Essen. Der Essener Regionalligist ETB Miners braucht komplett neue Strukturen. Die spanische Cheftrainerin steht auch dort vor großer Herausforderung.

Es ist nie leicht, sich zurecht zu finden. Sich auf etwas komplett Neues einzulassen, erfordert Mut. Im Fall von Iria Uxía Romarís Durán wahrscheinlich noch eine Prise mehr als ohnehin schon: Die Spanierin ist neuer Headcoach beim Basketball-Erstregionalligisten ETB Wohnbau Miners und seit knapp drei Wochen in Essen.

Höflich ist sie, fast zurückhaltend – es wirkt, als sei ihre Findungsphase in neuer Umgebung noch nicht so recht abgeschlossen. Wer könnte es ihr verdenken fernab der Heimat? Es ist wirklich alles neu – selbst die Strukturen ihres neuen Arbeitgebers müssen nach der Insolvenz der Baskets neu geschaffen werden und Stabilität und Tragfähigkeit erst noch unter Beweis stellen. Alles nicht so einfach.

Es stellt sich alles etwas schwieriger da als gedacht

Die 36-Jährige hätte es kaum härter antreffen können und sie selbst räumt gerne ein, dass sich alles doch ein wenig schwieriger darstellt als erwartet. Die Miners kämpfen mit den Dämonen aus ihrer Vergangenheit. In Essen arbeitet man hart daran, verbrannte Erde der Baskets-Kämpfe vergangener Jahre in fruchtbaren Boden umzuwandeln. Mittendrin: Iria Uxía Romarís Durán.

Cheftrainerin Iria Uxía Romarís Duran und Assistent Dhnesch Kubendrarajah
Cheftrainerin Iria Uxía Romarís Duran und Assistent Dhnesch Kubendrarajah © Michael Gohl

„Wir haben nur einen Spieler, der schon in der vergangenen Saison für den ETB gespielt hat (Yannick Tauch, Anm. der Redaktion), und es ist nicht leicht mit deutschen Agenten zu sprechen, die zuletzt schlechte Erfahrungen mit dem ETB gemacht haben“, sagt die Trainerin. Zumal die Konkurrenz groß ist. Viele Organisationen in der Ersten Regionalliga sind in unmittelbarer Nähe der Miners beheimatet und kämpfen um dieselben Spieler. Aber: „Ich bin hier, diese Dinge zu lösen. Ich möchte dem ETB dabei helfen, wieder zu wachsen. Jeder hier im Klub versucht dies, alle haben eine unglaubliche Motivation, das hilft enorm.“

Von der erfolgreichen Vergangenheit haben die Miners nichts

Potenzial und Realität, Iria Uxía Romarís Durán wirkt sehr fokussiert auf die anstehenden Aufgaben. Sie lässt sich nicht ablenken. Ja, sie wisse, dass es bessere Basketball-Zeiten in Essen gegeben habe. Die liegen ja noch nicht einmal so lange zurück. Nur: Dass einst 2500, 3000 Fans den ETB am Hallo in den Play Offs der Zweiten Liga hatten sehen wollen – davon habe sie heute nichts. „Essen ist eine große Stadt, umgeben von großen Städten. Das Potenzial ist sicher enorm. Unsere Realität ist aber, dass wir in der Vierten Liga und in einer anderen Halle spielen. Und das macht überhaupt nichts. Wir wollen mit unseren Fans eine ganz spezielle Atmosphäre schaffen, die es jedem Gegner enorm schwer macht, in Essen zu bestehen.“

Der Funke müsse von ihrem Team ausgehen – wie auch immer es am Ende genau aussehen mag. „Wir wollen, dass die Jungs ihre Stärken kennen und ausspielen. Wir wollen mit hoher Intensität verteidigen und offensiv schnellen Basketball spielen. Ich hoffe einfach, dass unsere Fans unser Engagement auf dem Feld sehen werden und gerne jeden Samstag kommen, um uns zu unterstützen.“ So wolle man auch die gesteckten Ziele erreichen – wie konkret diese aussehen, verrät die Frau allerdings nicht.

Konsolidierung steht in dieser Saison im Vordergrund

Konsolidierung steht in der Saison 2019/2020 im Vordergrund. Essen will eine gute Rolle spielen, nicht weniger, aber wohl auch nicht mehr. Dass die Miners irgendwann wieder zurück wollen ins Zweitliga-Rampenlicht, das sollen allein schon die Heimspiele zum Ausdruck bringen, die der ETB am Hallo austragen will. Die Voraussetzungen für einen Aufstiegskampf irgendwann in den kommenden Spielzeiten sollen in den kommenden Monaten geschaffen werden.

Nur eine gesunde Basis erlaubt sportlichen Erfolg. Diese Basis müssen die Miners erst wieder neu legen. „Ich glaube, dass harte Arbeit der einzige Weg ist, irgendwann die Ziele zu erreichen, die man sich gesteckt hat. Im Sport, und im Leben allgemein. So bin ich die Dinge in der Vergangenheit immer angegangen, und so werde ich das auch in Zukunft machen. Und ich bin davon überzeugt, dass meine Mannschaft dies genauso machen wird. Wir wollen das beste Team sein, das wir sein können. Und dann werden wir sehen, was wir dafür bekommen.“

Frauen im Männer-Basketball - das ist noch immer ungewöhnlich

Iria Uxía Romarís Durán war schon auf Sightseeingtour: Die Miners haben sie mitgenommen, um ihr ihre Wahlheimat für die kommenden zwölf – vielleicht mehr – Monate zu zeigen. Gut gefallen habe es ihr, erzählt sie pflichtschuldig – man merkt ihr aber an, dass sie andere Dinge im Kopf hat. Sie muss und will eine Mannschaft zusammenstellen, die bestehen kann in dieser Ersten Regionalliga. Sie begreift ihren neuen Job, fern ihrer spanischen Heimat in Santiago de Compostela, als große Chance. Womit auch die Frage beantwortet wäre, was die 36-Jährige in die vierte deutsche Liga zieht.

Der Sportlicher Leiter der MIners, Björn Barchmann, und Cheftrainerin Romaris Duran.
Der Sportlicher Leiter der MIners, Björn Barchmann, und Cheftrainerin Romaris Duran. © Michael Gohl

Die Spanierin arbeitete in der Zweiten, Dritten und Vierten Liga ihrer Heimat. Ein wahrlich nicht unbedeutender Umstand, denn: Spanien ist eine große Sport- und vor allem auch Basketballnation, Spaniens Eliteliga gilt als eine der besten der Welt.

Zum ersten Mal in der Hauptverantwortung

Ihr Erfahrungsschatz ist entsprechend bemerkenswert, aber: „Ich habe als Assistenztrainerin gearbeitet, in Essen habe ich zum ersten Mal die Hauptverantwortung für ein Team und darauf freue ich mich sehr. Ich möchte mich als Coach weiterentwickeln und den ETB. Das ist eine reizvolle Aufgabe, für die ich dankbar bin.“

Spanische Eliteliga ist eine der besten der Welt

Für die Frage, wie sie sich als weiblicher Headcoach im Männer-Basketball zurechtfindet, hat sie Verständnis. Sie antwortet mit Langmut: „Jeder Trainer ist anders. Der eine ist groß, der andere klein. Der eine ist dunkelhaarig, der andere blond. Dass ich eine Frau bin, ist nur ein Detail und sollte egal sein. Ich bin daran gewöhnt, ich bin immer die einzige Frau. Aber ich hoffe, dass sich das ändert, und dass ich damit auch diese Frage erübrigt.“