Essen. Der einstige Pokalheld von 1994, einziger Essener Torschütze im Finale gegen Werder Bremen, kam extra aus Zagreb nach Essen angereist.
Als Frank Kurth am nächsten Morgen aufstand, hörte er um sich herum ein Ächzen. „Ich dachte erst, das wäre der Parkettboden – aber dann stellte ich fest: das bin ich ja ich“, witzelte die Torhüter-Legende nach dem Einlagespiel in der Pokal-Revanche gegen Werder Bremen. Bei der 1:3-Niederlage – exakt das Ergebnis von damals – hatte es an „Frankie“ am allerwenigsten gelegen. Die Torhüter-Legende war wie in alten Zeiten durch seinen Strafraum geflogen, auch wenn das Aufstehen etwas länger als früher dauert….
Die Fans hatten jedenfalls ihren Spaß, die Helden von einst noch einmal in höchst unterschiedlicher Verfassung am Ball zu erleben. Eingestimmt wurden beide Teams vor der Partie von Trainerlegende Otto Rehhagel, der in beiden Kabinen auftauchte und Dönekes von damals zum Besten gab. So erinnerte Rehhagel noch einmal an seinen flammenden Appell an seine Bremer Mannschaft vor dem Endspiel in Berlin: „Zweimal hatte ich bis dahin das Finale als Verlierer verlassen, ein drittes Mal sollte es nicht noch einmal geschehen.“ Es reichte bekanntlich.
Die Revanche 25 Jahre später fiel nicht weniger ehrgeizig aus. Die erste Halbzeit war praktisch ein Privatduell zwischen Kurth und „kleines dickes“ Ailton, was Essens Keeper unter dem Jubel der Fans jedes Mal für sich entschied. Der Bremer Kugelblitz war schließlich so aufgeladen, dass er sich in Halbzeit zwei sogar ein hitziges Geraufe mit dem drei Köpfe größeren David Czyszczon leistete. Der ehemalige RWE-Verteidiger, Spitzname „der Schoschone“ oder auch „Buchstabensalat“, steckte auch die Schubser unbeeindruckt weg.
Frank Ordenewitz zog gierig an der Zigarette
Die Szene führte aber kurz vor Schluss unweigerlich zum 3:1 durch Ailton. Frank Kurth erklärt: „Das war ja früher Gesetz, dass man so einen bei nächster Gelegenheit umhaut. Hatte ich auch im Sinn, doch dann fiel mir im letzten Moment ein, dass es ja ein Freundschaftsspiel ist – da war er schon an mir vorbei.“ Für die Fans auf den Rängen war es ein Genuss, noch einmal die Gewaltschüsse eines topfitten Erwin Koen zu erleben, der tatsächlich auch noch einen Fallrückzieher ansetzte. Nicht alle hatten diesen Fitnesszustand: Als Oliver Grein einmal im gegnerischen Strafraum zum Dribbling ansetzte und scheiterte, eilte er gleich mit hechelnder Zunge zur Bank und ließ sich auswechseln. Robust und einsatzfreudig wie eh und je die gefürchteten Lorenz-Brüder: Besonders Michael half den Bremern ein ums andere Mal freundlich auf die Beine – nachdem er sie umgesenst hatte. Mein lieber Scholli.
Schön auch das Bild nach der 70minütigen Partie in den Katakomben: Zügig eilte Frank Ordenewitz in die Kabine, nur um kurz danach mit ner Schachtel „Zichten“ zurück zu kehren. An der Kupferbüste „Penny sein Knie“ lehnte er erschöpft und zog gierig am Glimmstengel, Dieter Burdenski leistete ihm rauchende Gesellschaft.
Robert Reichert wurde von den Kumpels getragen
Die Partie hatte besonders die Essener Profis von damals komplett auf die Beine gebracht. Auch Robert Reichert, der aufgrund einer noch nicht genau diagnostizierten Erkrankung sich nur noch mühsam am Rollator fortbewegen kann, ließ sich das Erscheinen nicht nehmen, wurde anschließend in einer rührigen Szene von Predrag Crnogaj per Huckepack die Treppen herunter getragen.
Und der Torschütze von damals ließ es sich auch nicht nehmen: Daouda Bangoura war am Freitag mit Crnogaj in den Flieger in Zagreb gestiegen und reiste am Sonntag wieder zurück in die kroatische Heimat. Der mittlerweile 51-jährige betreibt daheim eine Fußballschule und versucht sich als Spieler-Vermittler. „Essen ist und bleibt mein Lieblingsverein, als ich damals nach Paderborn wechseln musste, war ich der traurigste Mann der Welt“, bekannte er. 2004 war er das letzte Mal in Essen, diesmal will er schneller wieder kommen: Vielleicht mit einem kroatischen Talent im Gepäck.
Ach ja, Tore fielen auch: 0:1 Angelo Vier (40.), 1:1 David Czyszczon (52.), 1:2 Güven Ayik (59.), 1:3 Ailton (69.).