Die 17-jährige Essenerin Tamira Slaby ist eine erfolgreiche Behindertensportlerin – und war schon bei den Paralympics am Start.
„Ich bin mit meiner Schwester unterwegs. Die war letztes Jahr in Peking, bei den Paralympics. Ist das nicht cool?”, schwärmt Svenja ihrem Freund am Telefon vor. Aus dem Augenwinkel beobachtet sie währenddessen Tamira Slaby beim Sprinten. Auch die 17-jährige Essenerin ist mit ihren Gedanken nicht ganz beim Training – schließlich haben sich die Halbschwestern heute erst kennen gelernt.
„Beim Laufen kann ich mich erholen oder aber auch abreagieren”, erzählt Tami – wie sie von allen genannt wird – noch etwas aus der Puste. Seit vier Jahren trainiert sie dreimal in der Woche beim TV Wattenscheid. Es sei gar nicht leicht gewesen, einen Verein zu finden, der ein spezielles Trainingsangebot für Behinderte habe. Seit ihrer Geburt hat sie eine spastische Behinderung im linken Bein. „Sicher bin ich dadurch in machen Bereichen eingeschränkt. Aber ganz ehrlich: Würdet ihr nicht wissen, dass ich behindert bin, würdet ihr es auch nicht merken”, geht sie mit dem Thema offen um.
Hätten Tamis Eltern einst der Prognose der Ärzte Glauben geschenkt, würde sie heute wohl nicht laufen und sitzen können. „Daher haben wir bei ihr ab dem ersten Lebensjahr die Vojta-Therapie angewandt”, erzählt ihr Papa Peter. „Das war anstrengend, hat sich aber gelohnt. Unsere Tochter braucht diesen Sport. Hier kann sie sich austoben, sonst wird sie ganz kribbelig. Aber auch fürs Mentale ist es der perfekte Ausgleich – und sie holt hier ihre Erfolge.”
Von Erfolgen kann man tatsächlich sprechen, wenn man mit 16 Jahren schon nach Peking gereist ist, um dort bei den Paralympics zu starten. Über 200 Meter belegte sie den vierten Platz, über 100 Meter schaffte sie es auf Rang 5 – lustigerweise. „Eigentlich laufe ich viel lieber 100 Meter, aber auf den 200 bin ich viel schneller.”
Zum vierten Mal sprintet Tami heute gemeinsam mit ihren Trainingskolleginnen Jenny und Isabell den Hang hoch. Marc Blume wartet oben und stoppt die Zeit. „Der Behindertensport wird immer wichtiger und bekommt zum Glück in den Medien inzwischen auch die Aufmerksamkeit, die ihm zusteht”, findet der Trainer für Nachwuchs und Integration beim TVW. „Das ist eine gute Motivation, denn schließlich ist London 2012 unser großes Ziel.” Eine Medaille, meint er, sollte drin sein.
Nach ihrer Geburt wurden Tamira und Svenja von der leiblichen Mutter zur Adoption frei gegeben. Heute ermöglichte das Jugendamt das erste Treffen, die schon eine Gemeinsamkeit gefunden haben: ihr Interesse am Sport. Feldhockey spielt Svenja in Essen. „Sie ist aufgeschlossen, zielstrebig und hat eine liebe Art”, beschreibt die 20-Jährige ihre jüngere Schwester. „Wir werden den Kontakt nicht abbrechen.” Tami findet: „Ich habe so ein großes Glück mit dir, Schwesterherz. 2012 wirst du mich als persönliche Assistentin begleiten.” Beide strahlen.
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