Linz. Der 25-Jährige vom Ruderklub am Baldeneysee sitzt seit 2016 im deutschen Flaggschiff. Deutschland-Achter muss sich nach Weltcup-Pleite strecken.

Der Deutschland-Achter ist verwöhnt. Kein Wunder, wenn man über eine solch lange Zeit erfolgreich ist wie das Flaggschiff des deutschen Rudersports. Nach dem zweiten Platz bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio wurde eine gänzlich neue Crew zusammengestellt, die sich auf Anhieb bewährte. Auch Jakob Schneider (25) vom Ruderklub am Baldeneysee (RaB) sitzt seither mit in diesem Boot, das von einem Erfolg zum anderen geglitten ist. Dreimal wurde es in drei Jahren Europameister und zweimal Weltmeister - fünf Titel - mehr geht nicht. Und jetzt soll im österreichischen Linz das WM-Triple folgen.

Im Rudersport ist man als Athlet nie in einem Boot gesetzt, sondern muss sich Jahr für Jahr aufs Neue beweisen. Zu dieser Saison sind trotz der früheren Erfolge zwei Rollsitze neu besetzt worden, Schneider aber ist geblieben, hat es erneut gepackt und bleibt im dritten Jahr dabei. Das macht ihm persönlich auch Hoffnung auf die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio, die natürlich das große Ziel sind.

Es geht auch um Quotenplätze für Olympia

Neben dem WM-Titel geht es bei den Ruder-Weltmeisterschaften in Linz auch um die Quotenplätze für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio.

Der Deutschland-Achter muss im Gesamtklassement unter die ersten Fünf kommen, um in Japan startberechtigt zu sein.

Die Vorläufe in Linz finden zwischen 10 und 13 Uhr statt.

Etabliert, aber längst kein alter Hase

Aber zählt er sich schon zu den Etablierten? „Ja, doch… schon“, sagt der junge Mann ein wenig zögerlich. Aber als alter Hase wie Steuermann Martin Sauer (seit 2009 dabei) oder Richard Schmidt (seit 2010) fühlt er sich nicht. Gleichwohl ist er bei Ruder-Regatten ein gern gesehener und durchaus prominenter Gast. In der Essener Ruderszene ist Schneider derzeit das Aushängeschild. Und natürlich ließ er es sich deshalb auch nicht nehmen, bei den Junioren-Europameisterschaften Mitte Mai zum Baldeneysee zu reisen, um dort Medaillen an den Nachwuchs zu überreichen. Für ihn trotz der ständigen Touren in die Trainingslager selbstverständlich: „Das mache ich total gerne.“

Jakob Schneider sitzt seit drei Jahren im Deutschland-Achter.
Jakob Schneider sitzt seit drei Jahren im Deutschland-Achter. © Detlev Seyb

In Linz startet der Achter an diesem Dienstag zum Vorlauf und ist angesichts seiner glänzenden Bilanz der große Favorit. „Wir zählen zum Favoritenkreis“, sagt es Schneider etwas vorsichtiger. „Wir sind nicht mehr ganz so unter Druck.“ Der Nimbus des Unbesiegbaren hat einen kleinen Kratzer bekommen.

Erste Niederlage beim Weltcup kann auch anspornen

Die Weltcup-Regatta Mitte Juli in Rotterdam zeigte, dass es sehr wohl noch ebenbürtige Konkurrenz für den Deutschland-Achter gibt. Die Deutschen verloren dort gegen Großbritannien erstmals seit 2016 ein Finalrennen, und das deutlich. „Das war kein Warnschuss, das war ein echter Treffer“, sagte der erfahrene Steuermann Martin Sauer. Will heißen, man muss sich weiterhin kräftig in die Riemen legen.

Eine solche Niederlage zur rechten Zeit kann auch anspornen. „Wir sind damals nicht optimal gerudert“, erinnert sich Schneider. „Es gibt so Tage, da läuft es einfach nicht.“ Und das, obwohl diese Hochleistungssportler Tag für Tag mit allem wissenschaftlichen Support an der optimalen Abstimmung arbeiten. „Man kann immer nur das Risiko minimieren, damit so etwas nicht vorkommt“, sagt der RaB-Ruderer und versucht es mit einem alltäglichen Beispiel zu erklären: „Ich habe vor kurzem Klavier gespielt und sofort gemerkt, heute funktioniert es nicht. Die Unterarme werden fest und du triffst einfach den Takt nicht richtig.“

Konkurrenz bei der WM ist super stark

Beim Weltcup in Rotterdam spürte der Deutschland-Achter, dass die Briten das Tempo mitgehen konnten. „Wir waren das so nicht gewohnt, doch in solchen Situationen musst du die Coolness und das Selbstvertrauen besitzen, dein Ding durchziehen. Wir sind damals nicht optimal gerudert und haben verdient verloren.“ Daraus kann man auch seine Lehren ziehen. „Wir haben danach gut gearbeitet und sind jetzt auf einem anderen Level“, ist Schneider überzeugt. Ziel ist es, auch an einem schlechten Tag vorne mit dabei zu sein.

Die Testrennen im Trainingslager in München liefen gut. Allerdings ist das sportliche Niveau bei einer WM auch ein anderes als bei einem Weltcup. „Es sind viele super starke Boote bei der WM dabei, darunter definitiv viele Medaillenanwärter“, sagt Jakob Schneider. Jeweils fünf Nationen messen sich in den beiden Vorläufen und traditionell werden es auch wieder die Briten sein, die zu den härtesten Konkurrenten des Deutschland-Achters zählen.