Tick schöner einstuft.

Marcel Bräutigam aus Erfurt belegt am Baldeneysee den zweiten Platz.
Marcel Bräutigam aus Erfurt belegt am Baldeneysee den zweiten Platz. © Michael Gohl

Der Name des Mitfavoriten Benedikt Hoffmann leuchtete dann erst einige Minuten nach dem Sieger auf dem Computer im Zielraum auf. Fragende Gesichter. Doch plötzlich tauchte der Läufer hinter der Absperrung auf, eine Hand am Oberschenkel. Er war unterwegs ausgerutscht und hatte sich so verletzt, dass er aussteigen musste. Hatte nur keiner so richtig bemerkt. Auf Rang drei landete der Pole Rafal Nowak (2:34:59) und ist nun Europameister der Gehörlosen.

Favoritin findet nicht ins Rennen, liegt am Ende aber vorn

Bei den Frauen gewann Isabel Leibfried (TSG Heilbronn) wie erwartet (2:43:55) vor der Deutschen Nele Alder-Baerens (2:53:53), die sich bei den Frauen den EM-Titel der Gehörlosen sicherte. Leibfrieds Mimik verriet allerdings Erschöpfung und Enttäuschung zugleich: „Ich wollte meine Bestzeit von 2:39 angehen, doch ich habe überhaupt nicht ins Rennen gefunden“, klagte die Läuferin, die ihr Ziel deutlich verfehlte. Aber so ein Marathon ist halt unberechenbar, da weiß man nie so genau, wie es kommt.